Wien (tu) - Um Energie zu speichern kann man Wasser in Sauerstoff und Wasserstoff aufspalten. An der TU Wien
wurden nun überraschende Effekte entdeckt, die deutlich effizientere Hochtemperatur-Elektrolyse ermöglichen.
Auf den ersten Blick sieht es ganz einfach aus: Man trennt Wasser mit Hilfe von elektrischer Spannung in Wasserstoff
und Sauerstoff. Den Wasserstoff kann man dann speichern um später daraus Energie zurückzugewinnen. Doch
wenn man dieses Prinzip der Wasser-Elektrolyse in der Praxis effizient ablaufen lassen möchte, braucht man
Katalysatoren, an denen komplizierte chemische Vorgänge ablaufen.
An der TU Wien wurde nun entdeckt, dass sich Elektroden aus einem speziellen Material – einem sogenannten gemischtleitenden
Perowskit – bei der Hochtemperatur-Elektrolyse ganz untypisch verhalten, wodurch Wasserstoff viel effizienter produziert
werden kann als sonst. Möglich wurde diese Entdeckung, indem man das Material an der Synchrotron-Anlage BESSY
in Berlin mit Hilfe von Röntgenstrahlung beobachtete und es so direkt während der chemischen Reaktion
in Echtzeit analysieren konnte.
Auf die Oberfläche kommt es an
„Bei der Elektrolyse kommt es nicht bloß auf die angelegte elektrische Spannung an, sondern ganz besonders
auch auf die chemische Beschaffenheit der Elektroden-Oberfläche“, erklären die Elektrochemiker Alexander
Opitz und Andreas Nenning (TU Wien). Benötigt wird ein guter Katalysator – ein Material, das an seiner Oberfläche
die Aufspaltung des Wassers erleichtert. An der TU Wien beschäftigte man sich mit Perowskit-Elektroden, die
aus Sauerstoff, Lanthan, Strontium und Eisen aufgebaut sind.
Um genau zu verstehen, was während der Elektrolyse an der Perowskit-Oberfläche vor sich geht, wandte
das Team eine ganz besondere Technik an: „Mit Röntgenstrahlen, die an der Elektrodenoberfläche Elektronen
aus dem Material schlagen, untersuchen wir den chemischen Zustand der Oberflächenatome.“, erklärt Physikochemiker
Christoph Rameshan (TU Wien).
Erstmals gelang es dem Team der TU Wien, diese Analysetechnik direkt während des Elektrolyse-Prozesses durchzuführen
und die Materialveränderung in Echtzeit mitzuverfolgen. „Würden wir die Oberfläche erst nachher
untersuchen, nachdem keine elektrische Spannung mehr an der Elektrode anliegt, hätte sich ihr Zustand längst
wieder verändert und wir bekämen völlig andere Ergebnisse“, sagt Andreas Nenning.
Achtung, das Eisen kommt!
Das Experiment wurde am Synchrotron BESSY in Berlin durchgeführt, wo das Team einen besonders intensiven Röntgenstrahl
mit sehr präzise definierter Energie nutzen konnte. Gemessen wurde Tag und Nacht, im Schichtbetrieb. Nach
einigen anstrengenden Messtagen beobachtete das Team etwas Erstaunliches: Aus dem Perowskit treten Eisenatome aus,
die dann an der Oberfläche nicht mehr als Sauerstoff-Verbindung, sondern in metallischer Form vorliegen. Gleichzeitig
steigt die bei der Elektrolyse erzeugte Wasserstoffmenge drastisch an – die Elektrode arbeitet plötzlich viel
effizienter. Schaltet man die Spannung ab, wird das Eisen vom Perowskit wieder aufgenommen.
„Mit herkömmlichen elektrochemischen Modellen lässt sich das Verhalten nicht erkären“, so Alexander
Opitz. „Klar ist aber, dass die Materialveränderungen mit den verbesserten Katalyse-Eigenschaften des Materials
zusammenhängen. Aber ob die Eisenpartikel, die sich an der Oberfläche bilden, dafür verantwortlich
sind, oder doch die zurückbleibende Oxidkeramik, das müssen wir erst herausfinden.“
Interdisziplinär zu neuen Energiespeichern
Die Ergebnisse wurden nun im angesehenen Fachjournal „Angewandte Chemie International Edition“ publiziert. Sie
sind ein wichtiger Schritt für das Verständnis von Katalyse-Prozessen, die Wasser-Elektrolyse eines Tages
zur effizienten Energiespeichermethode machen sollen. Besonders für alternative Stromquellen wie etwa Windkraftanlagen,
die nicht zu jeder Zeit gleich viel Strom liefern, wäre Hochtemperatur-Elektrolyse und ein Wasserstoff-Energiespeicher
eine attraktive Lösung.
Ganz entscheidend für das Gelingen des Projektes war die interdisziplinäre Zusammenarbeit unterschiedlicher
Forschungsgruppen: Im vom österreichischen Wissenschaftsfonds FWF finanzierten Spezialforschungsbereich „Functional
Oxide Surfaces and Interfaces“ (FOXSI) arbeiten mehrere renommierte Teams zusammen.
Das Team von Prof. Fleig (TU Wien) lieferte das Know-how für die elektrochemischen Fragestellungen und den
Probenaufbau, die Forschungsgruppen von Prof. Rupprechter (TU Wien) und Prof. Bernhard Klötzer (Uni Innsbruck)
steuerten die Expertise für Röntgenspektroskopie und Synchrotronmessungen bei.
„Nur durch die Verbindung dieser beiden Gebiete gelang uns, was andere Forschungsgruppen bisher noch nicht geschafft
hatten - nämlich die direkte spektroskopische Beobachtung von oberflächenchemischen Prozessen und deren
Auswirkung auf elektrochemische Vorgänge. Diese Kooperation werden wir natürlich auf jeden Fall weiterführen“,
bekräftigt das Team.
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