Parlamentarische Bundesheerkommission legt Jahresbericht 2014 vor
Wien (pk) – Die angespannte Stimmung im Bundesheer schlägt sich auch im Beschwerdeaufkommen nieder.
So stieg, wie aus dem aktuellen Jahresbericht der Parlamentarischen Bundesheerkommission hervorgeht, die Zahl der
Beschwerden von 384 im Jahr 2013 auf 502 im Jahr 2014. Von einem Jahr der Ungewissheit für all jene Mitarbeiterinnen
und Mitarbeiter im Bundesheer, die trotz Reduzierung finanzieller Mittel ihre Aufträge und Einsätze bestmöglich
erfüllen, sprechen die für den Berichtszeitraum verantwortlichen Vorsitzenden der Kommission, Anton Gaal,
Walter Seledec und Paul Kiss im Vorwort des Papiers. Die Unsicherheit, wo und mit welcher Aufgabe sie künftig
ihren Platz finden würden, sei latent bemerkbar und verursache spürbare Enttäuschung und Unzufriedenheit,
umschreibt das Präsidium dabei die Situation. Es sei ein Gebot der Stunde, die an vielen Kasernenstandorten
vernachlässigte Infrastruktur zu erneuern und die Mängel bei Ausrüstung und insbesondere bei der
Fahrzeugausstattung zu beheben, dazu bedürfe es mehr als bloße Bekenntnisse, mahnen die drei Vorsitzenden.
79 % der Beschwerden berechtigt
Im Jahr 2014 leitete die Kommission insgesamt 502 Beschwerdeverfahren ein, 18 Verfahren waren davon amtswegige
Überprüfungen. 79 % der Beschwerden wurde Berechtigung zuerkannt. Die Beschwerdegründe bezogen sich
vor allem auf fehlerhaftes, unfürsorgliches Verhalten von Ranghöheren, auf Angelegenheiten des Ausbildungs-
und Dienstbetriebes, auf Personalangelegenheiten, mangelnde Infrastruktur und schlechte Unterkünfte sowie
auf Ausrüstungsmängel.
Im Einzelnen wurden 83 Beschwerden im Zusammenhang mit Beschimpfungen oder unangebrachten Ausdrucksweisen eingebracht,
acht Beschwerden erfolgten wegen unzureichender militärärztlicher Betreuung. 35 Beschwerden hatten Missstände
im Auslandseinsatz zum Gegenstand, 24 Beschwerden wurden in einer besoldungsrechtlichen Angelegenheit seitens des
Ressorts Rechnung getragen. 36 Beschwerden betrafen Missstände bei Unterkunft und Infrastruktur, in 158 Fällen
war die Verpflegungsversorgung Grund für eine Beschwerde.
Kein Pardon für schlechten Umgangston
Die Bedeutung der Arbeit der Kommission lässt sich aber auch aus einer Vielzahl von Fällen ablesen, die
jeweils Konsequenzen nach sich gezogen haben. So machen disziplinäre Maßnahmen als Folge von Beschwerden
über den Umgangston einmal mehr deutlich, dass unflätige und beleidigende Ausdrücke wie "Vollkoffer",
"Rotzpipn" oder "Schwuchtel" in der Kommunikation zwischen Ausbilder und Rekrut nichts verloren
haben. Disziplinär bestraft wurde auch ein Ausbilder, der während einer Gefechtsausbildung einen Grundwehrdiener
mit gezücktem Messer darauf hinwies, er könne ihn mit diesem Messer nicht erstechen, weil sein Name darauf
stehe, aber mit einem Grashalm könne er ihn aufgrund seiner Ausbildung umbringen. Ebenfalls nicht folgenlos
blieb die im Rahmen einer Drogentestung erfolgte Aussage eines Offiziers an einen Grundwehrdiener "Kommen's
vom Kunstschnee weg!"
Das Papier dokumentiert aber auch Schikanen bei Truppenübungen. So mussten in einem Fall Grundwehrdiener in
der Mittagspause 600 m zum Speisesaal hinab und nach dem Essen bergauf zurück zum Schießplatz laufen.
Blieben Soldaten zurück, wurde mit dem Zug zurückgelaufen, um sie einzugliedern, oder es waren bis zu
deren Eintreffen Liegestütze zu machen. Etliche Rekruten übergaben sich nach dem Essen beim Bergauflaufen,
ein Rekrut musste durch einen Sanitäter behandelt werden. Der Ausbilder wurde daraufhin disziplinär bestraft,
sein Ausbildungsverhältnis als Person im Ausbildungsdienst wurde nicht verlängert.
Desolate Unterkünfte als "Dauerbrenner"
Wie schon in den vergangenen Jahren, musste die Parlamentarische Bundesheerkommission auch 2014 wieder in zahlreichen
Fällen Mängel bei der Ausstattung der Unterkünfte für die Grundwehrdiener feststellen. So wurden
in einer Kaserne der abgewohnte, defektanfällige Sanitärbereich, fehlendes Warmwasser, tropfende Duschen
und verstopfte WC-Anlagen beanstandet. Bei einer anderen Kaserne äußerte sich der desolate Zustand der
Sanitärräumlichkeiten durch gebrochene Fliesen, fehlenden Verputz sowie offene Urin-Abflussrinnen. In
einem weiteren Fall nimmt die Kommission zum abgewohnten Zustand einer aus dem Jahr 1960 stammenden Kaserne Stellung
und beklagt Schimmelbefall, unzureichende Ausrüstung mit Duschräumen und WC-Anlagen sowie die Unterbringung
von 200 Rekruten in beengten 12-Bett-Zimmern.
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