Schellhorn: Rechtzeitige, vorbeugende und ausreichende Hilfe für Kinder und Jugendliche
Salzburg (lk) - Ab 25.02. wird die Regierungsvorlage zum neuen Salzburger Kinder- und Jugendhilfegesetz
im Landtagsausschuss beraten. Den Abgeordneten liegt mit dieser Vorlage ein Gesetz im Zeichen der rechtzeitigen,
vorbeugenden und ausreichenden Hilfe für Kinder und Jugendliche und deren Familien, die die Hilfe der Gesellschaft
brauchen, vor.
Für Sozialreferent Landesrat Dr. Heinrich Schellhorn steht der Präventionsgedanke im Vordergrund: "Wir
wollen in Lebensglück und in gelingendes Leben investieren und nicht in lebenslange Problemfälle. Wir
wollen über Generationen weitergegebene schlechte Startbedingungen ins Leben mit rechtzeitigen und ausreichenden
Hilfen durchbrechen. Auf diesem Weg ist das neue Gesetz ein Fortschritt", so Schellhorn bei einem Informationsgespräch
am 24.02. in Salzburg.
Treffender Name und frühe Hilfen
"Jugendwohlfahrt" und "Jugendwohlfahrtsgesetz" strahlen Obrigkeit und bevormundenden Fürsorgestaat
aus, sie werden durch den treffenden Begriff "Kinder- und Jugendhilfe" abgelöst.
Das neue Gesetz hat mit den frühen Hilfen ein zentrales Instrument der Prävention verankert. Es wird
damit eine verbesserte Möglichkeit geschaffen, Familien zu erreichen, noch bevor eine Gefährdung des
Kindeswohls eintritt.
Vier-Augen-Prinzip
Das durchgehende Vier-Augen-Prinzip bei Gefährdungsabklärungen und bei der Hilfeplanung durch die Sozialarbeiterinnen
und Sozialarbeiter der Jugendämter setzt einen hohen Standard für fachlichen Austausch, fachliche Sicherheit
und wechselseitige Kontrolle. Das dient den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in ihrer exponierten Arbeit und den
betroffenen Jugendlichen mit ihren Familien.
Verstärkte Zusammenarbeit mit privaten Trägern
Die gemeinsamen Helferinnen- und Helferkonferenzen mit Beteiligung von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Jugendämter,
der Sozialabteilung des Landes und den privaten Partnern der Kinder- und Jugendhilfe werden gesetzlich gestärkt.
Kostenersatz bei ambulanten Leistungen entfällt
Eltern wurden bisher grundsätzlich zum Kostenersatz herangezogen, wenn Maßnahmen im Sinne des Kindeswohls
getroffen werden müssen. Dies galt für ambulante Hilfen durch Psychologinnen und Psychologen, Therapeutinnen
und Therapeuten oder Sozialarbeitskräfte ebenso wie für notwendige Unterbringungen bei Pflegeeltern,
in einem SOS-Kinderdorf oder in therapeutischen Wohngemeinschaften. Mit dem neuen Gesetz entfällt der Kostenersatz
bei ambulanten Hilfen gänzlich. Das wird sich positiv auf die Bereitschaft der Eltern, solche Hilfen anzunehmen,
auswirken. Damit können zahlreiche Unterbringungen außerhalb der Familie vermieden werden.
Mehr Leistungen für junge Mütter
Es gibt erstmals Angebote für rechtlich schon erwachsene junge Mütter zwischen 18 und 21 Jahren.
Sie können gemeinsam mit ihren Kindern in einer Mutter-Kind-Wohngemeinschaft intensiv betreut werden. Diese
Neuerung wird Kindesabnahmen verhindern und die Lebensgeschichte von Kindern positiv beeinflussen.
