Gespräche mit Ländern über einheitliches Haushaltsrecht vor Abschluss
Wien (pk) - Im Anschluss an eine mehrstündige Sitzung des Finanzausschusses tagte neben dem Bundesratsplenum
am 12.03. auch der Budgetausschuss. Dort standen jene Ressortberichte zum Budgetvollzug 2014 auf der Tagesordnung,
die der Ausschuss in seiner letzten Sitzung am 19. Februar aus Zeitmangel vertagen musste. Bevor die Abgeordneten
die Debatte über Beteiligungscontrolling, Vorbelastungen, überplanmäßige Ausgaben sowie über
die Entwicklung von Bundeshaftungen und Finanzschulden wieder aufnahmen, diskutierten sie den aktuellen Monatserfolgsbericht
zum Jänner 2015. Dieser zeigt, dass der Bund zwar weiterhin steigende Einnahmen aus der Lohnsteuer erlöst
und bei den Kosten der Staatschuld von historisch niedrigen Zinsen profitiert, zugleich aber rückläufige
Umsatzsteuererlöse und wachsende Ausgaben für die Finanzierung der Arbeitslosigkeit verkraften muss.
Günstige Auswirkungen der niedrigen Zinsen auf den Bundeshaushalt
Über die Jänner-Vollzugsdaten zum Budget 2015, die der Ausschuss als ersten Tagesordnungspunkt behandelte,
informiert die Parlamentskorrespondenz (PK) in ihrer Meldung Nr. 187 vom 3.3.2015. Zudem lagen den Abgeordneten
ausführliche Analysen von Seiten des Parlamentarischen Budgetdienst es vor, deren Gestaltung von den Abgeordneten
gelobt und deren Aussagekraft explizit unterstrichen wurde. Die Finanzschuld des Bundes stieg 2014 um 1,2 % auf
196 Mrd. €, bestand ausschließlich aus Verbindlichkeiten in Euro und liegt in Relation zur Verschuldung des
Gesamtstaates mit 86,8% des BIP deutlich über dem Maastricht-Limit von 60%. Die Nettozinsbelastung stieg 2014
um 4,8 % auf 6,7 Mrd. €, blieb aber um 200 Mio. € unter dem budgetierten Wert.
Warnungen vor negativen Auswirkungen der "EZB-Geldschwemme"
Axel Kassegger (F) warnte angesichts der von der Europäischen Zentralbank ausgelösten Geldschwemme auf
den Finanzmärkten vor der künftigen Zinsentwicklung, sprach von einer falschen Geldpolitik, die als ein
Signal für Schulden statt für Reformen zu verstehen sei und erhebliche Risiken für Österreich
bedeute. In dieselbe Kerbe schlug Kathrin Nachbaur (T), die darüber klagte, das billige Geld würde arbeitende
Menschen und SparerInnen benachteiligen und lediglich die Börsen begünstigen. Besorgt zeigte sich Kassegger
auch wegen explodierender Sozialkosten und der steigenden steuerlichen Belastung der Löhne bei rückläufigen
Umsatzsteuereinnahmen.
Mit den Risiken des Budgetvollzugs im Jahr 2015 befasste sich Bruno Rossmann (G), insbesondere in den Bereichen
Bildung, Inneres, Pensionen, Arbeitsmarkt und Steuereinnahmen. Während die Lohnsteuereinnahmen noch steigen,
entwickelten sich die Verbrauchssteuererlöse schwach, während die Arbeitslosigkeit hohe Finanzierungskosten
nach sich ziehe. Rossmann sah Probleme, die Ziele des Europäischen Stabilitäts- und Wachstumspaktes zu
erreichen und bezifferte die drohende Budgetlücke mit 2 Mrd. €.
Finanzminister Hans Jörg Schelling sprach die Erwartung aus, dass das niedrige Zinsniveau längere Zeit
anhalten werde, was dem Budget nütze. "Der Bund finanziert sich zu historisch niedrigen Zinssätzen",
sagte der Ressortleiter. Die Geschäftsführerin der Österreichischen Bundesfinanzierungsagentur (ÖBFA)
Martha Oberndorfer informierte den Ausschuss darüber, dass die Durchschnittsfinanzierung der gesamten Staatsschuld
mit Stand Februar 2015 bei 3,11 % und die durchschnittliche Laufzeit bei 8,5 Jahren liege. Die ÖBFA nütze
Kündigungsmöglichkeiten zur Nutzung der historisch niedrigen Zinsen, versicherte Oberdorfer.
