Faymann:
ArbeitnehmerInnen brauchen mehr Netto vom Brutto, keine Mogelpackung
"Vermögende müssen Beitrag leisten" - gemeinsame Lösung mit Griechenland
finden - EU muss auf Einhaltung des Minsker Friedensabkommens drängen
Wien (sk) - Bundeskanzler Werner Faymann hat am 17.02. nach dem Ministerrat betont, dass es das Ziel der
Steuerreform sein muss, dass die ArbeitnehmerInnen spürbar entlastet werden. Derzeit sei man noch in Verhandlung,
jede Partei vertrete ihre Positionen. Sein Ziel sei eine Einigung, bekräftige der Kanzler, entscheidend sei
jedoch: "Haben die Österreicherinnen und Österreicher am Schluss mehr Netto in der Brieftasche oder
war es eine Mogelpackung?" Dazu hätten auch Millionäre ihren Beitrag zu leisten, machte der Kanzler
klar.
Zum Thema Griechenland sagte der Bundeskanzler, dass nach dem EU-Rat noch Hoffnung auf eine gemeinsame Lösung
bestehe. Die griechische Regierung habe sich noch nicht dazu durchgerungen, einen Antrag auf Fortsetzung des Hilfsprogramms
zu stellen. Faymann betonte, dass "jeder, der etwas übrig hat für das Friedensprojekt EU, einen
Austritt Griechenlands nicht herbeisehnen sollte". Niemand hätte einen Vorteil davon, wenn Griechenland
aus der Eurozone austritt, vielmehr würde dieses Szenario "ungeahnte Schwierigkeiten" mit sich bringen.
Schon jetzt herrsche in Griechenland die höchste Kinderarmut in der EU. Er setze sich daher weiterhin für
eine gemeinsame Lösung ein, bekräftigte aber erneut, dass "Vereinbarungen einzuhalten seien".
Auch die Situation in der Ukraine bereite der EU weiterhin Sorge, berichtete der Kanzler. "Der vereinbarte
Waffenstillstand ist noch nicht lückenlos gewährleistet." Es sei daher wichtig, dass die EU weiter
auf die Einhaltung des Minsker Friedensabkommens dränge. Frieden in der Region sei in erster Linie aus humanitären
Gründen wichtig, habe aber auch Auswirkungen auf die wirtschaftliche Entwicklung sowohl im ukrainischen Raum
als auch für österreichische Betriebe. "Wir werden die Friedensbemühungen daher mit voller
Kraft unterstützen", betonte Faymann.
Der Bundeskanzler nutze die Gelegenheit, um die Anschläge in Kopenhagen erneut "aufs Schärfste zu
verurteilen". Die Attentate in Toulouse, Paris und Kopenhagen hätten gezeigt, dass gezielt die jüdische
Gemeinschaft angegriffen wird. Faymann versicherte den in Österreich lebenden Jüdinnen und Juden, dass
sie hier als wichtiger Teil der Gesellschaft angesehen werden und sich des Schutzes und der Solidarität Österreichs
sicher sein können. Man müsse dem Kampf gegen den Terrorismus besondere Aufmerksamkeit schenken, unterstrich
Faymann. (
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Mitterlehner: Reformen angehen, Bürokratie abbauen, Bürger entlasten
An Reformen führt kein Weg vorbei - Antragslose Familienbeihilfe im Ministerrat beschlossen
- Bei TTIP-Verhandlungen für qualitativ bestes Ergebnis arbeiten
Wien (bmwfw) "Griechenland hat es in der Hand, die derzeit schlechte Lage für sich selbst, aber
auch für die EU zu ändern", sagte Vizekanzler Reinhold Mitterlehner nach dem Ministerrat. Beide
Seiten müssen Spielregeln und Verträge einhalten, so Mitterlehner, die derzeitige Entwicklung sehe allerdings
eher nach einem "negativen Powerplay" aus. "Die Griechen haben es aber in der Hand, dies zu ändern,
indem sie einerseits den Antrag auf Verlängerung des Hilfsprogrammes stellen. Und indem sie andererseits einsehen,
dass an Reformen kein Weg vorbei führen kann." Ansonsten würde sich der Druck auf die EU durch andere
Krisenstaaten weiter verstärken. "Das ist nicht im Sinne der Wettbewerbsfähigkeit der Europäischen
Union und auch nicht im Sinne der Steuerzahlerinnen und Steuerzahler. Die Probleme würden so nicht gelöst,
sondern nur verschärft", stellt Mitterlehner klar.
