Berlin und Wien sind stark wachsende Städte und stehen vor ähnlichen Herausforderungen.
Die Berliner wollen auf den Wohnbauerfahrungen Wiens aufbauen
Berlin/Wien (rk) - Berlin mit rd. 3,45 Millionen EinwohnerInnen und Wien mit rd. 1,8 Millionen StadtbewohnerInnen
sind die beiden größten Städte im deutschsprachigen Raum. Beide Hauptstädte wachsen und haben
ähnliche Herausforderungen zu bewältigen. Gerade zum Thema geförderten, leistbaren und sozial nachhaltigen
Wohnbau herrscht zwischen Wien in Berlin reger Austausch. Anfang dieser Woche war eine von den Politikern Jan Stöß
aus Berlin und Ralf Stegner aus Schleswig-Holstein angeführte Delegation in Wien, um sich unter anderem ausführlich
über aspern Seestadt zu informieren. Wohnbaustadtrat Michael Ludwig war zuvor beim Stadtforum Berlin zu einem
Vortrag mit dem Titel "Soziale Nachhaltigkeit im Wohnungsneubau. Kein Problem!" eingeladen.
Auf einer Fläche von 240 Hektar entsteht in aspern Seestadt bis 2030 ein Stadtteil mit 10.500 Wohnungen für
über 20.000 BewohnerInnen. In der ersten Wohnbebauungsphase werden rund 3.000 Wohneinheiten realisiert. An
Wohnbauförderungen der Stadt fließen rund 136 Mio. Euro in diesen ersten Entwicklungsteil der Seestadt.
"Wien und Berlin sind zwei wachsende europäische Metropolen. Auch wenn die Rahmenbedingungen sich teilweise
stark unterscheiden: vom Erfahrungsaustausch mit Wien können wir immer wieder viele interessante Anregungen
vor allem für die Wohnungspolitik, den öffentlichen Personennahverkehr oder die öffentliche Daseinsvorsorge
mitnehmen. Es ist beeindruckend, was in Wien vor allem beim geförderten Wohnungsbau leistet", so Jan
Stöß, Vorsitzender der SPD Berlin.
"Ein komplett neues Quartier für über 20.000 künftige Bewohnerinnen und Bewohner zu entwickeln,
wie es Wien im Stadtentwicklungsprojekt aspern macht, zeugt von unerschrockenem Mut, auch große Projekte
zu verwirklichen. Der Erfolg, den ähnliche Projekte in anderen Quartieren Wiens bereits hatten, gibt diesem
Weg Recht. Die Wienerinnen und Wiener profitieren von der eindrucksvollen Politik der aktiven öffentlichen
Daseinsvorsorge, indem sie z.B. weiter günstige Mieten im sozialen Wohnungsbau bezahlen. Gerade in diesem
sensiblen Bereich, der trotz großer gesellschaftlicher Strömungen eben nicht dereguliert wurde, hat
Wien sehr vieles richtig gemacht, das muss man neidlos anerkennen. Wir in Deutschland können davon nur lernen",
hielt Ralf Stegner, SPD-Vorsitzender in Schleswig-Holstein fest.
Soziale Nachhaltigkeit im Wohnungsneubau. Kein Problem!
Auf Initiative von Stadtrat Ludwig wurde 2009 Soziale Nachhaltigkeit als viertes Bewertungskriterium im geförderten
Wohnungsneubau neben Architektur, Ökonomie und Ökologie eingeführt. Soziale Nachhaltigkeit im geförderten
Wohnbau bedeutet:
- Alltagstauglichkeit: Darunter fallen flexible Grundrisse und die Möblierbarkeit
mit Normmöbeln aus dem Möbelhaus; aber auch die Qualität der Freiräume - Balkone oder Terrassen
- haben für die BewohnerInnen einen besonders hohen Stellenwert.
- Kostenreduktion der Planung: Hier spielt die Kompaktheit des Baukörpers
eine wesentliche Rolle.
