Grünes Licht im Verkehrsausschuss für zentrale, unabhängige Schlichtungsstelle
Wien (pk) - Eine unabhängige, verkehrsträgerübergreifende Schlichtungsstelle wird sich in
Zukunft der Fahrgastrechte annehmen. Durch ein am 09.04. vom Verkehrsausschuss beschlossenes Bundesgesetz wird
eine so genannte Passagier- und Fahrgastrechteagentur eingerichtet, die der außergerichtlichen und möglichst
einvernehmlichen Beilegung von Streit- und Beschwerdefällen im Passagierverkehr auf Eisenbahn- und Buslinien,
in der Luftfahrt und im Schiffverkehr dient. Sowohl die Regierungsparteien als auch FPÖ, Team Stronach und
NEOS erwarteten sich von der neuen Agentur einen weiteren Schritt in Richtung Umsetzung der Fahrgastrechte. Die
Grünen hingegen hatten Bedenken gegen die Kostentragung durch den Bund und stimmten gegen das Gesetz.
Zudem verabschiedeten die Abgeordneten Änderungen im Kraftfahrliniengesetz, im Öffentlicher Personennah-
und Regionalverkehrsgesetz sowie im Schifffahrtsgesetz, die im Wesentlichen EU-Konformität sowie ein Mehr
an Rechtssicherheit bringen sollen. Die Opposition brachte darüber hinaus in Anträgen ein Themenspektrum
zur Sprache, das vom Personennahverkehr über die Vignettenregelung bis hin zur Zählregel für Kinder
im Busverkehr und zum Güterverkehr auf der Bahnstrecke Friedberg-Oberwart reichte. Die Initiativen wurden
bei der Abstimmung allerdings vertagt bzw. abgelehnt.
Schlichtungsstelle sichert Fahrgastrechte
Das Passagier- und Fahrgastrechteagenturgesetz (460 d.B.) erzielte in der Debatte breiten Konsens. Die ÖVP-Abgeordneten
Gertrude Aubauer und Andreas Ottenschläger begrüßten das Gesetz als "gutes Zeichen im Sinn
der Fahrgäste", wobei sich der Verkehrssprecher der Volkspartei zudem erfreut über den Umstand zeigte,
dass auch die Wirtschaft einen Teil der Kosten für die neue Schlichtungsstelle trägt. Für Christoph
Hagen vom Team Stronach stellt die neue Agentur, die nun zwei bisher bestehende Schlichtungsstellen ablöst,
eine willkommene Verwaltungsvereinfachung dar. Zustimmung kam auch von den Freiheitlichen, dies allerdings mit
"Bauchweh", wie es Christian Hafenecker ausdrückte, der vor allem vor der Gefahr einer Einschränkung
der Unabhängigkeit durch die Einbeziehung der Wirtschaft in die Kostentragung warnte.
Ausschlaggebend für die Ablehnung durch die Grünen war die Kostenregelung: Verkehrssprecher Georg Willi
gab zu bedenken, die Übernahme eines Großteils der Kosten durch den Bund führe dazu, dass letztlich
die Steuerzahler zur Kasse gebeten werden. Besser wäre es, die Verkehrsunternehmen würden sämtliche
Kosten der Agentur übernehmen.
Zur Diskussion über den Personenverkehr steuerten die Grünen zwei Entschließungsanträge bei,
die bei der Abstimmung allerdings abgelehnt wurden. Harald Walser forderte zunächst günstigere Tarife
bei Fahrten zwischen den Verkehrsverbünden (765/A(E)) – insbesondere die Ermöglichung der Aneinanderreihung
von Verbund-Tickets zwischen Tirol und Vorarlberg - und schlug darüber hinaus für das Eisenbahnwesen
eine automatisierte Datenübertragung über sicherheitsrelevante Abläufe vor (889/A(E)).
ÖVP-Verkehrssprecher Andreas Ottenschläger spielte in Sachen Verbund-Tickets den Ball an die Länder
zurück und wandte ein, der Bund könne in diesem Bereich nichts erzwingen. Was die automatisierte Datenübertragung
betrifft, wies er auf aktuelle Bestimmungen hin und kam zu dem Schluss, das Anliegen der Grünen sei bereits
erfüllt.
