Wien (tu) - An der TU Wien werden in Bioreaktoren spezielle Mikroorganismen kultiviert, mit denen man aus Abwasser
wertvolle Substanzen produzieren kann. Auf der Hannover Messe 2015 wird die neue Technologie nun präsentiert.
Auf den ersten Blick sieht der Inhalt der Bioreaktoren an der TU Wien nicht unbedingt aus wie eine wertvolle Rohstoffquelle.
Prof. Christoph Herwig arbeitet mit dem, was andere normalerweise loswerden wollen. Aus industriellem Abwasser
gelingt es ihm am Institut für Verfahrenstechnik, Umwelttechnik und technische Biowissenschaften der TU Wien,
wertvolle Substanzen herzustellen – etwa Carotinoide, Biokunststoffe oder sogar Produkte für die pharmazeutische
Industrie.
Entscheidend sind dabei ganz bestimmte Mikroorganismen: Sogenannte Halophile, die sich unter extremen Bedingungen
besonders wohlfühlen. Sie gedeihen bei sehr hohen Salzkonzentrationen, bei denen andere Lebewesen absterben
würden.
Nicht in die Kläranlage, sondern in die Bioraffinerie
In Zukunft wird es Bioraffinerien geben, die über ein komplexes System biochemischer Prozesse viele verschiedene
Produkte liefern – ähnlich wie in Erdölraffinerien heute das Rohöl in viele unterschiedliche Inhaltsstoffe
aufgeteilt und weiterverarbeitet wird. Die biochemischen Prozesse in der Bioraffinerie sind allerdings deutlich
komplizierter.
Lange Zeit hat man solche Vorgänge bloß über Versuch und Irrtum verbessert, an der TU Wien geht
man allerdings einen anderen Weg: „Für uns ist es entscheidend, die physiologischen Prozesse in unseren Bioreaktoren
auf mechanistische Weise zu verstehen“, sagt Christoph Herwig. „Wenn man genau sagen kann, wie die Wirkungsmechanismen
ineinandergreifen, kann man den Prozess viel besser weiterentwickeln und für die industrielle Produktion nutzbar
machen.“ Außerdem lässt sich durch ein vollständiges Verständnis der biochemischen Abläufe
auch rasch erkennen, wenn irgendwelche Probleme auftreten. Die Zellaktivität kann jederzeit beobachtet werden.
Die extrem halophilen Mikroorganismen, die an der TU Wien eingesetzt werden, eignen sich für ein weites Spektrum
an industriellen Abwässern mit pH-Werten von 5 bis 11 und Salzfrachten bis zu 25% Gewichtsanteil und brauchen
dabei nicht einmal sterile Rahmenbedingungen. Mehr als 95% der organischen Inhaltsstoffe des Abwassers können
durch die an der TU Wien optimierten Prozesse in Wertstoffe umgewandelt werden.
Vom Plastik bis zum Krebsmedikament
„Die extremen Halophilen produzieren wertvolle Carotinoide, die in vielen verschiedenen Bereichen Anwendung
finden – vom Lebensmittelfarbstoff bis hin zu Antikrebsmitteln“, sagt Christoph Herwig. „Außerdem liefern
sie Polyhydroxybuttersäure, ein biologisch abbaubares Polymer, mit ähnlichen Eigenschaften wie Kunststoff,
der heute aus Erdöl hergestellt wird.“
Die Prozesse, die im Labor entwickelt wurden, lassen sich recht einfach auf industriellen Maßstab hochskalieren
– man kann das System jederzeit in bestehende Industrielagen einbauen und damit Kreisläufe von chemischen
Prozessen erzielen. Prof. Christoph Herwig und sein Team präsentieren ihre „Waste-to-Value“-Technologie vom
13. bis 17. April bei der Hannover Messe 2015 (Stand der TU Wien, Halle 13, Stand E10).
Außerdem präsentiert die TU Wien mit ihren Exponaten auf der Hannover Messe weitere 10 einzigartige
und bereits praxiserprobte Technologien in den Themenbereichen „Energie, Wasser, Rohstoffe – Ressourcen von morgen“,
„Energie- und Ressourceneffizienz - für Gebäude, in der Produktion, für rotierende Maschinen“ sowie
„‘Integrated Industry‘ und Ressourceneffizienz.
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