- Wohnen in Gemeinschaft: Gemeinschaftsräume müssten nicht nur errichtet
werden, es muss auch für ihre Verwendung gesorgt werden. - Wohnen für wechselnde Bedürfnisse: Moderne
Wohnanlagen und Wohnungen müssten in der Lage sein, Wohnen und Arbeiten zu verbinden, temporäres Arbeiten
zu ermöglichen, sie müssten Angebote für spezifische NutzerInnengruppen, etwa Menschen mit Betreuungsbedarf,
bieten.
"Wien hat eine beinahe einhundertjährige Tradition im kommunalen Wohnbau und nimmt damit international
eine viel beachtete Vorreiterrolle ein. 420.000 geförderte Wohnungen in Wien ermöglichen nicht nur sechs
von zehn Wienerinnen und Wienern leistbares und hochqualitatives Wohnen, sondern wirken insgesamt preisdämpfend
auf den gesamten Wohnungsmarkt. Ein wichtiges Lenkungsinstrument auf die Mieten der Stadt sind natürlich die
220.000 Gemeindewohnungen, die sich im Eigentum der Stadt befinden. Dieses wichtige Regulativ werden wir nicht
aus der Hand geben. Wir wollen zur Erhaltung des sozialen Friedens in unserer Stadt weiterhin eine soziale gerechte
Wohnbaupolitik gestalten. Um die Leistbarkeit des Wohnens auch zukünftig abzusichern, setzen wir gezielt eine
ganze Reihe von Maßnahmen", hielt Stadtrat Ludwig gestern, Mittwoch, im Rahmen seiner Vortags beim Berliner
Stadtforum fest.
Kontinuierliche Steigerung der Neubauleitung
Im vergangenen Jahr konnten insgesamt 7.273 geförderte Wohnungen an Ihre BewohnerInnen übergeben
werden; für 7.990 Wohneinheiten wurden Förderzusicherungen erteilt. Für heuer ist ebenfalls eine
Fertigstellung von 7.000 geförderten Einheiten zu erwarten. Somit werden wöchentlich 140 geförderte
Wohnungen fertiggestellt.
Maßnahmen für geringere Bau- und Grundkosten
Mit der Novelle der Bauordnung 2014 wurde eine ganze Reihe Maßnahmen gesetzt um die Kosten beim Wohnbau
zu senken. Die relevanten Punkte gegen Immobilienspekulation und Preisdämpfung bei Grund und Boden sind befristete
Baulandwidmungen sowie die Widmungskategorie "förderbarer Wohnbau". Für geringere Baukosten
wurde der Entfall der Verpflichtung zur Errichtung der Notkamine verankert und die Stellplatzverpflichtung neu
geregelt. Nunmehr muss pro 100 m2 Nutzfläche ein Stellplatz - anstelle wie davor von einem pro Wohnung - errichtet
werden.
Verbesserung der Grundstücksmobilisierung für den geförderten Wohnbau durch Immobilienstrategie
der Stadt
Mit einem eigenen Immobilienmanagement wird die Entwicklung, Nutzung, Verwaltung und Verwertung des Grundbesitzes
der Stadt Wien optimiert. Seit April 2014 ist die MA 69 (Immobilienmanagement) die zentrale Abstimmungsstelle in
Immobilienangelegenheiten.
Das neue Immobilienmanagement basiert auf einer grundlegenden Immobilienstrategie, die der Erreichung der gesamtstrategischen
Ziele der Stadt Wien dient. "Nicht zuletzt dient die Immobilienstrategie auch einer weiteren Verbesserung
der Grundstücksmobilisierung für den geförderten Wiener Wohnbau", hielt Stadtrat Ludwig fest.
Fokus auf strategisches Normenmanagement
"Bereits bei der Entstehung von Normen und Standards ist auf die Ausgewogenheit zwischen Qualität,
Sicherheit und Innovation einerseits und Sparsamkeit, Wirtschaftlichkeit und Zweckmäßigkeit andererseits
zu achten", erörterte Ludwig. Die Stadtverwaltung braucht fast alle der 23 500 gültigen Normen -
als Bauherr, Auftraggeberin und Behörde. Das neu aufgebaute strategische Normungsmanagement zielt darauf ab,
alle Lebensbereiche zu vernetzen, die Interessen bereichsübergreifend abzustimmen und dann ins entsprechende
Normungskomitee einzubringen.
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