Hannover/Wien (tu) - Bei der Behandlung von metallischen Oberflächen ist oft immer noch Handarbeit gefragt,
etwa im Werkzeug- und Formenbau. Die TU Wien zeigt auf der Hannover Messe, wie man diesen Arbeitsschritt weitestgehend
automatisieren kann, dabei die Lebensdauer der Bauteile erhöht und Eigenschaften der Bauteiloberflächen
gezielt verbessert. Mit winzigen Rissen an der Oberfläche fängt es an. Die ersten Schäden an einem
Bauteil sind kaum sichtbar, doch bei weiterer Beanspruchung breiten sie sich aus und führen letztlich zum
Versagen. Deshalb ist es entscheidend, die Oberfläche von stark beanspruchten Maschinenteilen optimal zu bearbeiten,
insbesondere bei Metallteilen.
Prof. Friedrich Bleicher von der TU Wien stellt auf der Hannover Messe eine neuartige Bearbeitungsmethode vor:
das Oberflächenhämmern. „Dabei wird ein Hammerkopf durch einen Aktuator in eine oszillierende Bewegung
versetzt“, erklärt Bleicher. „Das bewirkt bei jedem Einschlag eine mechanische Umformung in mikroskopischem
Bereich.“ Mit der richtigen Hammertechnik kann man damit innere Druckspannungen in der oberflächennahen Randzone
des Werkstückes hervorrufen. Wenn diese inneren Spannungen genau auf die später zu erwarteten Beanspruchungen
angepasst werden, lässt sich die Lebensdauer von Bauteilen erhöhen.
Roboter statt Handarbeit
Der Werkzeug- und Formenbau stellt oft extrem hohe Anforderungen an Bauteiloberflächen. Gleichzeitig sind
die Stückzahlen sehr gering, in der Regel wird nur ein einziges Werkstück hergestellt. „Die Oberflächenveredelung
in der Werkzeugherstellung ist bisher daher kaum wirtschaftlich automatisiert“, erklärt Prof. Friedrich Bleicher.
Poliert und geglättet wird dort nach wie vor per Hand.
„Wir bearbeiten Oberflächen mit robotergeführten Aktuatoren – mit 200 bis 400 Hammerschlägen pro
Sekunde“, sagt Friedrich Bleicher. Hammerköpfe werden mit unterschiedlich geformten Aufsätzen versehen,
um die Oberflächen effizient und genau auf die gewünschte Anforderung hin zu bearbeiten. Dadurch lässt
sich je nach Bedarf eine möglichst glatte oder aber auch eine strukturierte Oberflächencharakteristik
erzielen. Für die Lebensdauer spielt diese Oberflächenbeschaffenheit eine entscheidende Rolle. Auch andere
gewünschte Effekte sind auf diese Weise möglich. So kann beispielsweise der hydraulische Strömungswiderstand
erheblich reduziert werden.
Zusätzlich lassen sich durch die Oberflächenbehandlung aber auch die mechanischen Eigenspannungen in
den Randzonen des Werkstückes beeinflussen. „Stellen Sie sich ein Bauteil vor, das immer wieder auf Zug oder
Biegung beansprucht wird“, sagt Friedrich Bleicher. „Wenn es im Bauteil von vornherein eingeprägte Eigenspannungen
gibt, die für diese Beanspruchung günstig sind, kann die Lebensdauer deutlich erhöht werden.“ Das
gilt auch für Effekte, die durch wiederholte Temperaturschwankungen hervorgerufen werden. Bei Alu-Druckgussformen
konnte mit der Hammertechnik bereits eine Verlängerung der Lebensdauer um bis zu 50% erreicht werden.
Energie-Monitoring und Zerspanungstechnik
Die Roboter-Hämmertechnologie wird Friedrich Bleicher bei der Hannover Messe von 13. bis 17. April präsentieren.
Zusätzlich wird er dort auch ein Tool für das Monitoring und die Simulation des Energiebedarfs in der
Produktion vorstellen, das im Produktionsbetrieb nicht nur die CO2-Bilanz verbessern kann, sondern dabei auch Geld
sparen hilft.
Verbesserungen gelangen Friedrich Bleicher auch im Bereich der Zerspanungstechnik. Die Zerspanung ist die am weitesten
verbreitete Bearbeitungsmethode in der Fertigungstechnik: Ein Werkzeug trägt Späne von einem Werkstück
ab und bringt es nach und nach in die richtige Form. Es zeigt sich, dass die Bearbeitung deutlich verbessert werden
kann, wenn man entweder den Träger des Werkstücks oder den Träger des Werkzeugs auf die passende
Weise in Schwingung versetzt.
Bei der Bearbeitung spröder, harter Werkstoffe wie Keramik, Glas oder gehärtetem Stahl kann man damit
den Zerspanungsvorgang deutlich beschleunigen. Außerdem lässt sich das Verschleißverhalten der
Werkzeuge drastisch verbessern – laut industrieller Testserien teilweise mit einer Steigerung um mehr als das Zehnfache.
Außerdem präsentiert die TU Wien auf der Hannover Messe acht weitere ressourcen- und energiesparende
Lösungen in den Themenbereichen „Integrated Industry“, „Maschinen, Anlagen, Gebäude“ sowie „Energie-
und Wasserversorgung“ (Halle13 – Stand E10).
Neben diesen Innovationen am Stand der TU Wien werden auch Produkte und Dienstleistungen von 10 Start-Ups von Absolventen
bzw. aus Instituten der TU Wien vorgestellt: von Steuerungssoftware für die chemische und pharmazeutische
Industrie, über Computer-basierte Analyse von Bildinhalten sowie Modellbildung und Simulation für industrielle
Anwendungen, bis hin zu neuartigen Sicherheitseinrichtungen für Roboter in Industrie oder Heimhilfe (Halle
2 – Stand C09/6).
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