ESA-Mission „OPS-SAT“ testet als „Labor im All“ neue Weltraumtechnologien; TUGSAT-1 liefert
sensationelle Ergebnisse an die TU Graz-Bodenstation
Graz (tu) - Die TU Graz hat von der europäischen Weltraumorganisation ESA den Zuschlag für ein
2,4 Millionen schweres Nanosatellitenprojekt bekommen und wird die Mission „OPS-SAT“ leiten. Das einmalige Projekt
stärkt gemeinsam mit dem 2.Geburtstag der beiden ersten rot-weiß-roten Satelliten im All, TUGSAT-1 und
UniBRITE, die Position Österreichs als Weltraumnation. Missionsziel von OPS-SAT ist der risikoarme Test von
„Weltraumsoftware“ direkt im orbitalen Flug. OPS-SAT ist die erste Nanosatellitenmission der ESA und soll 2017
ins All starten.
Mit dem Zuschlag für das 2,4 Millionen Euro schwere Nanosatellitenprojekt „OPS-SAT“ an die TU Graz ist Österreichs
Position als Weltraumnation weiter gestärkt. Nach dem Start der beiden ersten rot-weiß-roten Satelliten
TUGSAT-1 und UniBRITE, die beide ihre Mission bereits erfüllt haben und ein großer Erfolg sind, wird
2017 OPS-SAT ins All starten, wie Weltraumminister Alois Stöger, TU Graz-Rektor Harald Kainz und Harald Posch,
Vorsitzender des Rates der Europäischen Weltraumorganisation ESA, heute, Donnerstag, gemeinsam bekannt gaben.
Die TU Graz leitet das Projekt federführend mit sieben internationalen Partnern, darunter die österreichischen
Unternehmen Magna Steyr Engineering und Unitel.
Österreich ist im Weltraum auf Erfolgskurs
Weltraumminister Alois Stöger ist stolz auf die Bedeutung Österreichs als Weltraumnation: „Wir sind international
anerkannt und unsere Beiträge werden hochgeschätzt. Unsere heimischen Technologien haben einen exzellenten
Ruf und mittlerweile gibt es kaum mehr eine Mission der NASA oder ESA, die ohne Technik und Know-How aus österreichischen
Bildungseinrichtungen, Instituten und Unternehmen durchgeführt wird.“ Das BMVIT investiert jährlich rund
65 Millionen Euro im Bereich der Weltraumtechnologien und der Weltraumforschung. Bundesminister Alois Stöger:
„Wer im Bereich des Weltraums besteht, befindet sich im absoluten Spitzenfeld der Forschung. Auch als Industriesektor
wird die Weltraumtechnik immer stärker und ist wichtiger Motor für Wirtschaft und Beschäftigung:
Es gibt in Österreich mittlerweile über 50 Raumfahrtunternehmen, die über 1000 Arbeitsplätze
sichern und von denen viele KMU als Zulieferbetriebe profitieren. Österreich ist im Weltraum auf Erfolgskurs.“
Für FFG-Geschäftsführer Klaus Pseiner ist der Launch der BRITE-Satelliten zweifellos ein historisches
Ereignis und ein Erfolg für Österreich. „Denn nicht zuletzt deshalb ist Österreich im Weltraumthema
mittendrin statt nur dabei. Das Medium "Space" fasziniert aber auch Alt und Jung und macht neugierig
auf Wissenschaft, Forschung, Technik und Mathematik. Und das wiederum lässt hoffen, dass viele junge Menschen
sich für ein Studium in einem MINT-Fach entscheiden und später als Top-Fachkräfte reüssieren
und Erfolge einfahren.“ Harald Posch, Vorsitzender des Rates der Europäischen Weltraumorganisation ESA bestätigt,
dass auf europäischer Ebene im Rahmen der ESA ergänzend zu wissenschaftlichen Großprojekten verstärkt
Initiativen im Bereich von Kleinsatelliten gestartet werden. „Dabei kann Österreich aufgrund seiner Expertise
sehr gut seiner Rolle als anerkannter Mitgliedsstaat gerecht werden. Diese Initiativen dienen sowohl der Ausbildung,
der Technologiedemonstration aber auch wichtigen wissenschaftlichen Missionen. Und gerade Cube-Satelliten sind
vor allem für junge Studierende eine gute Gelegenheit, Hands-On-Erfahrungen beim Bau von Weltraumobjekten
zu sammeln.“
Graz: International sichtbares Zentrum der Weltraumforschung
Harald Kainz, Rektor der TU Graz, zeigt sich hocherfreut über die Erfolge seiner Universität im All:
„Das Team der TU Graz rund um ‚Satellitenvater‘ Otto Koudelka hat mit TUGSAT-1 den ersten österreichischen
Satelliten ins All geschickt, der seit zwei Jahren hervorragende Arbeit leistet. Die ESA nimmt diesen Erfolg zum
Anlass, mit OPS-SAT das nächste, hochkarätige Nanosatellitenprojekt in die Hände der TU Graz zu
legen.“ Zum Erfolg der Weltraum-Uni TU Graz trägt auch die enge Vernetzung mit den großen nationalen
Playern sowie die lokale Infrastruktur bei. Rektor Harald Kainz: „Wir arbeiten sehr eng mit dem Institut für
Weltraumforschung der Österreichischen Akademie der Wissenschaften zusammen, haben mit dem Observatorium Lustbühel
eine international anerkannte Messstation für Weltraumprojekte aller Art, betreiben am Campus der TU Graz
die Bodenstation für die ebenfalls internationale Satellitenmission BRITE und haben österreichische Pioniere
der Weltraumforschung wie Willibald Riedler, Hans Sünkel und Wolfgang Baumjohann im Lande. Österreich,
insbesondere Graz, ist heute zweifelsfrei ein international sichtbares Zentrum der Weltraumforschung“.