Änderungen in Verkehrsgesetzen bringen EU-Konformität und Rechtssicherheit
Eine vom Ausschuss mehrheitlich gegen die Stimmen der Grünen verabschiedete Änderung des Kraftfahrliniengesetzes
(510 d.B.) passt die Bestimmungen über die Erteilung von Konzessionen für Dienstleistungen im Busverkehr
an das entsprechende EU-Recht an. Auf EU-Linie gebracht werden auch das Öffentlicher Personennah- und Regionalverkehrsgesetz
(511 d.B.), und zwar in Bezug auf die Vorgaben Brüssels für eine transparente Gewährung von Ausgleichszahlungen
der öffentlichen Hand. Auch hier sprachen sich SPÖ, ÖVP, FPÖ, Team Stronach und NEOS für
die betreffenden Änderungen aus.
Seitens der Grünen äußerte Georg Willi die Befürchtung, die nunmehr angepassten Bestimmungen
könnten zu Dumping bei der Konzessionsvergabe führen. SPÖ-Abgeordnete Elisabeth Hakel griff diesen
Einwand auf und mahnte Sozial- und Qualitätskriterien bei Ausschreibungen im Busverkehr ein. Eine entsprechende
Ausschussfeststellung wurde einstimmig angenommen.
Rechtssicherheit für Grundeigentümer bei der Bewilligung von Schifffahrtsanlagen ist schließlich
die Stoßrichtung einer einstimmig beschlossenen Novelle zum Schifffahrtsgesetz (492 d.B.). Konkret geht es
hier um Klarstellungen bezüglich des Widerrufs einer Bewilligung.
Zum Thema Personennahverkehr lag den Abgeordneten überdies ein Antrag (750/A(E)) der Freiheitlichen vor, in
dem sich Christian Hafenecker für alternative und flexible Verkehrsformen einsetzt, die seinen Intentionen
zufolge zur Sicherstellung der Mobilität das Angebot des öffentlichen Verkehrs und der bereits bestehenden
Kraftfahrlinien ergänzen sollen. Grünen-Verkehrssprecher Georg Willi wiederum schlug in seiner Initiative
(321/A(E)) vor, für den öffentlichen Verkehr in den Ballungsräumen außerhalb Wiens eine Mitfinanzierungsverantwortung
des Bundes zu verankern.
Beide Anträge blieben in der Minderheit, wobei ÖVP-Abgeordneter Andreas Ottenschläger erklärte,
es gebe bereits eine Grundlage für alternative Verkehrsformen. Eine Änderung der Finanzierung des öffentlichen
Verkehrs in Ballungsräumen wiederum sei nur im Zuge der Finanzausgleichsverhandlungen möglich.
Opposition beantragt Adaptierungen bei der Vignettenpflicht
Nicht durchsetzen konnten sich die Oppositionsparteien mit einer Reihe von Anträgen, die den Themenbereich
Maut und Vignettenpflicht abdecken.
So forderte FPÖ-Abgeordnete Carmen Schimanek eine Ausnahme von der Vignettenpflicht im Raum Kufstein (61/A(E)),
während Grünen-Verkehrssprecher Georg Willi temporäre Maßnahmen zur Vermeidung der Umgehung
von Mautstrecken, so etwa ein Absehen von der Kontrolle, anregte (115/A). Die Regierungsparteien wollen in diesen
Punkten, wie ÖVP-Abgeordneter Johann Singer mitteilte, noch die Evaluierung entsprechender von der ASFINAG
anvisierter Maßnahmen abwarten und vertagten die beiden Initiativen.
Keine Mehrheit fand der Antrag Georg Willis (G) auf eine flächendeckende LKW-Maut (233/A(E)). Dies würde
eine beträchtliche Kostenbelastung für die Wirtschaft und insbesondere für den ländlichen Raum
auslösen, warnte seitens der ÖVP Andreas Ottenschläger.
Ebenfalls in der Minderheit blieben die Vorschläge Christoph Hagens (T), die Mautvignette künftig am
Kfz-Kennzeichen anzubringen (826/A(E)) bzw. Ausnahmen von der Vignettenpflicht bei Probe- und Überstellungsfahrzeugen
(958/A(E)) zu ermöglichen. Vertagt wurde hingegen die Forderung des Team Stronach-Verkehrssprechers nach einer
eigenen Vignette für Wechselkennzeichen (682/A(E)). Johann Schmuckenschlager gab dazu grundsätzlich zu
bedenken, die Anliegen Hagens würden auf eine Systemänderung bei der Gestaltung der Vignettenpflicht
hinauslaufen.
