Wien (mq) - "united nations extended - The Vienna Dialog" gibt einen Einblick in das Spannungsfeld
zwischen Kunst und Politik am Beispiel der Vereinten Nationen. Kuratiert von Signe Theill und Peter Winkels setzt
sich die Schau im freiraum quartier21 INTERNATIONAL im MuseumsQuartier Wien mit bildlichen und symbolischen Akten
der Politik auseinander. Die Ausstellung zeigt neben kritischen Stellungnahmen zeitgenössischer KünstlerInnen
auch poetische und dokumentarische Arbeiten sowie Installationen im öffentlichen Raum des MQ wie z.B. am Dach
des Leopold Museums. Eröffnung ist am 12. März um 19 Uhr, bereits am 11. März findet um 10 Uhr ein
Presserundgang statt, im Rahmen dessen Abbas Akhavans Arbeit "Study for a Blue Shield" am Dach des Leopold
Museums installiert wird.
Die Politikfelder, die die KünstlerInnen ins Visier nehmen, reichen vom Palästina-Konflikt über
den Irakkrieg, den Völkermord in Ruanda, den Bürgerkrieg in Bosnien, das Flüchtlingsdrama an den
EU-Grenzen bis hin zu Verbindungen von Privatem und Politischem im Umkreis der UN. Die ersten Positionen stammen
aus den 90er Jahren, die aktuellsten werden eigens für die Ausstellung gefertigt und erstmalig gezeigt.
"Study for a Blue Shield" ist die Installation des Künstlers Abbas Akhavan (CAN). Seine Arbeiten
basieren auf einer Bildsprache zwischen Abstraktion und Repräsentation, zwischen Malerei und Skulptur. Abbas
Akhavan nimmt dieses Spiel auf und verwendet ein Symbol, das im Zuge der Haager Konvention (1954) geschaffen wurde,
um Kulturgüter in militärischen Konflikten besser schützen zu können. Das "Blaue Schild"
ist das kulturelle Äquivalent zum "Roten Kreuz". Der Grad der Abstraktion macht es zu einem starken
Symbol, das universell verständlich ist. "Study for a Blue Shield" wird sowohl in der Ausstellung
als auch am Dach des Leopold Museums präsentiert und so von der Luft aus als Zeichen für den Schutz von
kulturellen Gütern und gegen militärische Gewalt zu sehen sein.
Ebenfalls im öffentlichen Raum, am MQ Vorplatz, wird eine Aktion der Künstlergruppe "Zentrum für
Politische Schönheit" (GER) zu sehen sein, die mit ihrer Aktion "Erster Europäischer Mauerfall",
die Gedenkfeierlichkeiten zum 25. Jahrestags des Falls der Berliner Mauer zum Anlass nahm, um auf den vor wenigen
Wochen fertiggestellten neuen Grenzzaun in Bulgarien hinzuweisen. Europa feiert den Fall der Mauer und betreibt
die eigene Selbsteinmauerung auf hohem Niveau und unter Hochdruck. Im MuseumsQuartier Wien nimmt die Aktion mit
der Arbeit im öffentlichen Raum am MQ Vorplatz ihren Fortgang. Die KünstlerInnen des "Zentrums für
Politische Schönheit" sind im März zudem Artists-in-Residence im quartier21/MQ und am 19. März
um 19 Uhr zu einem Podiumsgespräch im freiraum quartier21 INTERNATIONAL/MQ anwesend.
Goshka Macugas (POL) vielteilige Installation "The Nature of the Beast" wiederum wird mit einer Colin
Powell-Büste vertreten sein, und macht damit ein besonders dunkles Kapitel in der Geschichte des Verhältnisses
von Kunst und Politik sichtbar. Als der US-Außenminister Powell seinen Vortrag über angebliche Massenvernichtungswaffen
im Irak gehalten hatte, wurde die Pressekonferenz wie immer vor Picassos "Guernica" gehalten:
Allerdings verhüllte man diese ikonische Anklage gegen den Krieg mit einem blauen Tuch. Viel intimer und privater
war der Anlass der multimedialen Arbeit von Sophie Calle (FRA) "Prenez soin de vous" aus dem Jahr 2004:
Unter anderem ließ sie, neben 106 anderen Frauen auch Françoise Gaspard, eine UN-Expertin für
Frauenrechte, die Trennungsnachricht von Calles ehemaligem Freund vorlesen.
