Moskau/Wien (tu) - Eine Kooperation der TU Wien mit Forschungsteams aus Moskau hat nun einen Laser im mittleren
Infrarotbereich hervorgebracht, der stark genug ist, Plasma-Filamente in der Luft zu erzeugen. Damit könnte
man die Atmosphäre chemisch untersuchen.
Es sieht ein bisschen aus wie ein Lichtschwert aus einem Star-Wars-Film: Wenn ein extrem intensiver Laserpuls durch
die Luft geschickt wird, dann kann er sich selbst fokussieren und eine dünne Lichtfaser erzeugen. Wenn man
solche Licht-Filamente in den Himmel schickt und das zurückgestreute Licht analysiert, kann man Schadstoffe
in der Luft untersuchen. Dafür braucht man allerdings Laser im mittleren Infrarotbereich. Mit solchen Lasern
ist es sehr schwierig, die kritische Intensität zur Herstellung einer Lichtfaser zu erreichen, daher gelang
das bisher nur in Hochdruck-Gasröhren. Nun ist es allerdings einem österreichisch-russischen Team gelungen,
einen Mid-Infrarot-Laser herzustellen, der so stark ist, dass er ein Laser-Filament in der Luft unter gewöhnlichen
atmosphärischen Bedingungen erzeugt.
Die Luft selbst wird zur Linse
Normalerweise divergiert ein Lichtstrahl wenn er sich ausbreitet. Um den Strahl zu fokussieren braucht man irgendeine
Art von Linse. „Ein intensiver Laserpuls kann eine solche Linse ganz von selbst erzeugen – und zwar direkt in der
Luft“, sagt Audrius Pugzlys (Institut für Photonik, TU Wien). Der Brechungsindex der Luft hängt von der
Intensität des Strahls ab. Diese Intensität ist nicht überall gleich, in der Mitte des Strahls ist
sie höher. Dadurch kann die Luft zur fokussierenden Linse werden.
„Die Linse wird vom Laserstrahl erzeugt und wirkt dann ihrerseits wieder auf den Laserstrahl, indem sie ihn fokussiert
und ein heißes Plasma hervorbringt. Dieses Plasma wiederum defokussiert den Strahl dann“, sagt Skirmantas
Alisauskas (TU Wien). Das Wechselspiel aus fokussierenden und defokussierenden Effekten erzeugt eine dünne
leuchtende Faser, die dutzende Zentimeter oder sogar einige Meter lang sein kann. Indem man die räumliche
Verteilung und den zeitlichen Ablauf des Pulses genau steuert, kann man die Position am Himmel kontrollieren, an
der das leuchtende Filament erzeugt werden soll.
Das mittlere Infrarot: der interessanteste Wellenlängenbereich
„Wenn eine solche Lichtfaser entsteht, generiert sie ein breites Spektrum an Strahlung im mittleren Infrarotbereich,
die uns dann Auskunft über die chemische Zusammensetzung der Luft geben kann“, sagt Audrius Pugzlys. Viele
Moleküle absorbieren Licht im mittleren Infrarotbereich auf ganz charakteristische Weise, sodass man sie eindeutig
identifizieren kann. Man braucht daher starke Laserstrahlen in diesem Wellenlängenbereich, um mit Licht-Filamenten
in der Atmosphäre chemische Analysen zu ermöglichen. Lange Zeit waren ausreichend hochenergetische Infrarot-Laserpulse
nicht verfügbar.
Ein Team der TU Wien arbeitet seit Jahren daran, extrem energiereiche Laserpulse im Infrarot-Bereich herzustellen.
„Schon seit einiger Zeit können wir Licht-Filamente in Hochdruck-Gasröhren gefüllt mit Stickstoff
oder Sauerstoff erzeugen. Nun allerdings ist es uns gelungen, die Energie der Laserpulse so stark zu erhöhen,
dass die Filamente in gewöhnlicher Luft bei normalen Bedingungen gezündet werden“, sagt Skirmantas Alisauskas.
Das Experiment wurde gemeinsam mit russischen Teams durchgeführt, mit einem Lasersystem am Russischen Quanten-Zentrum
im Moskau, mit einer in Wien entwickelten Verstärkertechnologie.
Nächster Schritt: der Laser aus Luft
Die nächsten Schritte werden bereits geplant: Im Labor konnte das Team zeigen, dass der Infrarot-Laser mit
Stickstoffatomen derart wechselwirken kann, dass nicht bloß ein leuchtendes Plasma-Filament entsteht, sondern
das Filament selbst zu einem Laser wird, der direkt zurück zur Infrarot-Laserquelle leuchtet.
„Wenn es uns gelingt, diesen Effekt in einem Filament in der Atmosphäre hervorzurufen, könnten wir einen
Laser am Himmel erzeugen. Wir hätten dann zwei Laserstrahlen, die sich entlang derselben Achse in beide Richtungen
ausbreiten – einer, den wir nach oben schießen, und ein zweiter, der von der Luft selbst zurück auf
die Erde gefeuert wird“, sagt Audrius Pugzlys. „Wenn die Moleküle dazwischen von zwei verschiedenen Lasern
gleichzeitig getroffen werden, kann man sie über nichtlineare Streuprozesse sehr präzise untersuchen.“
Das Mid-Infrarot-Filament könnte verwendet werden um die Konzentration von Schadstoffen in der Luft zu messen
oder um aus der Ferne schädliche Substanzen nach einem Chemie-Unfall nachzuweisen.
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