…braucht noch mehr Export, Fachkräfte & Innovation
St. Pölten (wknö) - 160.000 Beschäftigte im Produktionsbereich erbringen in Niederösterreich
direkt und indirekt eine Wertschöpfung von über 28 Milliarden Euro, was 45 Prozent der Wertschöpfung
des Bundeslandes entspricht. „Um diesen Wirtschaftsmotor weiter am Laufen zu halten, müssen wir umgehend die
Rahmenbedingungen für den Produktionssektor verbessern“, analysiert Wirtschaftskammer NÖ-Präsidentin
Sonja Zwazl die Ergebnisse einer von der Wirtschaftskammer NÖ in Auftrag gegebenen Studie „Die Zukunft der
Produktion“.
Die KMU-Forschung Austria und das Industriewissenschaftliche Institut (IWI) analysierten den niederösterreichischen
Produktionssektor im gewerblichen und industriellen Bereich. Die Bestandaufnahme und erste Ergebnisse dieser umfassendsten
jemals in NÖ durchgeführten Analyse, wurden im Herbst des Vorjahres vorgestellt.
WKNÖ-Präsidentin Sonja Zwazl: „Die Ergebnisse waren ernüchternd. Der Produktionsbereich büßt
schleichend an Wettbewerbsfähigkeit ein und angesichts des sich weltweit rasch verändernden Produktionsumfeldes
kamen wir zum Schluss, dass es fünf vor zwölf ist. Um nicht den Anschluss zu verlieren, müssen wir
etwas unternehmen.“
Industrie sieht Geschäftslage zurückhaltend
Thomas Salzer, Spartenobmann der NÖ Industrie, ergänzt: „Die Konjunktur unserer Industrie zeigt keine
Dynamik. Die Produktion hat im letzten Quartal abgenommen. Zwar hat sich die Auftragslage leicht verbessert, aber
die gegenwärtige Geschäftslage wird allgemein als zurückhaltend angesehen.“
Im gewerblichen Bereich sieht Renate Scheichelbauer-Schuster, Spartenobfrau Gewerbe und Handwerk NÖ, weiterhin
das Problem, kaum technisch versierte Lehrlinge und Personal zu bekommen: „Das ist kein niederösterreichisches
Phänomen. Laut einer Untersuchung der Wirtschaftskammer Österreich klagt jedes fünfte Kleinunternehmen
und jedes zweite Unternehmen mit mehr als 20 Mitarbeitern darüber, fachspezifische Positionen nicht besetzen
zu können.“
Studie bestätigt: „Trends nicht verschlafen“
Um diesen Problemen wissenschaftlich fundiert zu begegnen, gab die WKNÖ die Studie „Die Zukunft der Produktion“
in Auftrag. Die Analyse der Studie erfolgte in Workshops mit Experten und Praktikern aus der Wirtschaft.
Für Studienautor und IWI-Geschäftsführer Herwig Schneider sind die Ergebnisse eindeutig: „Die Analyse
zeigt sechs Handlungsfelder auf, um den Produktionssektor zukunftsfit zu machen!“
- Humanressource
- Kooperationen
- strategische unternehmerische Ebene
- Umwelt & Ressourcen
- Reglementierungen
- (direkte) Förderungen
„Zentrales Thema dieser Workshops war das Thema Industrie 4.0. Die moderne, intelligente und digitale Industrie
vernetzt sich mit den unterschiedlichsten Produktionseinheiten. Die Arbeitsfelder ändern sich, neue Berufsbilder
wie der Produktionsinformatiker entstehen, manche verschwinden. Das Thema Flexibilität wird genauso immer
stärker und wichtiger wie die Material- und Energieeffizienz. Eines muss bei allen Veränderungen klar
sein: Unsere gemeinsame Aufgabe ist es, den Unternehmen Mut zum neuerlichen Anlauf zu machen“, fasst Thomas Salzer
die Studie zusammen.
Renate Scheichelbauer-Schuster weist auch auf die Steigerung des Exportes als Instrument hin: „Wir haben hier noch
Potential nach oben. Als Wirtschaftskammer bieten wir spezielle Beratungsaktionen zur Markterschließung an,
um Produktionsbetriebe beim Schritt über die Grenze zu unterstützen. Eine Voraussetzung dafür ist
außerdem das Schaffen eines günstigen Innovationsklimas. Bei unseren Workshops wurde immer wieder von
Problemen bei der Marktumsetzung von Innovationen berichtet. Es fehlt an speziellen Förderprogrammen im Bereich
der Prozessoptimierung und der Marktüberleitung, sowohl auf Landes- als auch Bundesseite.“
Niederösterreich blickt über den Tellerrand
Einen Blick über den Tellerrand fordert auch WKNÖ-Präsidentin Sonja Zwazl: „Um den Produktionsstandort
Niederösterreich weiter zu entwickeln, müssen wir uns auch in Europa umsehen und den internationalen
Vergleich nicht scheuen. Konkret erwarten wir uns wirtschaftspolitische Aufschlüsse aus dem Vergleich mit
den Regionen Weser-Ems in Norddeutschland, der Region Bozen und den Raum Stuttgart in Baden Württemberg.“
Auch das Abrücken von alten Denkmustern, um alternative und innovative Wege für die Stärkung des
heimischen Produktionssektors zu gehen, sieht Zwazl als Erfolgsrezept. Sie nennt als Beispiel eine Kooperation
mit dem Wirtschaftsstandort Wien: „Es würde Sinn machen, gemeinsam mit Wien eine produktionswirtschaftliche
,Langfrist-Strategie‘ zu entwickeln. Denken wir beispielsweise an eine gemeinsame strategische durchdachte Ansiedlungspolitik
mit der Ansiedlung eines Headquarters in Wien und der Produktionsstätte in Niederösterreich. So können
wir gemeinsam, Landesgrenzen überschreitend, zum Wohle des gesamten Wirtschaftsstandorts weiterhin die Job-
und Konjunkturmaschine in der Ostregion und Österreich bleiben.“
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