Individuelle Betreuung in Einrichtungen
Wenn Kinder oder Jugendliche in Einrichtungen wie Wohngemeinschaften oder SOS-Kinderdörfern untergebracht
werden müssen, ist mit dem neuen Gesetz bei Notwendigkeit eine vorübergehende individuelle Zusatzbetreuung
möglich. Mit diesen zusätzlichen Hilfen soll auch bei auftretenden Problemen ein längerer Verbleib
der Kinder und Jugendlichen in den Einrichtungen gesichert werden. Auch dies wird präventiv wirken, weil negativ
wirkende Beziehungsabbrüche durch die Unterbringung von Kindern und Jugendlichen in immer anderen Einrichtungen
vermieden werden können.
Krisenbegleitung für Eltern bei Kindesabnahmen
Die Jugendämter werden bereits zunehmend als Partner und Helfer von Familien mit entsprechendem Bedarf wahrgenommen.
Das neue Gesetz bietet die Möglichkeit, in den besonders schwierigen Situationen, in denen auch die Unterbringung
von Kindern in Einrichtungen oder bei Pflegeeltern gegen den Willen der Eltern notwendig ist, auch die Eltern zu
begleiten und ihnen zu helfen. Das wird sich auf die künftige Beziehung der Eltern zu ihren Kindern und ihre
Kooperationsbereitschaft mit der Kinder- und Jugendhilfe positiv auswirken.
Kinder- und Jugendrat für die Betroffenen
Der Gedanke der Selbstvertretung von Betroffenen in Einrichtungen bekommt mit dem neuen Gesetz eine Entsprechung.
Die Kinder und Jugendlichen werden mit dem im Gesetz vorgesehenen Kinder- und Jugendrat gestärkt.
Psychologischer Dienst
Mit dem neuen Gesetz wird erstmals beim Land ein psychologischer Dienst, auf den die Jugendämter zur Unterstützung
ihrer Arbeit zugreifen können, eingerichtet. Das Ziel ist eine praxisnahe Unterstützung der Arbeit mit
den Kindern und Jugendlichen und die Sicherung der hohen fachlichen Qualität von Entscheidungen.
Minderjährige unbegleitete Flüchtlinge
Der in der Begutachtungsphase zum neuen Gesetz kritisch gesehene Umgang mit der Versorgung von minderjährigen
unbegleiteten Flüchtlingen wurde subsidiär geregelt. Für jugendliche Asylsuchende bleibt als Basisversorgung
so wie bisher die Grundversorgung im Verhältnis von 60:40 zwischen Bund und Land zuständig. Wenn darüber
hinaus im Sinne des Kindeswohls Ausgaben notwendig sind, werden diese von der Kinder- und Jungendhilfe getragen.
Das entspricht der bisherigen Vorgangsweise und wird nun rechtlich abgesichert.
Mehrkosten kommen dreifach zurück
Die jährlichen Mehrkosten für die zahlreichen praxisnahen Verbesserungen werden mit 339.566 Euro angenommen.
Sie werden im Verhältnis 50:50 von Land und Gemeinden getragen. Volkswirtschaftlich ist das sehr gut angelegtes
Geld. Die Ersparnisse in Systemen wie Schule, Gesundheit, Sicherheit, Justiz, Mindestsicherung können mindestens
mit 1:3 Euro angenommen werden. Ein Euro in Vorbeugung investiert spart laut einer Berechnung von Prof. Michael
Macsenaere, Leiter des Instituts für Kinder- und Jugendhilfe in Mainz, später mindestens drei Euro ein.
Eine Reform aus der Praxis
Das neue Gesetz habe mit Prävention ein klares politisches Ziel. Der Weg dorthin sei aber in einem sehr partizipativen,
gemeinsamen Prozess gegangen worden, betonte Sozialreferent Schellhorn: "Die Erfahrungen und Anregungen aus
der Praxis, aus den Jugendämtern, den Einrichtungen und den Sozialpartnern des Landes wurden gehört und
sind in das neue Gesetz eingeflossen. Man kann sagen, dass es ein Gesetz aus der Praxis und für die Praxis
ist. Auch deshalb wird vielen Kindern und Jugendlichen besser geholfen werden können."
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