Die Geschichte der Vereinten Nationen ist auch die Geschichte eines besonderen Verhältnisses zur Kunst. Von
Beginn an sammelte die Weltorganisation Kunstwerke, beauftragte KünstlerInnen in den UN-Städten und bekam
als diplomatische Geste Kunstwerke geschenkt. So hat auch Wiens UNO-City eine bedeutende Sammlung österreichischer
KünstlerInnen, die ihr Anfang der 70er Jahre von der Republik Österreich gestiftet wurde. Zum 60. Jahrestag
der Aufnahme Österreichs in die Vereinten Nationen stellen KünstlerInnen wie Jan Stradtmann (GER), Maurice
de Martin (GER) und Janina Janke (GER) die Ergebnisse ihrer Recherchen im Vienna International Center in Wiens
22. Bezirk vor. Die Fotos von Jan Stradtmann zeigen die kühle Eleganz im Inneren der Gebäude während
das Künstler-Duo Janke/de Martin in ihrer Arbeit "UN.KNOWN SPACES" mit Interviews, Videos und anderen
Dokumenten, die sie in Wien, Nairobi und New York zusammengetragen haben, den Blick auf die Menschen richten, die
für die Vereinten Nationen arbeiten. Anlässlich der Ausstellung wird es am 18.03. um 14 Uhr in Kooperation
mit dem Besucherdienst des Vienna International Centre Führungen durch die Kunstsammlung der UNO geben, inkl.
Transfer vom MQ und retour sowie einer Kuratorenführung durch die Ausstellung im freiraum quartier21 INTERNATIONAL.
Der Berliner Künstler Alfred Banze (GER) ist den umgekehrten Weg gegangen. Mit einer 1,3 x 2 Meter großen
Kopie des Wandgemäldes von Per Krohg im UN-Sicherheitsrat (das erste Kunstwerk, das für die Vereinten
Nationen entstanden ist) reiste Banze um die Welt. Von dieser internationalen Workshop-Tour bringt er zahlreiche
Videos nach Wien, die eine Fülle von Stimmen sowohl zur zeitgenössischen Interpretation des Bildes als
auch zur Vision der UNO erklingen lassen.
Zudem werden auch neue Arbeiten zu sehen sein, die Artists-in-Residence des quartier21/MQ extra für die Ausstellung
schaffen werden wie u.a. von Sibylle Hofter (GER), die im April die Lokalredaktion ihrer Fotoagentur "Schwimmer"
in den Ausstellungsräumen einrichtet oder Guy Wouete (CMR) der sowohl neue Fotoarbeiten als auch Videos in
Wien realisiert.
Durch Vorträge, Screenings, Künstlergespräche wird ein interdisziplinärer Dialog über
die Bedeutung der Kunst im Kontext der Vereinten Nationen angestoßen. Weiters wird es im Rahmen der Ausstellung
Veranstaltungen für Kinder und Jugendliche in Zusammenarbeit mit Europe Direct und den Jungen Europäischen
Föderalisten (JEF) geben.
KünstlerInnen:
Marina Abramovic (SRB/USA), Abbas Akhavan (CAN), Alfred Banze (GER), Vitshois M. Bondo (COD), Sophie Calle (FRA),
Sibylle Hofter (GER)*, Alfredo Jaar (USA), Janina Janke (GER)*/Maurice de Martin (GER)*, Khaled Jarrar (PSE), Sven
Kalden (GER), Thomas Locher (GER), Goshka Macuga (POL), Josef Ramaseder (AUT), Kofi Setorji (GHA), Ivar Smedstad
(NOR), Jan Stradtmann (GER), Tanya von Barnau Sythoff (NDL)*, Guy Wouete (CMR)*, Zentrum für Politische Schönheit
(GER)*
*Artists-in-Residence des quartier21/MQ
"united nations extended - The Vienna Dialog" wird in Kooperation mit dem Bundesministerium für
Europa, Integration und Äußeres organisiert. Begleitprogramm und Workshops finden in Kooperation mit
der Norwegischen Botschaft in Österreich und den Jungen Europäischen Föderalisten statt.
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