Industrieproduktion wächst 2015 unter zwei Prozent – Die Industrieproduktion wuchs 2014
mit 1 Prozent nur gering
Wien (bank austria) - Österreichs Wirtschaft kommt nach der leichten Aufhellung des Konjunkturklimas
zur Jahreswende vorerst nicht vom Fleck. „Aktuelle Konjunkturumfragen bestätigen, dass sich die Wirtschaftserholung
zumindest in die zweite Jahreshälfte 2015 verschieben wird. Aus den Reihen der industriellen Schwergewichte
kommen die Wachstumsimpulse im Wesentlichen von der Fahrzeugerzeugung und der Elektroindustrie“, fasst Stefan Bruckbauer,
Chefvolkswirt der Bank Austria den aktuellen Branchenüberblick zusammen.
Industrieaufschwung verschiebt sich auf 2016
Österreichs Industrie hat 2014 mit dem Produktionsplus von 1 Prozent das dritte Jahr in Folge seinen Wachstumspfad
der letzten zwanzig Jahre, von durchschnittlich 3,5 Prozent im Jahr, weit verfehlt. Voraussichtlich wird der Sektor
2015 zwar wieder an Tempo zulegen, letztlich aber das langfristige Ergebnis wieder nicht erreichen können,
da die Industriekonjunktur weiterhin unter fehlenden Exportaufträgen und der schwachen Investitionsnachfrage
im Inland leidet. Im Februar 2015 signalisierten die wachsende Zahl pessimistischer Unternehmensstimmen ebenso
wie der Konjunkturindikator der Bank Austria, dass sich die Erholung des Sektors zumindest in die zweite Jahreshälfte
verschiebt. Vorausgesetzt die Wachstumsprognosen für die wichtigen Absatzmärkte der österreichischen
Industrie halten, sollte die Produktionsleistung des Sektors 2015 im Vergleich zum Vorjahr um etwa 1,7 Prozent
zulegen.
Stärkere Wachstumsimpulse im Bereich von 4 Prozent kommen einmal mehr von der Fahrzeugerzeugung und der Elektroindustrie.
Diese Industrieschwergewichte tragen in Summe 22 Prozent zur Sektorwertschöpfung bei. Bank Austria Ökonom
Günter Wolf erwartet, dass „die heimische Fahrzeugerzeugung ihre Position an der Wachstumsspitze der österreichischen
Industrie 2015 mit der Elektroindustrie teilen wird, auch wenn der Anteil optimistischer Produktionserwartungen
Anfang des Jahres in beiden Branchen gesunken ist.“
Darüber hinaus können Österreichs Maschinenbauer 2015 wieder einen Wachstumsvorsprung zum Industriedurchschnitt
aufbauen. Aber noch fehlen der Branche stärkere Impulse von den Investitionsgütermärkten. Dazu Wolf:
„Wie die Auftragsrückgänge der Maschinenbauer in den letzten Monaten vermuten lassen, ist trotz der günstigen
Rahmenbedingungen, den niedrigen Zinsen und Rohstoffpreisen und dem vorteilhaften Wechselkurs, die Investitionsbereitschaft
im Inland wie in wichtigen europäischen Absatzmärkten noch nicht gestiegen. Entsprechend vorsichtig sind
die Produktionserwartungen der Unternehmen in den ersten Monaten 2015. Unter der Annahme, dass das Unternehmensvertrauen
auf europäischer Ebene weiter steigt, werden aber spätestens im zweiten Halbjahr 2015 die seit Jahren
aufgestauten Investitionspläne zumindest teilweise umgesetzt werden.“
Eine weitere zentrale Industriebranche, die Nahrungsmittel- und Getränkeerzeugung, verbuchte 2014 noch ein
überdurchschnittliches Produktionswachstum von 1,6 Prozent. Ein Ergebnis, dass die Branche 2015 aufgrund der
Konjunkturschwäche, vor allem in Österreich selbst, voraussichtlich nicht mehr erreichen wird können.
Grundsätzlich bleibt aber die Nahrungsmittel- und Getränkeindustrie, die noch 2014 ihre Beschäftigung
um 1,3 Prozent aufstockte, ein wichtiger, vor allem stabiler industrieller Arbeitgeber in Österreich.
Baukonjunktur verliert 2014 erheblich an Schwung
Die Baukonjunktur hat im Lauf von 2014 erheblich an Schwung verloren. Unterstützt vom Tiefbau war zwar noch
ein Umsatzplus von 1,4 Prozent nominell möglich, preisbereinigt ist der Branchenumsatz aber leicht gesunken.
Auch die kurzfristigen Aussichten der Bauwirtschaft haben sich nicht verbessert. Zur Jahreswende 2014/2015 sind
die Auftragseingänge der Branche gesunken und es wurden Arbeitsplätze abgebaut. Entsprechend den pessimistischen
Einschätzungen der Unternehmen im Jänner und Februar 2015 ist in den nächsten Monaten mit weiter
rückläufigen Produktionsergebnissen zu rechnen.
Der Hochbau beendete 2014 mit einem Umsatzminus von 1 Prozent nominell. Die Rückgänge wurden im Wesentlichen
im Industriebau, zum Teil im Wohnbau und gegen Jahresende auch im Wirtschaftsbau verzeichnet. Aktuell sind die
Wohnbau-Aussichten für 2015 auf jeden Fall günstiger als für den Nicht-Wohnbau. Dafür sprechen
steigende Baugenehmigungen in der zweiten Jahreshälfte des Vorjahres, die Ankündigung weiterer öffentlicher
Investitionen im Wohnbau und die attraktiven Finanzierungsbedingungen. Hingegen kann die Bauwirtschaft vom Unternehmenssektor
2015 kaum Impulse erwarten.