OPS-SAT: ESA-Testfeld für neue Weltraumtechnologien
Die ESA will neue Weltraumtechnologien entwickeln und testen. Otto Koudelka, Leiter des Instituts für Kommunikationsnetze
und Satellitenkommunikation der TU Graz, schildert: „Derzeit herrschen im Satellitengeschäft Kommunikationsstandards
aus dem Jahr 1984. Die IT-Infrastruktur ist nicht viel jünger: Die Prozessoren in der Weltraumtechnik sind
praktisch steinalt, der leistungsfähigste Prozessor im All ist ein 486-Prozessor aus den 1990er Jahren. Es
wird höchste Zeit für etwas Neues.“ Die in die Jahre gekommenen Technologien haben aber auch ihre Daseinsberechtigung:
Aus Gründen der Zuverlässigkeit setzt die ESA ebenso wie andere Weltraumorganisationen auf Bewährtes,
geht sozusagen auf Nummer sicher. In-Orbit Tests von Weltraumsoftware waren bislang absolut Tabu. Der Kleinsatellit
OPS-SAT wird unter der Federführung von Otto Koudelka und seinem Team der TU Graz als „Labor im All“ neue
operationelle Konzepte der ESA im Flug validieren. „Das Ziel der Mission ist es, neue leistungsfähige Prozessoren,
Funkempfänger und Weltraum-Software unter realen Weltraumbedingungen risikoarm zu testen. Eine zur Erde gerichtete
Kamera ist ebenfalls mit an Bord, außerdem steht die erste Datenübertragung eines Nanosatelliten via
Licht am Plan, und zwar zwischen OPS-SAT und dem Observatorium Lustbühel in Graz“, erklärt Otto Koudelka.
TUGSAT-1 übertrifft alle Erwartungen
Während OPS-SAT gerade an der TU Graz gebaut wird, hat Österreichs erster Satellit im All, der TUGSAT-1,
die Erde bislang bereits mehr als 10.000 Mal umrundet und dabei über 450 Millionen Kilometer zurückgelegt.
Er hat damit die spezifischen wissenschaftlichen Anforderungen an die Mission nach zwei Jahren im Orbit bereits
erfüllt. TUGSAT-1 ist Teil der BRITE-Mission, die fünf Nanosatelliten aus Österreich, Polen und
Kanada umfasst und sich als weltweit erste Nanosatellitenkonstellation einer wissenschaftlichen Fragestellung widmet.
Am 25. Februar 2013 war TUGSAT-1 gemeinsam mit seinem Wiener Schwestersatelliten UniBRITE mit einer indischen Rakete
gestartet, um Daten über Helligkeitsschwankungen bestimmter Sternbilder zu sammeln. Der Grazer Satellit wurde
als erstes von der Trägerrakete losgelöst und ist damit der erste rot-weiß-rote Satellit im All.
„Die wissenschaftlichen Anforderungen an die Mission sind bereits erfüllt. Das Ziel war, TUGSAT-1 zwei Jahre
als Datensammler und -lieferanten im Orbit zu betreiben. Nach derzeitigem Stand werden es vier Jahre. Danach wird
uns die Auswertung der wertvollen Daten auf Trab halten“, ist Otto Koudelka zufrieden.
Von Orion bis Centaurus
Im Fokus der BRITE-Mission, BRITE steht für „Bright Target Explorer“, stehen massereiche Sterne. Diese etwa
300 sehr hellen Sterne sind von der Erde aus mit freiem Auge sichtbar, bislang aber ein noch zu weiten Teilen ungelöstes
Rätsel. „Das feine Pulsieren der Sterne erlaubt Rückschlüsse auf ihren Aufbau, ihre chemische Zusammensetzung
und ihr Alter. Nach vollständiger Auswertung der Messergebnisse erwarten wir uns neue Erkenntnisse über
die Rotation und die inneren chemischen Vorgänge der leuchtenden Himmelskörper, um die Theorien über
die Entstehung dieser Sterne und letztlich unseres Universums zu verbessern“, erläutert Otto Koudelka. Plangemäß
hat TUGSAT-1 bisher die Helligkeitsschwankungen der Sternfelder Orion, Centaurus und Perseus aufgezeichnet; aktuell
ist Vela Pupis im Visier.
