Lehrlingsparlament hat Premiere im Hohen Haus
Wien (pk) - Vor knapp 100 Lehrlingen aus ganz Österreich eröffnete Nationalratspräsidentin
Doris Bures am 04.03. im Sitzungssaal des Nationalrats das Lehrlingsparlament. "Demokratie lebt von jungen
Menschen, die mitgestalten wollen", so Bures. Daher sei es wichtig, neben SchülerInnen auch Lehrlingen,
"die mit beiden Beinen im Berufsleben stehen", die Möglichkeit zu geben, in direkten Kontakt mit
der Politik zu treten. "Politik hat mit dem Leben von uns allen zu tun", betonte die Präsidentin.
In den kommenden zwei Tagen werden die TeilnehmerInnen am Lehrlingsparlament die Gelegenheit haben, hinter die
Kulissen der Gesetzgebung zu blicken, mit 'echten' Abgeordneten zu diskutieren und sich eigene Meinungen zu bilden.
Wichtig in einer modernen und lebendigen Demokratie sei allerdings, auch andere Haltungen zuzulassen, um letztendlich
einen guten Kompromiss zu finden – das würden die Jugendlichen bei ihrer parlamentarischen Arbeit ebenfalls
erkennen, war Bures überzeugt.
Im Lehrlingsparlament von 4. bis 5. März haben Lehrlinge erstmals die Gelegenheit, den Gesetzgebungsprozess
aus dem Blickwinkel von Abgeordneten zu betrachten. Eigenständig finden sich die TeilnehmerInnen in vier Klubs
zusammen, in denen sie Positionen zu einer fiktiven Gesetzesvorlage ausarbeiten. "Regelungen für die
Lehrlingsausbildung im Betrieb" ist das Thema der Klub- und Ausschussdebatten am morgigen Sitzungstag des
Lehrlingsparlaments. Die Lehrlinge werden dabei ihre Standpunkte argumentieren, Sichtweisen austauschen und an
Kompromissen feilen. In der Plenarsitzung am Ende des Parlamentstages zeigt sich dann, ob die Jugendlichen eine
beschlussfähige Mehrheit für ihr Gesetz ausverhandeln konnten.
Meldungen auf Facebook http://www.facebook.com/ParlamentWien
und Twitter https://twitter.com/oeparl begleiten den Sitzungstag
außerdem.
Zur Vorbereitung auf ihre Diskussionen erhalten die Lehrlinge heute noch eine Themeneinführung von Günther
Zauner, Lehrlingsexperte der Arbeiterkammer, und Peter Zeitler, der in der Wirtschaftskammer mit Fragen der Berufsausbildung
befasst ist. Über die formalen Abläufe im Gesetzgebungsprozess informieren MitarbeiterInnen der Parlamentsdirektion.
Bei der Bearbeitung der Gesetzesvorlage unterstützen zudem Abgeordnete aller Parlamentsparteien morgen die
JungparlamentarierInnen. Von den Fraktionen als HelferInnen im Lehrlingsparlament nominiert wurden Cornelia Ecker,
SPÖ; Asdin El Habbassi, ÖVP; Petra Steger, FPÖ; Julian Schmid, Grüne; Rouven Ertlschweiger,
Team Stronach und Josef Schellhorn, NEOS.
Die TeilnehmerInnen am aktuellen Lehrlingsparlament decken vom Maurer bis zur Elektrotechnikerin eine breite Palette
an Lehrberufen ab und kommen aus zehn Betrieben mit sehr unterschiedlichen Geschäftsfeldern: A1, dm, Kapsch,
ÖBB, REWE, Siemens, Spar, STRABAG AG, voestalpine, Wiener Linien.
Neben dem Lehrlingsparlament ist ab Herbst in der Demokratiewerkstatt des Parlaments mit einem eigenen Modul für
Lehrlinge ein weiteres maßgeschneidertes Angebot an politischer Bildung geplant.
