Finanzpolitische Vorhaben der Europäischen Union im Jahr 2015
Wien (pk) - Im Jahr 2015 können - erstmals seit Ausbruch der globalen Finanz- und Wirtschaftskrise
- alle Mitgliedstaaten der Europäischen Union mit Wirtschaftswachstum rechnen. Zu den guten Nachrichten aus
Brüssel gehört auch eine prognostizierte Senkung des nominellen Budgetdefizits auf unter 3% des BIP -
auf 2,6% in der EU und auf 2,2% in der Euro-Zone. Stabilisierungsmaßnahmen und eine verbesserte Krisenvorsorge
haben die Glaubwürdigkeit der europäischen Wirtschafts- und Budgetpolitik und das Vertrauen in den Euro
weitgehend wiederhergestellt. Der Beitritt Litauens bestätigt die Attraktivität der Eurozone, liest man
in der finanzpolitischen Jahresvorschau der Europäischen Union, die das Finanzministerium dieser Tage dem
Parlament übermittelt hat.
Europäische Investitionen sollen Aufschwung beflügeln
Die Wirtschaft in Europa erholt sich aber nur langsam und bleibt fragil, schreiben Kommission und Rat der Europäischen
Union in ihren finanzpolitischen Arbeitsprogrammen für 2015, deren Schwerpunkte folgerichtig auf der Förderung
von Wachstum und Beschäftigung liegen. Die Investitionsquote liege zwei Prozentpunkte unter dem langfristigen
Durchschnitt und sei so niedrig, dass negative Auswirkungen auf Kapitalqualität, Wachstumspotential, Produktivität
und Beschäftigung zu befürchten seien. Daher sieht der schon 2014 konzipierte Europäische Investitionsplan
die Einrichtung eines Europäischen Fonds für strategische Investitionen (EFSI) für zusätzliche
Investitionen von mehr als 300 Mrd. € vor. Investiert werden soll in Schlüsselprojekte der Infrastruktur,
für Bildung, Forschung und Innovation sowie in kleine und mittlere Unternehmen (KMU). Das Investitionsumfeld
soll verbessert und regulatorische Hindernisse beseitigt werden. Aus den Mitgliedsstaaten sind dazu bereits 2000
Projekte, 28 davon aus Österreich, eingelangt. Das Investitionsvolumen beträgt insgesamt 1,3 Billionen
€ - 500 Mrd. € davon können innerhalb von drei Jahren realisiert werden.
Zunächst soll der Europäische Fonds für strategische Investitionen – der laut Verordnungsentwurf
der Kommission zur EIB-Gruppe gehören soll - mit 21 Mrd. € ausgestattet werden. Eine Einigung über die
Errichtung des EFSI will die lettische Präsidentschaft beim Ecofin-Rat im März erzielen, die Verhandlungen
mit dem Europäischen Parlament sollen bis Jahresmitte abgeschlossen werden. Auf Basis solider öffentlicher
Finanzen soll der Investitionsplan gemeinsam mit Strukturreformen umgesetzt werden. Das Potential des Binnenmarkts
soll besser genutzt und mehr wirtschaftliche Dynamik in der Europäischen Union erzeugt werden.
Aktionsplan gegen Steuerumgehung und Steuerbetrug
Außerdem bereitet die Kommission einen Aktionsplan für eine Kapitalmarktunion mit weniger fragmentierten
Finanzmärkten vor. Die Finanzierung der Realwirtschaft und der grenzüberschreitende Kapitalfluss sollen
erleichtert werden. Vertiefung der Wirtschafts- und Währungsunion (WWU), einfachere Governance-Regeln und
Fortschritte bei der Vergemeinschaftung der Wirtschaftspolitik sind weitere EU-Projekte, die die Kommission 2015
vorantreiben wird. Auch der Kampf gegen Steuerumgehung und Steuerbetrug geht weiter. Mit einem Aktionsplan will
die Kommission Konzernen begegnen, die steuerliche Bemessungsgrundlagen planmäßig vermindern und Gewinne
über Grenzen hinweg verschieben. Der Kampf gilt jenem Verhalten, für das die OECD den Begriff "Base
Erosion and Profit Shifting" (BEPS) geprägt hat. Die Einführung einer Finanztransaktionssteuer will
die Kommission erleichtern.
International geht es der Kommission um Stabilität an den EU-Außengrenzen, um politische und wirtschaftliche
Reformen und um die Wahrung der Rechtstaatlichkeit. Die Außenvertretung der EU soll effizienter und das Potential
globaler Wachstumsmärkte besser genutzt werden. In ihrer Erweiterungsstrategie konzentriert sich die EU auf
die Staaten des westlichen Balkans.
Lettische Präsidentschaft für Finanztransaktionssteuer
Wachstum und Beschäftigung haben 2015 auch für den Ecofin-Rat und die Euro-Gruppe Priorität. Der
Europäische Fonds für strategische Investitionen soll bis Juni 2015 beschlossen werden. Die Wirtschafts-
und Währungsunion soll vertieft werden. Eine Kapitalmarktunion will die Präsidentschaft diskutieren und
die Governance-Regeln überprüfen. Der Weg zur Bankenunion soll zeitgerecht und korrekt fortgesetzt werden.
Bei der Regulierung des Finanzmarkts stehen die Reform der Bankenstruktur, die Benchmark-Verordnung und die Überarbeitung
der Zahlungsdienste-Richtlinie sowie die Versicherungsvertriebs-Richtlinie im Vordergrund. Bei der Änderung
der Richtlinie über Zinsen und Lizenzgebühren und bei der Einführung einer konsolidierten Körperschaftsteuer-Bemessungsgrundlage
will der Ecofin Fortschritte erreichen. Bei der Umsetzung der BEPS-Initiative in der EU hält der Rat die Einführung
eines automatischen Informationsaustausches über Steuervorschriften für wichtig. Bei der Mehrwertsteuer
sollen Fortschritte bei den Themen Gutscheine und bei der Einführung standardisierter Mehrwertsteuererklärungen
erzielt werden.
Die lettische Präsidentschaft unterstützt eine verstärkte Zusammenarbeit zur Einführung einer
Finanztransaktionssteuer und will in der EU-Außenvertretung eine effektive Vor- und Nachbereitung der G-20
Treffen sicherstellen. Der Ecofin-Rat wird sich im Hinblick auf die internationale Klimakonferenz in Paris mit
finanziellen Fragen des Klimaschutzes befassen. Die lettische Präsidentschaft will das Entlastungsverfahren
zum Budget 2013 reibungslos abwickeln, den mehrjährigen Finanzrahmen revidieren und die Investitionsoffensive
im Budget 2015 berücksichtigen. Zur Evaluierung des Eigenmittelsystems wird ein Bericht der High Level Gruppe
angekündigt.
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