Wien (pr&d) - Vier Worte lesen – das könnte zukünftig ausreichen, um bei Kindern und Erwachsenen
Persönlichkeitsstörungen wie Schizophrenie und Autismus besser zu diagnostizieren – zumindest dann, wenn
gleichzeitig auch Hirnstromaktivitäten gemessen werden. Für den klinischen Alltag wäre das eine
signifikante Erleichterung, deren Entwicklung dem Leiter des Departments für Psychologie an der Webster Vienna
Private University, Prof. Peter Walla, in Zusammenarbeit mit seiner deutschen Kollegin Cornelia Herbert von den
Universitäten Tübingen und Würzburg, jetzt gelungen ist. Nach ersten Veröffentlichungen in
den Jahren 2007 und 2008 zeigt die diese Woche international veröffentlichte Arbeit, dass bereits beim Lesen
einfacher Worte elektrische Hirnaktivitäten eine Unterscheidung zwischen zwei Ebenen des "Ich" erkennen
lassen. Diese zwei Ebenen formen unsere Persönlichkeit, das "Ich", und man vermutet, dass bei Persönlichkeitsstörungen
unter Umständen nur eine der Ebenen betroffen ist. Die neue Methode könnte dann konkrete Hinweise auf
selektive Beeinträchtigungen nur einer dieser Ebenen geben und so die klinische Diagnostik von Persönlichkeitsstörungen
radikal vereinfachen, was wiederum eine frühere und bessere Behandlung ermöglichen würde.
Ich, du, er, sie, es...
Grundlage der Arbeit ist die Beobachtung, dass die menschliche Persönlichkeit aus zwei als "Me1"
und "Me2" bezeichneten Komponenten bzw. Ebenen besteht. Diese lassen sich durch unterschiedliche Hirnaktivitäten
nachweisen – insbesondere dann, wenn das Hirn Informationen auf einen Personenbezug hin analysiert. Die erste der
beiden Komponenten unterscheidet dabei, ob eine Information einen – irgendeinen – Personenbezug hat und die zweite,
ob die eigene oder eine andere Person betroffen ist. Bei Persönlichkeitsstörungen kann es nun für
die Diagnose wichtig sein, diese beiden Ich-Ebenen differenzieren zu können – doch genau das schaffen bisherige
Diagnoseverfahren nicht. Dazu Prof. Walla: "Für Schizophrenie und Autismus beruhen die klassischen Diagnosen
auf Befragungen – diese sind gerade bei Kindern nicht sehr zuverlässig. Zusätzlich können Befragungen,
sowie die Befragten selbst, die beiden Ich-Ebenen nicht unterscheiden. Unsere Methode erlaubt nun eine objektive
Untersuchung dieser beiden Persönlichkeits-Komponenten. Damit stehen völlig neue Therapiemöglichkeiten
zur Verfügung."
Das Beeindruckende an der von Prof. Walla entwickelten Methode ist dabei ihre einfache Anwendung: Die vier Worte
"ein", "mein", "sein" und "dein" werden einer Person auf einem Computerschirm
gezeigt und deren Hirnstromaktivität dann beim Lesen mittels Elektroenzephalografie (EEG) gemessen. Dazu reichen
wenige, auf der Kopfhaut befestigte, Elektroden. Das EEG zeigt dann die elektrischen Hirnaktivitäten nach
dem Lesen der Worte – die sich je nach Wort unterscheiden.
Wir & ich
Mit den nun in Cogent Psychology veröffentlichten Daten zeigt Prof. Walla, dass schon nach 250 Millisekunden
unterschiedliche Aktivitäten im Hirn messbar sind. Dazu Prof. Walla: "Wurde das Wort "ein"
gelesen, war zu diesem Zeitpunkt die Hirnstromaktivität ganz deutlich anders als wenn eines der drei persönlichen
Pronomen "mein", "sein" und "dein" gelesen wurde (Wir). Das Hirn unterscheidet da
eindeutig zwischen allgemeiner und personenbezogener Information. Dies repräsentiert die erste Ich-Ebene des
Hirns." Weitere 200 Millisekunden später unterscheidet sich die Hirnstromaktivität nach dem Lesen
des Wortes "mein" stark von der nach dem Lesen aller anderen Worte. Zu diesem Zeitpunkt wird, so Prof.
Walla, die zweite Ich-Ebene im Hirn aktiv. Diese erlaubt es nun, den Bezug einer Information für die eigene
Person zu erkennen, wie zum Beispiel das bewusste Erleben von Gefühlen.
Aufgrund dieses innovativen Befundes wird angenommen, dass bei Persönlichkeitsstörungen womöglich
nur eine der beiden Ebenen betroffen sein könnte. Bisher hatte man aber keinen methodischen Ansatz, diese
beiden Ich-Ebenen zu unterscheiden. Insbesondere bei Kindern war es mit den bisherigen Methoden schwer, diese zu
differenzieren. Mit der von Prof. Walla entwickelten Methode kann aber genau das auf einfache Art und Weise erfolgen.
Aufgrund ihrer Simplizität eignet sich die Methode auch für die Anwendung bei Kindern. So schafft sie
Möglichkeiten für eine frühere Diagnose als bisher – und damit die Voraussetzung für eine raschere
und gezieltere Therapie.
Über die Webster Vienna Private University
Die Webster Vienna Private University bietet als Österreichs einzige Universität eine internationale
Ausbildung im Herzen Europas mit amerikanischer und österreichischer Akkreditierung. Die Bachelor-, Master-
und MBA-Studien der Webster Vienna Private University sind des Weiteren durch das ACBSP (Accreditation Council
for Business Schools & Programs) anerkannt.
Die Webster University feiert 2015 weltweit ihr 100-jähriges Jubiläum und bietet in Österreich
Aus- und Weiterbildung in den Bereichen Business & Management, International Relations, Psychology sowie Media
Communications. Aktuell besuchen mehr als 500 Studierende aus gut 70 Ländern die Webster Vienna Private University.
Aufgrund der kontinuierlich steigenden Studien-Neuanmeldungen, das jährliche Wachstum liegt bei zehn Prozent,
bezog die Privatuniversität im Herbst 2014 nahe dem Schwedenplatz ihr neues, modernst ausgestattetes Quartier
im Palais Wenkheim, das Platz für bis zu 1000 Studenten bietet.
Weltweit unterhält die Webster University über 100 Campusse in acht Ländern auf vier Kontinenten.
Die Auslandsniederlassungen befinden sich neben Österreich in der Schweiz, den Niederlanden, Großbritannien,
China, Thailand sowie in Ghana.
http://www.webster.ac.at
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Originalpublikation:
Walla, P. and Herbert, C. (2015). Hierarchy and dynamics of self-referential
processing: the non-personal Me1 and the personal Me2 elicited via single words. Cogent Psychology, Volume 2, Issue
1, 2015 http://dx.doi.org/10.1080/23311908.2015.1019236
Walla, P., Duregger, C., Greiner, K., Thurner, S., and Ehrenberger, K. (2008). Multiple aspects related to self
awareness and the awareness of others: an Electroencephalography (EEG) study. Journal of Neural Transmission, 115(7):983-92.
Walla, P., Greiner, K., Duregger, C., Deecke, L., and Thurner, S. (2007). Self awareness and the subconscious effect
of personal pronouns on word encoding: a magnetoencephalographic (MEG) study. Neuropsychologia, 45: 796-809.
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