Stadt Wien startet Sammlung der Wiener Migrationsgeschichte – Frauenberger: "Aufarbeitung
von wesentlichen Teilen der Geschichte Wiens"
Wien (rk) - "Wie die Geschichte jeder Großstadt, ist auch die Geschichte Wiens entscheidend von
Migration geprägt. Sie ist ein bedeutender Teil unserer Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft. Es ist höchste
Zeit, das auch entsprechend aufzuarbeiten", erklärt die Wiener Integrationsstadträtin Sandra Frauenberger
bei der Präsentation von "Migration sammeln" am 11.03. Das Projekt wurde gemeinsam von Stadt Wien
und Wien Museum ins Leben gerufen. Bis Mitte 2016 soll eine Sammlung von museumsrelevanten Objekten aus der Zeit
seit der Anwerbung von "GastarbeiterInnen" in den 1960er Jahren entstehen. Ziel ist es, ein bedeutendes
Kapitel der jüngeren Geschichte der Stadt aufzuarbeiten und die Lebenszeugnisse einer ganzen Generation von
Wienerinnen zu sichern. "Wien ist eine Stadt der Vielfalt. Mit "Migration sammeln" tragen wir dem
ein weiteres Mal Rechnung und wollen den Beitrag von Migration zum Erfolg Wiens veranschaulichen", so Frauenberger.
Wien Museum als logischer Ort für die Sammlung
Die Organisation der Sammlung wurde von der Wiener Integrations-und Diversitätsabteilung (MA 17) in Zusammenarbeit
mit dem Wien Museum übernommen. "Die Geschichte der Stadt und ihrer Kulturen wird im Wien Museum nicht
als homogenisierter Prozess gesehen. Alltagskultur und ´Geschichte von unten`, stellen seit mehr als zehn
Jahren einen Schwerpunkt des Museums dar" erklärt Wolfgang Kos, Direktor des Wien Museums. Die unterschiedlichsten
Aspekte von Migration spielen immer wieder eine Rolle in den Ausstellungen des Museums. Auch beim Sammeln konzentriert
sich das Museum verstärkt auf Objekte zu und von Teilen der Bevölkerung, die oft noch immer unterrepräsentiert
sind. "Insofern freut es uns sehr, dass mit dem Projekt "Migration sammeln" eine Vertiefung dieser
Sammlungstätigkeit ermöglicht wird, welche die Vielfalt der Stadt Wien widerspiegelt", so Wolfgang
Kos weiter.
Türkischer Tee, Audiokassette, Fotoaufnahmen - Objekte erzählen Geschichten
Für das Konzept und die Durchführung des Projekts wurde mit Arif Akkiliç, Vida Bakondy, Ljubomir
Bratic und Regina Wonisch ein qualifiziertes Team mit vielfältiger Erfahrung beauftragt. Gesammelt werden
Gegenstände und Fotos, die die Migrationsgeschichte widerspiegeln und den Einfluss dieser auf die gesamtgesellschaftliche
Entwicklung der Stadt Wien repräsentieren. Die Stadt ist dabei auf Zusammenarbeit mit unterschiedlichen Personen
und Vereinen sowie sonstigen Strukturen der Zivilgesellschaft angewiesen: "Um die gemeinsame Geschichte der
Wienerinnen und Wiener zu vervollständigen, ist die intensive Zusammenarbeit mit unterschiedlichen Communities
und Vereinen im Sammelprozess unerlässlich", erklärt Vida Bakondy, Projektleiterin von "Migration
sammeln". Zurückgegriffen werden kann dabei auf vielfältige Projekterfahrungen und persönliche
Netzwerke des Projektteams. Geplant sind etwa Formate wie Erzählcafés, in denen es zu einem gegenseitigen
Austausch über Migrationsgeschichten sowie Sammlungsstrategien kommt. Migrationsgeschichte wird im Projekt
als Geschichte eines gesamtgesellschaftlichen Wandels verstanden, der die gesamte Stadt, ihre Bevölkerung
aber auch die Beziehungen zu den Herkunftsländern der MigrantInnen betrifft.
Exemplarisch dafür stehen zwei Objekte, die im Rahmen der Pressekonferenz vorgestellt werden. So wird mit
"Karadeniz", einem türkischen Tee aus Österreich, unter anderem ein Stück Konsumgeschichte
und die Entwicklung migrantischer Ökonomien dargestellt. Der Tee symbolisiert den Wunsch nach in der alten
Heimat üblichen Produkten, gleichzeitig hat er auch die Konsumkultur in der Türkei beeinflusst und ist
mittlerweile ein gern gesehenes Gastgeschenk.
Als weiteres Beispiel dient eine Audiokassette mit jugoslawischen Volksliedern, die von jugoslawischen Banken mit
Filialen in Österreich als Werbegeschenk vergeben wurde. "Die Musikkassette erlaubt nicht nur einen Einblick
in den Mitte der 1980er Jahre populären Musikgeschmack von jugoslawischen MigrantInnen in Österreich,
sie zeugt auch von der bedeutenden Rolle, die ArbeitsmigrantInnen als Wirtschaftsfaktor für das Herkunftsland
darstellten" erklärt Ljubomir Bratic vom Projektteam.
Ich freue mich sehr, dass dieser Teil der Geschichte Platz in der Sammlung des Wien Museums und somit im kulturellen
Erbe der Stadt erhält!" schließt Integrationsstadträtin Sandra Frauenberger.
Rotgrünes Vorzeigeprojekt
Unterstützung fand das Projekt von Beginn an vor allem von Seiten der IntegrationssprecherInnen der Regierungsparteien
SPÖ und Grüne, die in "Migration sammeln" ein Vorzeigeprojekt des rotgrünen Wien sehen.
"Vor 50 Jahren sind die ersten GastarbeiterInnen nach Wien gekommen. Sie haben Wien mitgeprägt und sind
Teil unserer Geschichte. Ich freue mich sehr, dass dieser Teil der Geschichte Platz in der Sammlung des Wien Museums
erhält", erklärt Gemeinderätin Safak Akcay von der SPÖ. In die gleiche Kerbe schlägt
auch der Grüne Gemeinderat Senol Akkilic: "Seit Jahrzehnten haben alle WienerInnen ungeachtet ihrer Herkunft
eine gemeinsame Geschichte entwickelt, die nun mit der Aufbereitung der Stadt- und Migrationsgeschichte dokumentiert
und archiviert wird. Dies ist ein Meilenstein in der Stadtpolitik, um eine kollektive Erinnerungskultur zu schaffen
und unser Wir-Gefühl als WienerInnen zu stärken."
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