Opposition fordert kinderfreundliche Zählregel in Bussen
Zur Sprache brachte die Opposition auch die Sicherheit von Kindern in Autobussen. Auf Kritik stieß dabei
vor allem die derzeitige Zählregel, die es erlaubt, dass sich drei Kinder im Alter von sieben bis vierzehn
Jahren zwei Sitzplätze teilen. Anträge von FPÖ (762/A), Grünen (772/A(E)) und NEOS (842/A)
laufen im Wesentlichen darauf hinaus, für Kinder im Busverkehr eine Zählregel von 1:1 einzuführen
und damit jedem Kind einen Sitzplatz zu garantieren.
Verkehrsminister Alois Stöger äußerte Sympathie für die Anliegen der Opposition, meinte aber,
letztlich liege die Entscheidung bei den Landeshauptleuten. In Anbetracht noch ausstehender Verhandlungen wurden
die drei Anträge schließlich mehrheitlich vertagt.
Die Sicherheit war überdies ein Aspekt von zwei weiteren Oppositionsanträgen. FPÖ-Verkehrssprecher
Gerhard Deimek urgierte eine Regelung, die es ausgebildeten Sanitätern des Roten Kreuzes, den so genannten
First Respondern, erlaubt, im Einsatzfall bei Privatfahrzeugen mit Blaulicht zu fahren (149/A(E)). Namens der NEOS
verlangte Michael Pock eine Klarstellung im Kraftfahrgesetz über die Zulässigkeit der Verwendung von
Tagfahrlicht bei Motorrädern (941/A). Da diese Punkte im Rahmen einer kommenden Novelle zum Kraftfahrgesetz
angesprochen werden sollen, entschied der Ausschuss auch hier auf Vertagung.
Von der gelben Mittellinie bis zu den Tretrollern: Weitere Anträge der Opposition vertagt bzw. abgelehnt
Kein Erfolg war überdies einer Serie weiterer Anträge der Oppositionsparteien beschieden, die ein breites
Spektrum behandeln, das von der Markierungsfarbe für die Mittellinie über die Breitband-Leerverrohrung
bei Tiefbauten bis hin zu den Tretrollern reicht.
FPÖ-Abgeordneter Christian Hafenecker trat für die Einholung einer wissenschaftlichen Studie über
eine Rückkehr zur gelben Markierungsfarbe für die Mittellinien ein (580/A(E)), Team Stronach-Mandatar
Christoph Hagen wiederum will einspurigen Fahrzeugen generell die Möglichkeit eröffnen, die Busspur zu
benützen. In beiden Fällen sei es ratsam, bei der bisherigen Regelung zu bleiben, meinte etwa ÖVP-Mandatar
Andreas Ottenschläger, der damit die mehrheitliche Ablehnung begründete.
"Bitte warten" hieß es hingegen für den Vorschlag von NEOS-Verkehrssprecher Michael Pock,
den Einsatz von Lastfahrrädern durch eine entsprechende Adaptierung der Fahrradverordnung zu fördern
(936/A(E)).
Eine verpflichtende Breitband-Leerverrohrung bei Tiefbauten war ein weiteres Anliegen der Freiheitlichen (579/A(E)).
Hier sprachen sich die Regierungsparteien für eine Vertagung aus, zumal man noch, wie Johann Singer (V) erklärte,
die diesbezüglichen Förderrichtlinien abwarten wolle. NEOS-Verkehrssprecher Michael Pock legte ein Maßnahmenpaket
zur Förderung der Elektromobilität vor und fordert darin u.a. Anpassungen in der Straßenverkehrsordnung
in Bezug auf Elektro- und Car-Sharing-Fahrzeuge (793/A(E)). Lockern wollen die NEOS überdies die Vorschriften
für die Benützung von Tretrollern durch Kinder (494/A(E)). Die Vertagung dieser beiden Anträge wurde
seitens der Regierungsparteien mit der in Ausarbeitung befindlichen StVO-Novelle begründet.
Vertagt wurde schließlich ein Antrag der Grünen, in dem sich Christiane Brunner gegen die Stilllegung
des Güterverkehrs auf der Bahnstrecke Friedberg-Oberwart wendet (1009/A(E)). Das Anliegen fand grundsätzliche
Unterstützung bei allen anderen Fraktionen, wenngleich ÖVP-Verkehrssprecher Andreas Ottenschläger
auf die Kosten der Aufrechterhaltung der Linie aufmerksam machte. Verkehrsminister Alois Stöger verwies in
diesem Zusammenhang auf laufende Verhandlungen zwischen dem Land Burgenland, dem Verkehrsministerium und der ÖBB.
Auch habe Landeshauptmann Niessl für 29. April ein Pressegespräch zu diesem Thema angekündigt.
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