Die Risiken beim Budgetvollzug 2015 seien ihm bekannt, sagte Minister Schelling, der insbesondere die Pensionen
als Kostentreiber bezeichnete. Der niedrige Wechselkurs des Euro wirke sich günstig auf die Wirtschaft aus,
berichtete der Finanzminister, die Kosten der Arbeitslosigkeit steigen, zugleich verzeichne Österreich aber
nach wie vor Rekordbeschäftigung. Als eines seiner Ziele nannte Schelling eine Reform des Arbeitsmarktes in
Richtung mehr Effizienz. Hinsichtlich der Erreichung eines strukturellen Nulldefizits bestehe ein Auffassungsunterschied
zwischen der EU-Kommission und Österreich: Österreich strebe das Nulldefizit 2016 an, die Kommission
erwarte es bereits für 2015. 2014 liege man mit einem strukturellen Defizit von knapp unter einem Prozent
jedenfalls besser als geplant und beim Mastrichtdefizit unter dem Limit. 2015 werde ein restriktiver Budgetvollzug
wichtig sein. Langfristig sollte Österreich aus der Mittelposition, auf die es im internationalen Budget-Vergleich
zurückgefallen sei, wieder in eine Spitzenposition kommen. Dafür sei es notwendig, Kostentreiber zu identifizieren
und Strukturreformen anzugehen.
Ein strukturelles Nulldefizit strebe er für 2016 an, sagte Schelling, bezifferte den Anteil der Bundesländer
an der Bankenabgabe mit 416 Mio. €, schloss eine Übernahme von Haftungen anderer Gebietskörperschaften
durch den Bund aus und erinnerte daran, dass Kärnten über ein finanzmarktfähiges Rating verfüge.
Einen generellen Plan für Rücklagenentnahmen im Jahr 2015 gebe es derzeit noch nicht, informierte Schelling,
wohl aber regelmäßige Gespräche mit den Ressorts, weil jede Rücklagenentnahme das Defizit
erhöhe.
In einer zweiten Verhandlungsrunde informierte der Finanzminister die Ausschussmitglieder auf Frage von Bruno Rossmann
(G) darüber, dass das Bildungsressort über keine Rücklagen mehr verfüge und er, Schelling,
dort Einsparungen einmahne. Über den 315 Mrd. €-Investitionsplan von Jean-Claude Juncker werde derzeit mit
dem Europäischen Parlament verhandelt. Große Mitgliedsländern wie Deutschland, Frankreich und Italien
tragen zusätzliche Mittel bei. Über Grundlagen der Umsetzung und derzeit noch offene technische Fragen
werde im kommenden Juni und über die Finanzierung einzelner Projekte in der zweiten Jahreshälfte entschieden,
sagte Schelling.
Abgeordnetem Hubert Kuzdas (S), der dafür eintrat, Probleme des Budgetdienstes beim Zugang zu Budgetinformationen
zu lösen, teilte der Minister mit, dass mit dem Budgetdienst eine gute Kooperation bei der Übermittlung
von Daten bestehe. Der Leiter des Budgetdienstes, Helmut Berger, bestätigte dies. Das Ressort unterstütze
den Budgetdienst im Rahmen der Amtshilfe mit Informationen. Für die Evaluierung der Haushaltsrechtsreform
schlug Berger aber dennoch vor, die Übermittlung schriftlicher Informationen - nach internationalem Vorbild
- gesetzlich zu regeln.