Zur Herabstufung des österreichischen Ratings durch die Agentur Fitch hält der Wirtschaftsminister fest:
"Die Herabstufung dürfen wir auf der einen Seite nicht überbewerten, da sie auf statistische Ursachen
zurückgeht. Auf der anderen Seite müssen wir das im Zusammenhang mit den Wachstumsgegebenheiten sehen."
Deshalb sei es wichtig, die Reformnotwendigkeiten in entsprechende Aktivitäten umzusetzen. Als Beispiel nennt
der Vizekanzler den Pensionsbereich. "2013 wurden 9,66 Milliarden Euro vom Bund in den Pensionsbereich zugeschossen.
Die Pensionskommission erwartet für das Jahr 2019 bereits einen Bundeszuschuss von 13,5 Milliarden Euro",
so Mitterlehner. "Mit der Differenz alleine könnten wir bereits mehr als eine halbe Steuerreform finanzieren.
Das zeigt die Notwendigkeit von Reformen deutlich auf."
Um die Reformverantwortung in Österreich wahrzunehmen und einen weiteren Schritt in Richtung Entbürokratisierung
zu setzen, hat der Ministerrat die antragslose Familienbeihilfe beschlossen, die von Familienministerin Sophie
Karmasin und Finanzminister Hans Jörg Schelling umgesetzt wird. "Das entlastet etwa 80.000 Familien in
Österreich direkt. Sie ersparen sich nach der Geburt ihres Kindes den Weg zum Finanzamt und damit Zeit und
Aufwand", hält Mitterlehner fest. Die Auszahlung der Familienbeihilfe erfolgt künftig automatisch
und wird über das zentrale Personenstandsregister abgewickelt. Die Entlastung der Bürgerinnen und Bürger
und der Verwaltung ist auch bei der Steuerreform vorrangig. "Wir wollen durch zahlreiche Maßnahmen zur
Entlastung eine Gegenfinanzierung der Tarifsenkung darstellen, zum Beispiel indem wir bei den Verwaltungskosten
sparen", so Mitterlehner. "Wir haben das Interesse eine Lösung zustande zu bringen, auch wenn die
schwierigen Bereiche jetzt erst kommen."
TTIP: Hohe Standards erhalten, qualitativ gutes Abkommen entwickeln
Bei den Verhandlungen für ein Freihandelsabkommen zwischen der EU und den USA, kurz TTIP, gehe es darum
zu einem gut gemachten Abkommen zu kommen und die Vorteile eines solchen für Österreich zu nutzen. "Wir
setzen uns für möglichst große Transparenz bei den Verhandlungen und die Fixierung und den Erhalt
unserer hohen Standards, vor allem bei Lebensmitteln und im Gesundheitsbereich, ein. Wir treten klar gegen Gentechnik
und Bio-Hormone auf", betont Mitterlehner. Zu Bedenken bezüglich eines geplanten Investitionsschutzes
gibt es seitens der EU einen Konsultationsmechanismus. Hier werde es entsprechende Ergebnisse geben, betont der
Vizekanzler. Das Thema wird auch Gegenstand von Verhandlungen mit EU-Kommissarin Cecilia Malmström sein. Abschließend
betont der Vizekanzler: "Fakt ist: Österreich hat einen Verhandlungsauftrag für die TTIP-Verhandlungen
erteilt. Die Rücknahme dessen wäre nur durch einen einstimmigen Beschluss aller EU-Mitgliedsstaaten möglich.
Daher kann es nur darum gehen, das Ergebnis qualitativ möglichst hochwertig zu entwickeln und ein gut gemachtes
Abkommen zu erzielen."
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