Bausteine, die sich ganz von selbst zu komplizierten Strukturen zusammenfügen wurden an
der TU Wien entwickelt.
Wien (tu) - Wenn man winzige Nanostrukturen herstellen will, kann man entweder genau die richtigen Bausteine
aneinanderfügen oder ein Material mit Präzisionswerkzeugen zuschneiden. Viel praktischer ist es allerdings,
wenn man Moleküle hat, die sich ganz von selbst zu einer wohlgeordneten Struktur zusammenbauen. Einem Forschungsteam
von der TU Wien, der KU Leuven (Belgien) und dem MPI Mainz (Deutschland) gelang es nun, Moleküle je nach angelegter
elektrischer Spannung zwischen zwei- und dreidimensionale Anordnungen hin und her wechseln zu lassen.
Umschalten zwischen verschiedenen Nanostukturen
Man würde erwarten, dass sich Moleküle auf einer Oberfläche einfach ganz zufällig anordnen,
wie Spielzeugkugeln, die man über den Boden rollen lässt. Oft ist das auch so – doch manche Moleküle
können mehr. „Wenn zwischen ihnen die richtigen Kräfte wirken, verbinden sie sich automatisch zu einer
komplexen Struktur“, erklärt Stijn Mertens. Er ist am Institut für angewandte Physik der TU Wien, für
das Labor für elektrochemische Oberflächenphysik zuständig. Diesen Effekt zu kontrollieren ist meist
sehr schwierig. Nun konnte eine Methode gefunden werden, das positiv geladene Molekül PQP+ sogar zwischen
verschiedenen Ordnungszuständen wechseln zu lassen.
Die Moleküle werden auf einer ebenen Goldfläche aufgebracht und dann mit einer Elektrolytlösung
bedeckt. Zwischen dem Golduntergrund und der Elektrolytlösung wird dann eine elektrische Spannung angelegt
und die Moleküle bilden eine poröse Struktur. Je stärker der Golduntergrund negativ aufgeladen wird,
umso mehr PQP+ Moleküle können sich pro Fläche anlagern. Daher können sich je nach elektrischer
Spannung unterschiedliche geordnete Muster ergeben. „Je höher die Ladung im Gold, umso dichter wird die Überdeckung
mit den PQP+ Molekülen“, erklärt Stijn Mertens. „Bei all diesen Beispielen von Selbstorganisation legt
die chemische Struktur der Bausteine bereits fest, welche Anordnungen in der Ebene möglich sind.“
Sechseckige Blumenmustera
Zunächst bilden die Moleküle sechseckige, blütenartige Strukturen aus. Erhöht man die Spannung,
drehen sich die Moleküle und rücken auseinander. In der Mitte jeder Sechsergruppe wird dann ein Platz
für ein zusätzliches Molekül frei und eine neue, dichtere Struktur entsteht. Erhöht man die
Spannung weiter, rücken die Moleküle schließlich übereinander und formen eine dreidimensionale
Struktur. Mit Hilfe von Rastertunnelmikroskopen kann man die winzigen Strukturen mit Abmessungen im Bereich von
wenigen Nanometern abbilden.
„Dieses Maß an Kontrolle und Reproduzierbarkeit ist bei selbstorganisierenden Molekülen ungewöhnlich“,
sagt Mertens. Insbesondere der Wechsel zwischen zwei- und dreidimensionalen Strukturen konnte vorher noch nie beobachtet
werden wenn nur eine einzige Sorte chemischer Bausteine verwendet wird. „Nützlich könnte das für
künstliche Rezeptoren, hochspezifische Detektoren oder neue, intelligente Materialien sein“, hofft Mertens.
Auch Flüssigkristall-Displays funktionieren auf ähnliche Weise: Auch dort wird die Ausrichtung von Molekülen
mit Hilfe elektrischer Felder kontrolliert.
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