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Thema Berufsausbildung - Lehrlinge in der Rolle von Abgeordneten
Dass Jugendliche im Sitzungssaal des Nationalrats als "Abgeordnete" politisch debattieren, ist im
Hohen Haus nichts Neues – immerhin tagt das "Jugendparlament" zweimal jährlich. Es war dennoch eine
Premiere, als 100 junge Menschen das Plenum in der Absicht betraten, hier das Wort zu ergreifen, denn es handelte
sich um Mitglieder des ersten "Lehrlingsparlaments". Willkommen geheißen wurden die Lehrlinge,
die in Drogerien, Büros, Werkstätten oder Baustellen von Firmen in ganz Österreich unterschiedliche
Berufe erlernen, von Bundesratspräsidentin Sonja Zwazl. "Es ist ein positives Signal für die Zukunft,
wenn junge Menschen das Zentrum der Demokratie kennenlernen, wo Gesetze für alle beschlossen werden, hier
ihre Ideen einbringen und erleben können, wie man gemeinsam politische Lösungen findet", sagte die
Bundesratspräsidentin und dankte Nationalratspräsidentin Doris Bures ausdrücklich für deren
Initiative zum ersten Lehrlingsparlament in Österreich.
Demokratie braucht Ideen und Gestaltungswillen junger Menschen
Die Betriebe brauchen gut ausgebildete Fachkräfte, sagte Bundesratspräsidentin Zwazl, von Beruf selbst
Unternehmerin, und brach eine Lanze für die Lehre, die durch die Verbindung von theoretischer Ausbildung in
der Berufsschule und dem Praxiserwerb im Betrieb zu einem internationalen Erfolgsmodell wurde. Die serienweisen
Top-Positionen österreichischer Jugendlicher bei Berufs-Europameisterschaften zeigten dies deutlich, sagte
Sonja Zwazl.
Lehrlinge sind die künftigen Stützen der Wirtschaft, aber auch ihr politisches Engagement sei gefordert,
denn die Politik braucht die Bereitschaft junger Menschen, Verantwortung zu übernehmen, sagte Zwazl und rief
die Mitglieder des ersten Lehrlingsparlaments in Österreich dazu auf, Ideen einzubringen und Gestaltungswillen
zu zeigen. "Davon lebt unsere Demokratie".
Lehrlinge arbeiten als ParlamentarierInnen
Seit gestern bereiten sich die Lehrlinge auf ihren großen Auftritt am politischen Parkett vor. Ihr Thema,
Regeln für den Umgang zwischen AusbilderInnen und Lehrlingen, ist ebenso lebensnah wie aktuell und die Lehrlinge
arbeiten daran wie wirkliche ParlamentarierInnen. Betriebe mit Lehrlingen sollen Leitfäden für den Schutz
ihrer Lehrlinge vor Gewalt und Belästigung und für die Pflichten der Lehrlinge beim Wissenserwerb, bei
der Erfüllung ihrer Aufgaben, bei der Wahrung von Geschäfts- und Betriebsgeheimnissen und für ihr
Verhalten im Betrieb erstellen. Da die geltenden Bestimmungen über Pflichten der Lehrberechtigten und Lehrlinge
bereits aus dem Jahr 1978 stammen, sei ein neues "Ausbildungskodex-Gesetz" notwendig. Denn in den letzten
dreißig Jahren hat sich in der Lehrausbildung vieles verändert, vor allem haben die Anforderungen an
AusbildnerInnen und Lehrlinge stark zugenommen.
Unmittelbar nach der Begrüßung versammelten sich die jugendlichen "Abgeordneten" in ihren
"Klubs", um dort Positionen für einen Gesetzesvorschlag zu erarbeiten. Diese Positionen werden hierauf
– ganz geschäftsordnungsmäßig - in Ausschüssen mit dem Ziel debattiert, eine mehrheitsfähige
Empfehlung für die am Nachmittag stattfindende Plenarsitzung zu finden. Wie jedes Parlament der Welt wird
auch das "Lehrlingsparlament" von Experten unterstützt: Bei Fragen des Verhandlungsablaufs und parlamentarischer
Instrumente stehen den Lehrlingen BeamtInnen der Parlamentsdirektion zur Seite. Inhaltlich werden sie von Fachleuten
aus der Wirtschafts- und der Arbeiterkammer beraten. Als Berater aus der politischen Praxis stehen den jungen Leute
die Nationalratsabgeordneten Cornelia Ecker (SPÖ), Asdin El-Habbassi (ÖVP), Petra Steger (FPÖ),
Julian Schmied (Grüne), Rouven Ertlschweiger (Team Stronach) und Sepp Schellhorn (NEOS) mit Rat und Tat zur
Seite.
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