ForscherInnen der Uni Graz entdeckten zentralen Mechanismus zur Regulation des Zellwachstums
Graz (universität) - Fett ist angesichts moderner Zivilisationskrankheiten wie Diabetes Typ 2 oder
Adipositas zunehmend in Verruf geraten. Dabei erfüllt Fett aber auch ganz wichtige Funktionen im Organismus.
Unter anderem ist es für das Zellwachstum essenziell, wie Univ.-Prof. Dr. Sepp-Dieter Kohlwein mit seiner
Arbeitsgruppe am Institut für Molekulare Biowissenschaften der Karl-Franzens-Universität Graz 2009 erstmals
nachweisen konnte. Nun hat das Team weitere Details zur Rolle des Fettstoffwechsels im Zellzyklus geklärt.
Die ForscherInnen identifizierten das Enzym Swe1 als Checkpoint, der die Zellteilung bremst, wenn zu wenig Fett
in Form von Sphingolipiden vorhanden ist. Die neuen Erkenntnisse wurden soeben im renommierten US-Wissenschaftsjournal
Proceedings of the National Academy of Sciences (PNAS) online veröffentlicht.
Damit sich Zellen teilen können, brauchen sie Fett. Aus Triglyzeriden werden durch fettspaltende Enzyme, so
genannte Lipasen, Diglyzeride, Monoglyzeride und Fettsäuren freigesetzt, die von den Zellen verwertet werden
können. Stehen nicht genug Fettsäuren zur Verfügung, verlangsamt sich der Zellteilungs-Zyklus. Störungen
im Zellwachstum können beim Menschen zu schwerwiegenden Erkrankungen führen. So steht auch unkontrolliertes
Wachstum von Krebszellen in sehr engem Zusammenhang mit Fettstoffwechselstörungen.
Sepp-Dieter Kohlwein und seine Arbeitsgruppe, allen voran Dr. Neha Chauhan, ist es nun gelungen herauszufinden,
welches Abbauprodukt im Fettstoffwechsel Signalwirkung für die Zellteilung hat, welcher Checkpoint in der
Zelle dieses Signal auffängt und dementsprechend reagiert.
Ihre Forschungen betreiben die WissenschafterInnen der Uni Graz an Hefezellen. „Diese eignen sich hervorragend
als Modellsystem für zelluläre Grundlagenforschung, insbesondere in Bezug auf den Fettstoffwechsel, weil
sie humanen Zellen in ihrem Aufbau und ihren Funktionen sehr ähnlich sind“, erklärt Kohlwein. Deshalb
lassen sich viele an Hefezellen gewonnene Erkenntnisse auch auf menschliche oder tierische Zellen übertragen.
Hinzu kommt, dass sie nur 90 Minuten brauchen, um sich zu teilen – bei humanen Zellen sind es zwölf Stunden
– und somit einfach und in großen Mengen kultiviert werden können.
„Wird in der Hefe die Fettspaltung unterbunden, sodass den Zellen nicht mehr genügend Fettsäuren zur
Verfügung stehen, verzögert sich das Zellteilungs-Programm um etwa 30 Minuten, was bei einer normalen
Dauer von eineinhalb Stunden beträchtlich ist und einen schwerwiegenden Nachteil für das Überleben
der Zell-Population bedeutet“, berichtet Kohlwein.
Der Mechanismus, der dafür verantwortlich ist, wird in der aktuellen Publikation erstmals beschrieben: „Es
ist die Swe1 Kinase, ein Enzym, das als Checkpoint registriert, wie viele Sphingolipide in der Zellmembran vorhanden
sind. Diese entstehen aus den beim Fettabbau freigesetzten Fettsäuren. Ist die Menge der Sphingolipide zu
gering, wird Swe1 aktiv und bremst den Zellzyklus“, fasst Kohlwein zusammen.
Mit seiner Arbeitsgruppe widmet sich Sepp-Dieter Kohlwein seit vielen Jahren erfolgreich der Erforschung der molekularen
Grundlagen von Fettstoffwechselerkrankungen im Modellsystem Hefe. Die Anwendung biochemischer und genomischer Technologien
sowie die Entwicklung neuartiger mikroskopischer Methoden brachten den WissenschafterInnen der Uni Graz international
eine Spitzenstellung ein.
Die richtungweisenden Erkenntnisse wurden im Rahmen des vom Österreichischen Wissenschaftsfonds FWF geförderten
Spezialforschungsbereichs LIPOTOX sowie der Kooperation NAWI Graz und des Forschungsnetzwerks BioTechMed-Graz gewonnen.
Neha Chauhan war Dissertantin des Doktoratskollegs „Molekulare Enzymologie und Physiologie“ und erhielt ein PostDoc-Stipendium
des Vizerektorats für Personal, Personalentwicklung und Gleichstellung der Universität Graz.
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