Computer berechnen Giftigkeit von Substanzen

 

erstellt am
17. 02. 15
11.00 MEZ

JKU-Sieg bei internationalem Wettbewerb
Washington/Linz (jku) - 10.000 chemische Stoffe auf ihre potentielle Giftigkeit zu überprüfen – für Menschen eine unlösbare Aufgabe, für die Computer von Prof. Sepp Hochreiter und seinem Team vom Institut für Bioinformatik aber nicht mehr als eine Herausforderung. Mit ihrer „Deep Learning“-Methode lösten sie diese Aufgabe besser als jeder andere – und gewannen überlegen die „Tox21 Challenge“ der amerikanischen Gesundheitsbehörde (National Institute of Health – NIH).

„Deep Learning“-Methoden erlauben Computern, gewaltige Datenmengen auszuwerten und – ähnlich dem Gehirn – mit riesigen neuronalen Netzwerken Analysen durchzuführen. Die Grundlagen wurden von Prof. Hochreiter bereits vor 20 Jahren entwickelt, aber erst moderne Technologie konnte diese Grundlagen zur Anwendung bringen. „Uns liegen erst jetzt ausreichend große Datenmengen vor – die bekannte ,Big Data‘-Entwicklung – und vor allem gibt es nun erst eine Hardware, die damit auch umgehen kann“, erklärt der JKU-Experte für Maschinelles Lernen.

Moderne Sprachsteuerungen oder Objektdarstellungen, mit denen Unternehmen wie Google oder Facebook arbeiten, basieren alle auf diesem von Hochreiter entwickelten Prinzip. So konnte beispielsweise die Fehlerquote bei der Spracherkennung durch Computer Dank „Deep Learning“ von 24 auf 16% verringert werden, nachdem die Quote mehr als ein Jahrzehnt stagniert war.

Quantenmodell entwickelt
„Im Bereich ,Deep Learning‘ ist weltweit die Hölle los“, beschreibt Hochreiter den Run auf die Big-Data-Auswertung, die der Wissenschaft völlig neue Wege eröffnet. Einer des wichtigsten Kompetenzzentren für diese Technologie ist nach wie vor die JKU, wie der Bewerb der NIH bewies. „Wir mussten die Giftigkeit von Stoffen in der Umwelt, also in Nahrung, Haushalt, Medikamenten etc. mit Computermethoden aus der chemischen Struktur vorherzusagen“, erläutert Prof. Hochreiter die Aufgabenstellung. Die Problemstellung lag den JKU-Wissenschaftern: Am Institut für Bioinformatik ist das Know-how sowohl für Informatik als auch für Life Sciences wie Chemie vereint. Millionen von chemischen Merkmalen wurden extrahiert, ein eigens entwickeltes quantenmechanisches Modell erlaubte moderne Sprach- und Mustererkennung. Der Computer kombinierte diese Merkmale auf 12.000 parallelgeschalteten Prozessoren miteinander und erlaubte präzise Rückschlüsse, sodass die NIH die „hohe Qualität des Modells“ hervorhob.

Billionen Rechenoperationen
„Das zeigt den enormen Fortschritt der Technik“, so Thomas Unterthiner, MSc, über den Aufwand. „Vor fünf oder sechs Jahren mussten wir noch mit einem Prozessor auskommen.“ Hilfreich war auch der Supercomputer MACH, der seit 2011 an der JKU in Betrieb ist und der mit seinen 2.048 Prozessoren 21,3 Billionen Rechenoperationen pro Sekunde schafft.
„Dank dieser Infrastruktur an der JKU können wir als kleine Abteilung international mithalten“, ist Hochreiter stolz auf den Erfolg und die weltweite Anerkennung seiner Arbeit.

Medizinische Kompetenz
Das Institut für Bioinformatik ist nur eines von 66 Instituten und Abteilungen der JKU, an denen bereits jetzt im medizinischen oder medizinnahen Bereich geforscht wird. Mit dem derzeit erfolgenden Aufbau der Medizinischen Fakultät wird die JKU künftig noch wesentlich mehr Beiträge zur Weiterentwicklung der Medizin leisten können.

 

 

 

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