Studierende mit Schlüsselrolle
Der wissenschaftliche Nachwuchs spielt im Team rund um Otto Koudelka eine entscheidende Rolle. Aus der TUGSAT-1
Mission sind an der TU Graz schon bisher drei Dissertationen, acht Masterarbeiten und zahlreiche detaillierte wissenschaftliche
Publikationen hervorgegangen. Auch beim Folgeprojekt OPS-SAT sind Studierende in alle Phasen – von der Konzeption
und dem Bau über den Test bis zum Betrieb der Satelliten – intensiv eingebunden und spielen im Management
der komplexen Weltraumprojekte eine unverzichtbare Rolle. Manuela Unterberger, Doktorandin am Institut für
Kommunikationsnetze und Satellitenkommunikation der TU Graz, war bereits bei der im Jänner 2014 abgeschlossenen
Designstudie zu OPS-SAT mit an Bord. Gemeinsam mit weiteren Nachwuchs-Forscherinnen und -Forschern der TU Graz
ist sie Teil des OPS-SAT-Kernteams, das für das Gesamtdesign der Mission, die Projektkoordination und den
Prozessor an Bord von OPS-SAT verantwortlich ist. Schon im Vorgängerprojekt TUGSAT-1 war Manuela Unterberger
mittendrin statt nur dabei, anfangs als Diplomandin, später auch im Zuge ihrer Dissertation. „Ich habe TUGSAT-1
von den ersten Tests bei uns am Institut bis zum Start vor Ort in Indien betreut. Besonders in der wochenlangen,
sehr heiklen Kommissionierungsphase nach dem Start habe ich die ein oder andere Nachtschicht im Kontrollzentrum
unserer Bodenstation verbracht“, schmunzelt die Wissenschafterin. „Dieses ‚Baby‘ haben wir erfolgreich großgezogen,
und ich freue mich sehr, dass es mit OPS-SAT nun eine Nummer größer und internationaler weiter geht.
Es ist schon sehr besonders, bereits als Doktorandin derart intensiv in internationale Satellitenprojekte eingebunden
zu sein und seine Arbeit tatsächlich im Weltraum zu wissen“.
Nanosatelliten boomen international
Die Kosten des BRITE Austria-Beitrags belaufen sich seit 2006 auf 2,2 Millionen Euro, geteilt zwischen der TU Graz
und der Uni Wien, die mit UniBRITE ebenfalls einen Nanosatelliten im All hat. Otto Koudelka veranschaulicht: „Eine
klassische Satellitenmission schlägt mit mehreren 100 Millionen Euro zu Buche, eine Nanosatellitenmission
wie BRITE ist deutlich kostengünstiger und auch rascher umsetzbar“. Das ist mit ein Grund, warum der internationale
Nanosatellitenmarkt derzeit boomt: Die Industrie und Weltraumagenturen wie die NASA, die ESA oder die japanische
JAXA, sind ebenso wie Forschungsinstitutionen hoch aktiv am Kleinsatellitensektor. Mehr als 200 Nanosatelliten
sind bereits gestartet, bis 2020 werden rund 2000 weitere folgen. „Bisher fanden Nanosatelliten ‚nur‘ in der Ausbildung
von Studierenden Anwendung. In den vergangenen Jahren gab es einen deutlichen Paradigmenwechsel in der Weltraumbranche:
Sie hat nicht zuletzt dank der BRITE-Mission erkannt, dass Kleinsatelliten eine interessante Möglichkeit sind,
rasch und kostengünstig neue Technologien und Verfahren im All zu testen“, folgert Koudelka. Das BMVIT hat
einen Ideenwettbewerb zur Entwicklung eines neuen Nanosatelliten gestartet. Das beste Projekt wird vom BMVIT die
Entwicklung, den Bau und den Start des Satelliten finanziert bekommen. „Damit wollen wir einerseits Kooperationen
zwischen Universitäten, Fachhochschulen und unseren Weltraumunternehmen fördern und andererseits die
Kreativität des österreichischen Forschungsnachwuchses anregen und damit auch die Innovationskraft stärken“,
so Weltraumminister Stöger, dem die Förderung junger Forscherinnen und Forscher besonders am Herzen liegt.
„Schließlich braucht Österreich auch in Zukunft exzellente Köpfe in der Forschung um sich in der
Spitzengruppe der Forschungsnationen behaupten zu können“, betont Stöger den Ausbildungseffekt des Ideenwettbewerbs.
Gleich zwei der fünf „Fields of Expertise“ genannten Forschungsschwerpunkte der TU Graz finden sich in den
Projekten OPS-SAT und TUGSAT-1- Projekt vereint: Information, Communication & Computing und Mobility &
Production.
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