Wien (fiskalrat) - Der Fiskalrat sieht mehrheitlich angesichts der aktuell sehr schwachen Konjunkturentwicklung,
die noch im Herbst des Vorjahres in diesem Ausmaß nicht erwartet wurde, die Gefahr, dass Österreich
im Jahr 2015 eine "erhebliche Abweichung" vom geforderten Anpassungspfad im Rahmen des präventiven
Arms des Stabilitäts- und Wachstumspakts aufweist. Diese Einschätzung steht im Einklang mit der Erklärung
der Eurogruppe vom 9.3.2015.
Gemäß aktueller Prognose der EU-Kommission (Februar 2015) betragen die strukturellen finanzpolitischen
Anstrengungen Österreichs im Jahr 2015 nur 0,1% des BIP. Für das Jahr 2016 wird mit keiner Verbesserung
des strukturellen Budgetdefizits gerechnet. Bei diesen Schätzungen sind allfällige budgetäre Belastungen
durch eine Steuerreform noch nicht enthalten.
Das aktuell präsentierte Steuerreformkonzept Österreichs sieht insbesondere eine Entlastung der Lohn-
und Einkommensteuerpflichtigen vor, wodurch der Faktor Arbeit entlastet und nachfrageseitige Wachstumsimpulse in
Gang gesetzt werden sollen. Gleichzeitig enthält das Steuerreformkonzept einnahmenseitige Maßnahmen
(u. a. Steuerbetrugsbekämpfung, Erhöhung von Vermögenszuwachssteuern, Streichung von Steuerausnahmen
etc.) zur Gegenfinanzierung, sodass keine nachhaltige Senkung der - im internationalen Vergleich - hohen Abgabenquote
in Österreich zu erwarten ist. Insgesamt ist eine Veränderung der Steuerstruktur zur Verbesserung der
Wachstumsperspektiven in Österreich in Ansätzen erkennbar.
Aus Sicht des Fiskalrates sind nach erfolgreichem Abschluss des Steuerreformprojekts auch rasch Reformschritte
im Bereich Föderalismus, Transfers, Verwaltung, Bildung, Pensionen und Gesundheit in Gang zu setzen. Sie sollten
vor allem auf Effizienzsteigerung ausgerichtet sein, welche die Ausgabendynamik eindämmen und ohne die eine
nachhaltige Einhaltung der Fiskalregeln durch Österreich nicht möglich sein wird. Zudem sind durch die
Steuerreform 2016 budgetäre Fehlbeträge in den ersten Jahren aufgrund von zeitlichen Asymmetrien bei
den Steuerentlastungen und den Gegenfinanzierungen zu erwarten.
Im Rahmen des präventiven Arms des Stabilitäts- und Wachstumspakts ist für Österreich - bis
zur Erreichung eines nahezu ausgeglichenen strukturellen Budgets - eine jährliche Verbesserung des konjunkturbereinigten
Haushaltssaldos ohne Anrechnung einmaliger und sonstiger befristeter Maßnahmen (= struktureller Budgetsaldo)
von 0,6% des BIP erforderlich. Eine "erhebliche Abweichung" vom geforderten Anpassungspfad (mindestens
0,5% des BIP in einem Jahr oder im Durchschnitt zweier aufeinander folgender Jahre um 0,25% des BIP) löst
einen Frühwarnmechanismus im Sinne des Stabilitäts- und Wachstumspakts aus und führt in weiterer
Folge - sofern nicht geeignete Konsolidierungsschritte vom Mitgliedsland gesetzt werden -zu Sanktionen (verzinste
Einlage von 0,2% des BIP).
Eine umfassende Analyse zur Budgetentwicklung Österreichs wird der Fiskalrat Ende Mai 2015 präsentieren.
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