Nationalratspräsidentin Doris Bures präsentiert Lehrlingsoffensive mit eigenem Lehrlingsparlament
und erweiterter Demokratiewerkstatt
Wien (pk) - Nationalratspräsidentin Doris Bures wird das Angebot an politischer Bildung im Parlament
mit einem maßgeschneiderten Programm für Lehrlinge erweitern. "Niemand wird als Demokratin oder
Demokrat geboren. Die Fähigkeit zu demokratischem Verhalten muss erlernt und die Bereitschaft zur politischen
Teilhabe gefördert werden", so die Nationalratspräsidentin. Die zwei Säulen der neuen Lehrlingsoffensive
sind ein eigenes Lehrlingsparlament, das bereits am 04. und 05.03. das erste Mal tagen wird. Außerdem soll
es ab Herbst in der Demokratiewerkstatt des Parlaments ein eigenes Lehrlingsmodul geben.
In Österreich beginnen knapp 40 % aller Jugendlichen nach Vollendung der 9-jährigen Schulpflicht eine
Lehrausbildung (2014: 38,8%). Insgesamt werden in knapp 32.000 Lehrbetrieben (bzw. überbetrieblichen Lehrwerkstätten)
rund 115.000 Lehrlinge ausgebildet. 34,1 Prozent von ihnen sind weiblich. Doris Bures: "Das ist eine große
und wichtige Zielgruppe, die von den hervorragenden Angeboten zur politischen Bildung im Parlament bisher zu wenig
profitierte."
Erstes Lehrlingsparlament am 4./5. März
Für Lehrlinge im Alter von 15 bis 24 Jahren gibt es künftig ein maßgeschneidertes Angebot an politischer
Bildung. Bei der Konzeption der Lehrlingsoffensive standen dem Parlament zwei wichtige Einrichtungen mit ihrer
hohen Jugend-Expertise zur Seite: Zum einen die Bundesjugendvertretung als gesetzlich verankerte Interessenvertretung
für junge Menschen (bis 30 Jahre) in Österreich. Sie hat in Jugendfragen sozialpartnerschaftlichen Status
und ist der Dachverband für 52 Kinder- und Jugendorganisationen, deren Schwerpunkte unter anderem Bildung,
Ausbildung, Partizipation und Politische Bildung sind. Zum anderen die Gewerkschaftsjugend als größte
politische Jugendorganisation Österreichs. Sie ist in der Bundesjugendvertretung organisiert und vertritt
im Besonderen die Rechte und Interessen von Lehrlingen in der beruflichen Ausbildung.
Den Auftakt bildet das erste Lehrlingsparlament am 4. und 5. März 2015. Als Kooperationspartner konnte das
Parlament zehn Betriebe, die zu den größten Lehrausbildern Österreichs zählen, gewinnen: A1
Telekom Austria AG, dm drogerie markt, Kapsch AG, ÖBB-Infrastruktur AG, REWE International AG, Siemens AG
Österreich, Spar Österreichische Warenhandels-AG, STRABAG AG, voestalpine GmbH, Wiener Linien GmbH &
Co KG. Diese Betriebe entsenden die insgesamt 96 Lehrlinge (52 männlich, 44 weiblich) aus ganz Österreich,
die am ersten Lehrlingsparlament teilnehmen und dafür auch dienstfrei gestellt werden.
Beim Lehrlingsparlament schlüpfen die Jugendlichen für zwei Tage in die Rolle von Abgeordneten und lernen
den Gesetzgebungsprozess analog zur Realität kennen. Wie im realen parlamentarischen Leben schließen
sich Jugendliche zu Klubs zusammen, erarbeiten eine Position zu einem vorliegenden (fiktiven) Gesetzesvorschlag
und bestimmen, welche Personen den jeweiligen Klub in den Ausschussberatungen vertreten. In der anschließenden
Ausschusssitzung gilt es, mit den VertreterInnen der anderen Klubs eine Position zu finden, der die Mehrheit aller
Jung-Abgeordneten in der anschließenden Plenarsitzung zustimmen kann.
Bei ihrer Arbeit stehen den Jugendlichen Abgeordnete zum Nationalrat, ThemenexpertInnen sowie MitarbeiterInnen
der Parlamentsdirektion zur Seite. Beim ersten Lehrlingsparlament erhalten die Jugendlichen Unterstützung
durch die Abgeordneten Cornelia Ecker (SPÖ), Asdin El Habbassi (ÖVP), Petra Steger (FPÖ), Julian
Schmid (Grüne), Rouven Ertlschweiger (Team Stronach) und Josef Schellhorn (NEOS). Als Themenexperten fungieren
Lisa Sinowatz (AK) und Peter Zeitler (WKO).
Das Lehrlingsparlament wird vom Kinderbüro der Universität Wien, das seit vielen Jahren mit großem
Erfolg bei den Jugendparlamenten des Parlaments aktiv ist, organisiert.