Wesentliche Stütze der Baukonjunktur war 2014 der Tiefbau mit einem nominellen Umsatzwachstum von rund 9 Prozent.
Gegen Ende 2014 kündigten stark rückläufige Bauaufträge in der Sparte eine Abkühlung der
Tiefbaukonjunktur an, die Anfang 2015 auch eintrat. Zudem sind die Einschätzungen der Unternehmen in den
letzten Monaten sukzessive pessimistischer geworden. Das bedeutet, dass mit einer Stabilisierung und weiteren Zuwächsen
der Tiefbauproduktion erst im Lauf des Jahres gerechnet werden kann. Das Ausmaß der Erholung wird zum Teil
auch davon abhängen, in welchem Umfang mögliche Spin-Off-Effekte der Umsetzung der Investitionspläne
auf EU-Ebene der Finanzierung von Infrastrukturprojekten auf nationaler Ebene zugute kommen.
Stagnierende Konsumnachfrage bremst Handel
Die stagnierende Konsumnachfrage bremste 2014 den Einzelhandel und noch stärker den Kfz-Handel. Zudem litten
der Autohandel und Teile des Großhandels unter der schwachen Investitions- und Industrieentwicklung. Die
Einzelhandelskonjunktur hat sich erst gegen Jahresende gefestigt, womit im Jahresdurchschnitt noch ein geringes
Umsatzplus von 1,1 Prozent nominell und 0,4 Prozent real möglich war. Im Einzelhandel sind stärkere Zuwächse
auch 2015 unwahrscheinlich, da sich die Konsumnachfrage voraussichtlich nur wenig erholt – das heißt, dass
das Konsumausgabenwachstum unter 1 Prozent real bleiben wird. Das laufende Jahr prägen noch angespannte Arbeitsmarktdaten
und eine mäßige Einkommensentwicklung. Erst 2016 sollte zumindest die Steuerreform die Kaufkraft und
Konsumlaune der Österreicherinnen wieder stärken.
Der Kfz-Handel verbuchte 2014 ein Umsatzminus von 2,3 Prozent nominell und damit das dritte negative Wirtschaftsjahr
in Folge. Mit Ausnahme des Motorradhandels endete das Jahr für alle Sparten negativ. Nach den ersten Ergebnissen
2015, die Neuzulassungen sind im Jänner und Februar vor dem Hintergrund hoher Vorziehkäufe im selben
Vorjahreszeitraum massiv gesunken, hat sich die Absatzsituation im Fahrzeughandel weiter verschlechtert.
Die Abhängigkeit des Großhandels von der Industrie- beziehungsweise der Exportentwicklung, die 2014
nicht in Schwung kam, verursachte einen Umsatzrückgang von 2,4 Prozent nominell. Überdurchschnittlich
hohe Einbußen berichteten der Brennstoff- und Maschinengroßhandel, während der Großteil
der Sparten im Handel mit Gebrauchs- und Verbrauchsgütern Umsatzzuwächse erreichte.
Dienstleistungsbranchen fehlt der Schwung
Im Vorjahr konnten sich viele Dienstleistungsbranchen der Konjunkturverlangsamung, vor allem den Auslastungsschwierigkeiten
der Industrie und der Exportschwäche nicht entziehen. Der Sektorumsatz ist um geringe 1,2 Prozent nominell
gestiegen und damit weit unter dem langfristigen Durchschnitt von über 2 Prozent. „Relativ hohe Umsatzeinbußen
erlitten 2014 wirtschaftsnahe Dienstleistungssparten, wie das Verkehrswesen, die Werbung und die Arbeitskräftevermittler,
aber auch die Telekomanbieter und die Verlage. Ende 2014 hat die Dienstleistungskonjunktur kurzfristig an Tempo
zugelegt, jedoch auch wieder rasch an Schwung verloren, wie die vorsichtigen Geschäftserwartungen im Jänner
und Februar 2015 zeigten. Im Lauf von 2015 kann aufgrund der unsicheren Investitions- und Exportnachfrage in den
meisten wirtschaftsnahen Dienstleistungssparten mit keiner nennenswerten Erholung gerechnet werden“, analysiert
Wolf.
Im Bereich Verkehr ist der Umsatz 2014 mit Ausnahme im Landverkehr in allen Branchen kontinuierlich gesunken. Bei
den Anbietern sonstiger Verkehrsdienstleistungen, wie der Lagerei oder Speditionsdiensten, genauso wie bei Kurierdiensten
und der Luftfahrt. Der Landverkehr, die anteilsmäßig wichtigste Sparte des Bereichs, profitierte zwar
im ersten Halbjahr noch von der lebhaften Baukonjunktur, musste aber im vierten Quartal ebenfalls Umsatzrückgänge
verbuchen. Anfang 2015 hat sich die Transportkonjunktur nicht wieder belebt, wie das schwindende Unternehmensvertrauen
der letzten Monate erkennen lässt. Die Befragungsergebnisse im Jänner und Februar signalisierten aber
zumindest für das zweite Quartal erste Anzeichen einer Erholung der Transportnachfrage und der Nachfrage nach
Kurierdiensten.
Das Beherbergungs- und Gaststättenwesen blieb 2014, wie in den drei Jahren davor, die wesentliche Wachstumsstütze
des Dienstleistungssektors. Nach einer kurzen Abkühlung der Branchenkonjunktur zur Jahreswende kann der Bereich,
entsprechend den mehrheitlich optimistischen Unternehmenseinschätzungen im Februar 2015, seine Spitzenposition
in den nächsten Monaten wieder einnehmen. Unter der Voraussetzung, dass sich die Konjunktur in Europa stärker
erholt, kann der Bereich das Wachstum auch im weiteren Jahresverlauf verteidigen.
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