Schere zwischen Frauen- und Männereinkommen immer noch weit offen – EU-Nettobeitrag
Österreichs im Jahr 2012 erstmals über einer Milliarde Euro
Wien (pk) – Die Abgeordneten zeigten sich teils schockiert, teils ernüchtert und sahen unisono politischen
Handlungsbedarf. Anlass dafür war die Präsentation des Rechnungshofberichts über durchschnittliche
Einkommen der Erwerbstätigen und der PensionistInnen 2014 ( III-124 d.B.). Der vom Rechnungshofausschuss einstimmig
an das Plenum weitergeleitete Bericht zeigt, dass sich die Schere zwischen hohen und niedrigen Einkommen zuletzt
weiter geöffnet hat und etwa ArbeiterInnen überdurchschnittlich starke reale Einkommensverluste hinzunehmen
hatten. Auch die Schere zwischen Frauen- und Männereinkommen klafft nach wie vor weit auseinander. