Österreichs Unternehmen beweisen Leadership: Sie machen die mangelnde Strategie in der
Standortpolitik durch verstärkte Eigeninitiative wett
Wien (deloitte) - Der Deloitte.Radar - eine Studie zur Attraktivität des Wirtschaftsstandortes Österreich
wurde heuer zum zweiten Mal erstellt. Das Gesamtergebnis ist besorgniserregend: Der Index über die sieben
bewerteten Standortfaktoren ist von 3,14 im Vorjahr auf 3,00 von fünf Punkten gesunken. Hintergrund ist das
mangelnde Vertrauen der Wirtschaftseliten in die Qualitäten des Standorts. Dieses ist auf die vielen ungelösten
Probleme zurückzuführen, auf die Deloitte schon in der ersten Ausgabe des Radars aufmerksam gemacht hat.
Bernhard Gröhs, Managing Partner von Deloitte Österreich, fordert daher einen breiten Schulterschluss
von Politik, Wirtschaft, Meinungsbildnern und der Bevölkerung, um dafür zu sorgen, dass dem Standort
wieder mehr zugetraut wird.
Negativtrend bei drei von sieben Standortfaktoren
Auch heuer hat Deloitte internationale Studien und Standort-Rankings - etwa den Global Competitiveness Index
des World Economic Forum, den World Competitiveness Index des International Institute for Management Development
oder den Better Life Index der OECD -analysiert. Das Ergebnis: Der Abwärtstrend hält weiter an. Während
Österreich 2011 noch in allen relevanten Standort-Rankings unter den Top 20 rangierte, ist dies 2014 nur mehr
bei zwei der fünf Indizes der Fall.
Die Resultate aus den internationalen Rankings wurden mit eigenen Studien sowie der Erfahrung aus der Beratungsarbeit
für 5.000 Kunden aus allen Branchen zusammengeführt und für die Bewertung von sieben relevanten
Standortfaktoren herangezogen. Positiv schneidet Österreich derzeit noch in den Bereichen Innovation, Forschung
und Technologie (4 von 5 Punkten), Unternehmensinfrastruktur und Umfeld (4 von 5 Punkten) sowie Lebensqualität
(5 von 5 Punkten) ab. Das Gesamtergebnis spricht aber eine klare Sprache. Bei der "Verfügbarkeit von
Arbeitskräften" sehen die Experten aufgrund des ausgeprägten Fachkräftemangels, einer steigenden
Jugendarbeitslosigkeit und der nicht ausreichenden Beteiligung von Frauen und älteren Erwerbstätigen
eine deutliche Verschlechterung. Problematisch werden auch die Staatsverschuldung, die hohe Abgabenquote, der Reformstau
und die Zurückhaltung bei zukunftsweisenden Investitionen bewertet. Wenn der derzeitige Trend anhält,
ist somit auch im "Politischen und Makroökonomischen Umfeld" sowie in der "Lebensqualität"
mit einer negativen Entwicklung zu rechnen. "Österreich hat noch alle Voraussetzungen, um in der Oberliga
mitzuspielen. Wenn wir uns mit dem Mittelmaß zufrieden geben und verwalten statt gestalten, kann uns aber
auch ein weiterer Abstieg passieren", meint Univ.-Prof. Josef Schuch, Partner Deloitte Österreich.
Unternehmen und Zivilgesellschaft leisten ihren Beitrag
"Wir fordern seit Jahren einen wirtschaftspolitischen Masterplan für unser Land. Der Staat muss effizienter
werden und deutlich mehr in die Zukunft investieren. Damit meinen wir nicht nur verbesserte Rahmenbedingungen für
die Wirtschaft, sondern auch die Förderung eines Mindsets, das durch Eigeninitiative und unternehmerisches
Denken gekennzeichnet ist - mehr Leadership im öffentlichen Bereich", so Bernhard Gröhs. Während
es andere Länder verstanden haben, mit den durch Globalisierung und Digitalisierung geänderten Bedingungen
umzugehen, hat Österreichs Standortpolitik unübersehbaren Nachholbedarf, der weit über eine Steuerreform
und die dringend nötige Senkung der Abgabenquote hinausgeht. Viele große Reformthemen - von der Bildung
bis zur Verwaltung - werden nicht angegangen, weil sich die Verantwortlichen in ideologischen Positionen einzementiert
haben. "Gleichzeitig arbeiten viele österreichische Unternehmen und zivilgesellschaftliche Initiativen
jeden Tag an der Zukunft. Und wir sehen am Beispiel überaus erfolgreicher österreichischer Start-ups,
dass es insbesondere darauf ankommt, sich selbst etwas zuzutrauen und Initiative zu zeigen. Solange es keinen Masterplan
gibt, können wir nur mit gezielten Einzelmaßnahmen einen Beitrag leisten", so Gröhs.
Wandel beginnt in den Köpfen der Menschen
"Angesichts der steigendenden Arbeitslosigkeit und des Mangels an topqualifizierten Arbeitskräften
kommt der Bildung mehr Bedeutung zu denn je. Es gibt eine Vielzahl privater Initiativen, die vorzeigen, was möglich
ist, aber sie alleine können das Manko nicht ausgleichen", so Dr. Gundi Wentner, Partnerin Deloitte Österreich.
"Eine Bildungsreform, die diesen Namen auch verdient, setzt nicht nur bei formalen Qualifikationen an, die
die Menschen heutzutage brauchen, sondern vermittelt auch das Zutrauen in die eigenen Fähigkeiten und das
Wissen, Dinge gestalten zu können." Neben einem Bildungssystem, das auf lebenslanges Lernen ausgelegt
ist, braucht es eine offene Kultur, die Diversity fördert, die älteren und jungen Arbeitnehmern attraktive
Jobmodelle bietet und Österreich international als Land positioniert, das qualifizierte Arbeitskräfte
und Investoren aus dem Ausland anzieht.
Drei Kernelemente der Trendwende
"Der von Deloitte im Vorjahr geforderte Reset ist möglich, aber wir dürfen nicht mehr lange
warten. Dabei kommt es auf drei Dinge an: Das schon angesprochene Mindset für unternehmerisches Denken und
Handeln, Innovationsgeist sowie die entsprechende Aus- und Weiterbildung. Als eines der größten Beratungsunternehmen
des Landes will Deloitte eine Rolle als Impulsgeber wahrnehmen, der sein Know-how einbringt, positive Beispiele
vor den Vorhang holt und zur Nachahmung empfiehlt. "Wir werden den Schulterschluss mit allen suchen, die das
mittragen", stellt Gröhs abschließend fest.
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