Hunderte Zellinformationen könnten Therapieverlauf prognostizieren
Graz (edunigraz) Auf Basis der Einzelzellanalyse möchten Forscher in einem internationalen Projekt
nicht nur die Tumorbiologie des Brustkrebses zukünftig besser verstehen, sondern letztendlich vor allem dazu
beitragen, individuelle Tumortherapien im klinischen Alltag zu etablieren. Thomas Kroneis, Leiter der Forschungseinheit
für Einzelzellanalyse an der Med Uni Graz, forscht derzeit als Gast gemeinsam mit Kollegen an der Universität
Göteborg. Ziel der Wissenschafter ist, ÄrztInnen künftig wertvolle Informationen aus der Einzelzellanalyse
generieren zu können, die den individuellen Therapieverlauf optimieren.
Einzelzellanalyse: Zelluntersuchung zur Bestimmung des optimalen Therapieverlaufs
Oft gleicht die Einzelzellanalyse der sprichwörtlichen "Suche nach der Stecknadel im Heuhaufen",
da die zu analysierenden Zellen oft nur in geringer Zahl vorkommen und/oder gleichzeitig von vielen anderen Zellen,
den sogennanten "Hintergrundzellen", umgeben sind. Die von Univ.-Ass. DI Dr. Thomas Kroneis geleitete
Forschungseinheit für Einzelzellanalyse an der Med Uni Graz verfolgt das Ziel, diagnostische Analysemethoden
zu entwickeln und in weiterer Folge anzuwenden. Derzeit forscht Thomas Kroneis gemeinsam mit seinen schwedischen
Projektpartnern Anders Ståhlberg und Göran Landberg im Rahmen eines Marie Sklodowska-Curie Fellowships
am Sahlgrenska Cancer Center der Universität Göteborg. Das Ziel der Forscher liegt darin, besseres Verständnis
der Tumorbiologie des Brustkrebses zu erlangen und hier vor allem die im Blut zirkulierenden Tumorzellen zu analysieren.
"Im Blut zirkulierende Tumorzellen sind selten, streuen jedoch frühzeitig über den Blutkreislauf
der PatientInnen und bilden Metastasen", erklärt Thomas Kroneis. Daher ist ein optimaler Therapieverlauf
kausal an die weitere Erforschung dieser Zellen gekoppelt.
Diagnostik: Mit hunderten Markern zum individuellen Therapieerfolg
Neben der Forschungsarbeit in Zellkulturen wenden die Wissenschafter im Labormodell eine Plattform zur Einzelzelldiagnostik
an, die eine Vielzahl an verschiedenen Zielsequenzen gleichzeitig analysiert. "Rund 300 unterschiedliche RNA-Zielsequenzen
sowie DNA und Proteine können so gleichzeitig in jeder Einzelzelle analysiert werden. Eine Ausweitung der
Plattform, die auch noch eine Sequenzierung beinhaltet, ist derzeit gerade in Arbeit", berichtet Thomas Kroneis.
Die gewonnen Erkenntnisse dienen einerseits der weiteren Charakterisierung von Brustkrebs - sowie anderen Krebsarten
- mit dem Auflösungsvermögen von Einzelzellen, andererseits aber dient der Ansatz vor allem auch der
Suche nach neuen Biomarkern. Aktuell ist man teilweise noch immer auf einige wenige Biomarker angewiesen, die in
manchen Fällen wenig Aussagekraft besitzen. Das resultiert wiederum aus der Tatsache, dass Tumorzellen in
sich sehr heterogen sind, sich also voneinander sehr unterscheiden. "Das ist mitunter auch ein Grund, warum
bei weitem nicht jede Tumorzelle, die im Blut zirkuliert, eine Metastase bildet bzw. bilden kann", erläutert
Thomas Kroneis.
So wie es aussieht, wird man mit mehreren ganzen Sätzen an Markern arbeiten müssen, um eine auf zirkulierenden
Tumorzellen basierende Diagnostik auf die Beine stellen zu können. Die Plattform soll die Analyse eben solcher
potenzieller Marker auf der Ebene von Einzelzellen ermöglichen. Unterstützt werden die Forscher von innovativen
Partnern aus der Industrie. Neben TATAA Biocenter AB, einem Unternehmen, dass sich vor allem mit der Entwicklung
von Reagentien in der Einzelzell-Analyse und der damit verbundenen Charakterisierung von Tumorzellen einen Namen
gemacht hat, steht die Gilupi GmbH mit dem Know how für die Isolation der zirkulierenden Tumorzellen zur Seite.
Eine neuartige Technologie ermöglicht erstmals eine in vivo Anreicherung von Tumorzellen aus dem Blut von
KrebspatientInnen. "War man bisher durch die Menge an Blut limitiert, die man über eine Blutabnahme gewinnen
konnte (etwa 10 ml), erlaubt die neue Technologie nun, dass die Zellen direkt aus der Blutbahn isoliert werden
können. Vereinfacht gesagt wird dabei ein mit Antikörpern beschichteter Draht über eine Kanüle
in eine Vene eingebracht. Während das Blut am Draht vorbeiströmt, binden Zellen mit bestimmten Oberflächenmerkmalen
an den Draht und können so isoliert werden", berichtet Thomas Kroneis.
Personalisierte Medizin: Individuelle Tumortherapie als Zukunftsvision
Aktuell arbeiten die Forscher an einer Weiterentwicklung der Plattform. "Die Tatsache, dass wir von ein
und derselben Zelle nicht nur ganz konkret 300 bestimmte Marker anschauen können, sondern bei Bedarf die betreffende
Zelle auch Screenen können, ist beachtlich", so Thomas Kroneis begeistert. So können zum einen Tests
angewendet werden, die bereits bekannte Marker abfragen, andererseits erlaubt das Screenen auch bisher unbekannte
Auffälligkeiten zu finden. Die Kombination aus der Diagnostik - über die Analyse bereits vorhandener
Marker - und der Suche nach neuen Markern ist der große Vorteil dieser Methode. "In Zukunft können
wir so Auffälligkeiten finden, die vielleicht nur für einen Patienten zutreffen. Dies ist ein weiterer
wichtiger Schritt zur personalisierten Therapie von Tumorerkrankungen", blickt Thomas Kroneis in die Zukunft.
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