Für Speicherkraftwerke braucht man nicht immer gleich einen See: Eine patentierte Pumpturbinenentwicklung
der TU Wien ermöglicht effiziente, Kleinkraftwerke.
Wien (tu) - Sonnenschein und Wind richten sich nicht nach den Bedürfnissen der Elektrizitätswirtschaft.
Pumpspeicherkraftwerke eignen sich bestens dafür, die Schwankungen von Angebot und Nachfrage auszugleichen.
Allerdings waren sie bisher nur in recht großem Maßstab wirtschaftlich sinnvoll. An der TU Wien wurde
eine neue, flexible Pumpturbine entwickelt, die hydraulische Energiespeicher auch bei niedrigerer Leistung rentabel
macht. Statt eines Stausees genügt in Zukunft auch ein kleines Wasserreservoir.
Lukrative Energiespeicher – auch im Kleinformat
Pumpspeicherkraftwerke gibt es schon lange: Überschüssiger Strom wird genutzt, um Wasser im Gebirge nach
oben zu pumpen und in hochgelegenen Seen zu speichern. Bei Bedarf kann mit dem gespeicherten Wasser eine Turbine
angetrieben werden, die wiederum Strom erzeugt.
Nachdem der Strom je nach Angebot zu unterschiedlichen Zeiten ganz unterschiedliche Preise erzielt, kann sich daraus
ein durchaus lukratives Geschäft ergeben – vorausgesetzt das Kraftwerk ist groß genug: „Pumpspeicherkraftwerke
sind heute Großanlagen, die oft eine Leistung von mehreren hundert Megawatt bringen“, sagt Prof. Christian
Bauer vom Institut für Energietechnik und Thermodynamik der TU Wien. „Unser neues System lässt sich allerdings
auch im niedrigen Megawatt-Bereich einsetzen.“
Das Herzstück des Systems ist eine Pumpturbine. Ein einziger Maschinenstrang kann – je nach Betriebsrichtung
– sowohl Wasser nach oben pumpen als auch die Energie des herabfließenden Wassers in elektrischen Strom umwandeln.
Neu an der Pumpturbine der TU Wien ist, dass sie modular aufgebaut ist. Baukastenartig kann man für unterschiedliche
Anforderungen die richtige Anlage zusammenstellen. Jeder Maschinensatz besteht aus mehreren Stufen. Ihre Zahl
kann in dem an der TU Wien entwickelten System von eins bis fünf variiert werden – je nach Fallhöhe und
benötigtem Durchfluss. Auf der elektrischen Seite gibt es ebenso eine Variationsmöglichkeit.
Mit diesem Konzept lassen sich die Investitionskosten senken und selbst kleinere Wasserreservoirs könnten
als Energiespeicher genutzt werden – zum Beispiel Beschneiungsspeicher, in denen Wasser für Schneekanonen
gesammelt wird, oder stillgelegte Kohleminen im europäischen Flachland. Viele kleine Anlagen statt wenige
große Kraftwerke wären auch für das Stromnetz besser zu verkraften. „Große Pumpspeicherkraftwerke
können nur dort errichtet werden, wo auch die entsprechenden Hochspannungsleitungen zur Verfügung stehen“,
erklärt Bauer. „Kleinere Anlagen lassen sich problemlos in das bestehende Elektrizitätssystem einfügen.“
Wasser rauf und Wasser runter: Flexiblerer Betrieb
Die Anforderungen an Pumpspeicherkraftwerke haben sich über die Jahrzehnte deutlich verändert. „Ursprünglich
waren sie dafür gedacht, tägliche oder jahreszeitliche Schwankungen auszugleichen“, sagt Bauer. Tagsüber
wird mehr Energie benötigt als nachts, im Winter braucht man mehr Strom als im Sommer. Diese Schwankungen
sind leicht prognostizierbar und das Kraftwerk musste nicht besonders häufig vom Pumpmodus auf Turbinenmodus
umgeschaltet werden.
Heute sind die Anforderungen aber viel höher geworden. Durch stark fluktuierende erneuerbare Energieträger
kann sich innerhalb kurzer Zeit ein Überschuss oder ein Mangel an elektrischer Energie ergeben. Die Pumpspeicherkraftwerke
müssen viel schneller reagieren als früher. „Unsere Pumpturbine kann in weniger als vier Minuten zwischen
Pumpbetrieb und Turbinenbetrieb wechseln“, betont Bauer. „Dadurch wird sie zum idealen Gerät für eine
dezentrale, flexible Energiespeicherung.“
Das Pumpturbinenkonzept der TU Wien ist bereits patentiert, und es gibt bereits konkrete Fallstudien über
mögliche Anwendungsorte. Gerade im Gebirge gibt es eine Vielzahl kleineren Wasserreservoirs, für die
eine Nutzung als Energiespeicher bisher völlig unmöglich schien. Für die neue Technologie wären
sie aber genau richtig. „Wir sind zuversichtlich, dass unser Pumpturbinenkonzept in einigen Jahren einen Beitrag
leisten wird, die Herausforderungen zu meistern, vor denen unsere Energiewirtschaft heute steht“, zeigt sich Bauer
optimistisch. Für ihn ist das Projekt nun reif, von der Industrie aufgegriffen zu werden.
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