"Osservatore": "Ein Gesetz zur Verhinderung des Extremismus" - Wiener Rechtsexperte
Potz: Systematische Zusammenfassung der Rechte und Einführung einer islamischen Theologie an der Universität
geben dem Gesetz "europaweite Vorbildwirkung"
Vatikanstadt/Wien (kap) - Das am 25.02. von den Koalitionsparteien in Wien beschlossene Islamgesetz ist
auch ein viel diskutiertes Thema im Vatikan und in Italien. Der österreichische Rechtsexperte und emeritierte
Professor für Rechtsphilosophie, Religions- und Kulturrecht, Richard Potz, hat am 27.02. in "Radio Vatikan"
Stellung zum neuen Gesetz bezogen. Aber auch die Vatikanzeitung "L'Osservatore Romano" berichtete am
Freitag breit, mit der Überschrift: "L'Austria adotta una legge per contrastare l'estremismo - Piu diritti
e piu doveri per i musulmani" (Österreich nahm ein Gesetz zur Verhinderung des Extremismus an - Mehr
Recht und mehr Pflichten für die Muslime).
Potz sagte, das Islamgesetz habe mit seiner "systematischen Zusammenfassung" der gesammelten Rechte der
österreichischen Muslime oder auch der Einführung einer islamischen Theologie an der Universität
eine "europaweite Vorbildwirkung". Gleichzeitig sieht der Experte juristisch-technische Probleme, etwa
bei der Auflösung islamischer Vereine, die der Vereinsfreiheit widersprechen, oder bei der Einbeziehung der
Aleviten in das Gesetz.
Völlig kontraproduktiv sei der Zeitpunkt des Gesetzes gewesen. "Es konnte dem Gesetz nichts Schlimmeres
passieren, als dass es genau zu dem Zeitpunkt diskutiert wird, wo die Gräuel der Terrormiliz Islamischer Staat
global bekannt wurden. Das hat dem Gesetz sicher nicht gut getan", so Potz. Die parallel laufende Berichterstattung
über das Gesetz und die IS-Gräuel habe die Leute "sicherlich bewegt".
Problematisch sieht der Experte auch das Verbot der Auslandsfinanzierung, das sich vor allem auf die Türkei
auswirken werde. Die türkischen Religionsbehörden haben das Gesetz bereits kritisiert und als Rückschritt
bezeichnet. Rund 60 der 300 Imame in Österreich seien über einen Verein entsandt und müssten daher
wieder das Land verlassen.
Potz: "Besonders spitzt sich das zu, wenn bei dieser Auslandsfinanzierung nicht nur Gelder kommen, sondern
wenn ein ausländischer Staat - in dem Fall betrifft es den türkischen Staat - türkische Beamte entsandt
werden, um hier seelsorgerische Aufgaben regelmäßig zu übernehmen, um hier Moscheegemeinden zu
betreuen. Das ist etwas, was für viele Staaten ein Problem darstellt."
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