Linz (jku) - Können Oberflächen überhaupt spannend sein? In einer Kugel mit 1 cm Durchmesser
befinden sich doch nur ein Zehntausendstel Promille der Atome an der Oberfläche – wozu sich mit diesen „wenigen“
befassen? Am Zentrum für Oberflächen und Nanoanalytik der Johannes Kepler Universität (JKU) Linz
widmet man gerade diesen Atomen große Aufmerksamkeit – denn sie entscheiden, ob Lack hält oder Implantate
abgestoßen werden.
Die oberste Schicht eines Körpers bestimmt ganz wesentlich seine Eigenschaften: Besagte „wenige“ Oberflächen-Moleküle
bewirken die Biokompatibilität von Implantaten oder verhindern, dass unser Auto verrostet und das Steak in
der Pfanne festklebt. „Verantwortlich für die elektronischen und chemischen Eigenschaften einer Grenzfläche
sind die Bindungen“, erklärt Theresia Greunz vom Zentrum für Oberflächen- und Nanoanalytik der JKU.
In ihrer Diplomarbeit – einer Kooperation mit der voestalpine Stahl GmbH – untersuchte sie Lackschichten auf Stahlband.
„Unser Ziel war eine genaue Information über die chemischen Bindungen der Oberflächenmoleküle. Dies
soll helfen, die Haftung der Lackschicht zu erklären um in Folge zu verstehen, wie sie altert und verwittert“.
Atom-DetektiveWerkstoffe durch organische (also kohlenstoffhaltige) Beschichtungen gleichzeitig zu verschönern
und gegen Korrosion zu schützen ist seit Jahrzehnten gängig. Um jedoch die Eigenschaften gezielt – anstatt
durch kostenintensives Probieren – ändern zu können, muss man die chemische Struktur der Oberflächenschicht
wesentlich genauer kennen, als es meist der Fall ist: Für diese quasi „detektivische“ Aufgabe nutzte Greunz
modernste Messmethoden wie „XPS“ („Röntgen Photoelektronen Spektroskopie“). Mit einer speziellen Präparationstechnik
konnte sie den ultradünnen Lackschichten sogar ein Tiefenprofil entlocken. „Unser Trick besteht darin, die
Querschnittsfläche so zu vergrößern, dass wir ins ‚Innere‘ der Beschichtung sehen“ freut sich die
junge Forscherin. Ihre Ergebnisse sind im internationalen „Journal of Analytical and Bioanalytical Chemistry“ veröffentlicht.
Neben dem technischen Interesse an Oberflächen versteht Theresia Greunz auch deren gestalterischen Aspekte
ins richtige Licht zu setzen: Mit ihrem Abschluss an der Kunstuniversität Linz beweist sie eine gelungene
Verbindung von Technologie und Ästhetik.
Der Forschungsbeitrag von Greunz ist eines von drei Projekten, die für den „Wilhelm-Macke-Award“ nominiert
sind. Die Vorstellung der Arbeiten samt Kür des Gewinners findet am 09.04. statt.
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