Sascha Ernszt (Bundesvorsitzender Gewerkschaftsjugend): "Es ist bedauerlich, dass sehr viele Jugendliche ihr
Wahlrecht nicht wahrnehmen, darunter überdurchschnittlich viele Lehrlinge. Das Lehrlingsparlament ist daher
dringend notwendig, um auch Lehrlinge für Demokratie zu begeistern, um ihnen zu zeigen, wie politische Meinungen
im Parlament vertreten werden, wie Gesetze entstehen, kurz: wie Politik funktioniert."
Lehrlingsmodul in der Demokratiewerkstatt
Ab Herbst wird es in der Demokratiewerkstatt des Parlaments zudem ein eigenes Lehrlingsmodul geben. Die konkrete
Ausgestaltung wird in den nächsten Monaten in Kooperation mit der Bundesjugendvertretung erarbeitet. Wichtig
dabei ist, dass das Bildungsangebot unmittelbar an die reale Erfahrungswelt der Lehrlinge anknüpft. Im Wesentlichen
wird es darum gehen, Interesse an Politik zu wecken und Lust auf Beteiligung an demokratischen Prozessen zu machen,
Mut zur eigenen Urteilsbildung zu geben und das Selbstbewusstsein zu stärken. Zudem sollen die Jugendlichen
die Kompetenz erlangen, sich relevante Informationen zu beschaffen. Nationalratspräsidentin Bures: "Wir
wollen die Köpfe und Herzen der jungen Leute erreichen und sie für Politik und unsere Demokratie begeistern."
Laura Schoch (Vorsitzende Bundesjugendvertretung): "Mit der Wahlaltersenkung hat Österreich einen wichtigen
Schritt gesetzt. Jetzt geht es darum, jungen Menschen so früh wie möglich ihre Teilhabemöglichkeiten
aufzuzeigen. Unsere Aktivitäten zeigen immer wieder, dass vom Dialog zwischen Jugend und Politik beide Seiten
profitieren. Das Vorurteil, Jugendliche seien politikverdrossen, lässt sich in der Praxis jedenfalls sehr
schnell widerlegen", so Schoch.
Hintergrund: Studien zeigen Handlungsbedarf auf
Laut den Ergebnissen einer Studie der Universität Wien ("Wählen mit 16 bei der Nationalratswahl
2013") aus dem Jahr 2013 liegt die Wahlbeteiligung von ErstwählerInnen bzw. jungen WählerInnen deutlich
unter der Gesamtwahlbeteiligung. Nur 63 Prozent der 16- und 17-Jährigen und nur 59 Prozent der 18 – 20-Jährigen
gaben an, an der letzten Nationalratswahl teilgenommen zu haben. Zudem zeigt sich eine Kluft zwischen SchülerInnen
und Lehrlingen in Bezug auf politisches Wissen, politisches Interesse und Wahlbeteiligung. Nationalratspräsidentin
Bures: "Wer nicht mitbestimmt, über den bestimmen andere. Demokratische Mitbestimmung darf keine Frage
der Schulbildung sein. Daher ist es wichtig, Lehrlinge stärker in den Fokus politischer Bildung zu rücken!"
Aber auch andere Studienergebnisse lassen es ratsam erscheinen, junge Menschen frühzeitig mit der Demokratie
vertraut zu machen: Eine noch unveröffentlichte SORA-Studie ("Das Image von Politik in Österreich")
im Auftrag des Parlaments aus dem Jahr 2014 zeigt: Demokratische Werte sind in Österreich gut verankert. Aber:
Jeder 10. zweifelt, dass Demokratie die beste Regierungsform ist und jeder 4. kann einem starken Führer, der
sich nicht um Parlament oder Wahlen kümmern muss, etwas Positives abgewinnen.
Das bisherige Angebot an politischer Bildung im Parlament
Die Demokratiewerkstatt bietet täglich
4-stündige Workshops für 8- bis 14-Jährige. SchülerInnen lernen in 6 Werkstätten (Politik,
Medien, ParlamentarierInnen, Zeitreise, Europa, Partizipation) spielerisch, wie Demokratie funktioniert. An der
Demokratiewerkstatt haben seit 2007 ca. 72.700 Kinder und Jugendliche teilgenommen. Die Demokratiewerkstatt ist
österreichweit (OÖ, Tirol, KTN) und international Vorbild (Kosovo, Montenegro). Kooperationspartner:
Müllers Freunde.
Jugendparlamente (www.reininsparlament.at): zwei Mal im Jahr, SchülerInnen der 9. Schulstufe (15-Jährige),
bundesländerweise (verknüpft mit Vorsitzführung Bundesrat; Kooperationspartner Kinderbüro der
Uni Wien). Seit dem Start der Jugendparlamente 2008 wurden davon 14 (2x im Jahr) mit insgesamt 1.216 TeilnehmerInnen
abgehalten. Kinder- und Jugendführungen: (6- bis 18-Jährige), täglich.
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