Detailberichte aus dem Finanzministerium zum Haushaltsjahr 2014
Außerdem behandelte der Budgetausschuss jene Ressortberichte zum Haushaltsjahr 2014, die der Ausschuss in
seiner letzten Sitzung am 19. Februar aus Zeitmangel vertagte. Auch zu diesen Unterlagen hatte der Parlamentarische
Budgetdienst den Abgeordneten ausführliche Analysen unterbreitet. Zusammenfassungen bieten folgende Meldungen
der Parlamentskorrespondenz (PK): PK-Meldung Nr. 1182 vom 5.12.2014 (Beteiligungs- und Finanzcontrolling, Stand
30.9.2014), Nr. 40 vom 22.1.2015 (Vorbelastungen im 4. Quartal 2014), Nr. 95 vom 7.2.2014 (überplanmäßige
Ausgaben im 4. Quartal 2014), Nr. 75 vom 2.2.2015 (Bundeshaftungen 2014, Finanzschulden und Währungstauschverträge
2014). Die Berichte wurden mit SPÖ-ÖVP-Mehrheit zur Kenntnis genommen, die Unterlage über das Beteiligungs-
und Finanzcontrolling akzeptierten auch die Grünen.
Schelling will über manche Beteiligungen des Bundes nachdenken
Beim Bericht über das Beteiligungs- und Finanzcontrolling registrierte der Budgetdienst Verbesserungen durch
Aufnahme von Informationen über einzelne Unternehmen, regte aber zugleich weitere Verbesserungen an: Abstimmung
der Untergliederungstabellen mit Einzelunternehmen und Erläuterungen über allfällige Abweichungen
oder Korrekturen bei den Vorjahreswerten durch die Eigentümerressorts. Auch sollte das Ressort auf einheitlichere
Qualitätsstandards hinwirken. Bei hohen Risikobeträgen, etwa bei der Bankenhilfe, sollten Veränderungen
näher erläutert werden.
In der Debatte verlangte Abgeordneter Christoph Vavrik (N) durchgehende Informationen darüber, inwiefern Personaloutsourcing
in Beteiligungsunternehmen den Sachaufwand erhöhe. Außerdem wollte Vavrik die Sozialversicherungen und
Aktiengesellschaften in die Berichtspflicht einbeziehen. Weitere Vorschläge zur Verbesserung der Berichtsqualität
unterbreiteten die Abgeordneten Werner Groiß (V) und Bruno Rossmann (G), der in Übereinstimmung mit
dem Budgetdienst Erläuterungen zu Risikobewertungen und einheitliche Qualitätsstandards einmahnte. Für
unproblematisch hielt es Rossmann, wenn in einem erfolgreichen Beteiligungsunternehmen der Personalaufwand zunehme.
Finanzminister Hans Jörg Schelling sagte den Abgeordneten zu, ihre Wünsche bei der Gestaltung der Berichte
zu berücksichtigen und sah sich mit Kathrin Nachbaur (T) darin einig, dass man über die eine oder andere
Beteiligung durchaus nachdenken sollte.
Österreich bei Haftungen an der Spitze Europas
Die Haftungen des Bundes für Kapital betrugen Ende 2014 95,3 Mrd. €, um 6,5 Mrd. € oder 6,4 % weniger
als 2013. Haftungen aus der Förderung des Außenhandels (52,6 Mrd. €) sanken neuerlich um 6,9 % zurück,
jene aus dem Interbankenmarktstärkungsgesetz liefen aus (2013: 3,1 Mrd. €), während Haftungen für
die ÖBB-Infrastruktur (15,2 Mrd. €) und für die Euro-Stabilisierung (9,1 Mrd. €) um 6 % zunahmen.
Aufgrund der aussagekräftigen Analyse des Budgetdienstes, die er ausdrücklich lobte, hielt es der Bruno
Rossmann (G) für bedenklich, dass Österreich bei den Haftungen im europäischen Vergleich an der
Spitze liege, sprach von einer nicht zufriedenstellenden Entwicklung und riet dazu, die Haftungsobergrenzen zu
überdenken. Während Werner Groiß (V) an dieser Stelle internationale Vergleiche problematisierte,
sagte Finanzminister Schelling Gespräche mit den Ländern über Haftungen und Haftungsobergrenzen
zu. Den Abgeordneten Christoph Vavrik (N) und Elmar Podgorschek (F) teilte Schelling mit, dass die Gespräche
über ein einheitliches Haushaltsrecht mit den Bundesländern vor dem Abschluss stünden.
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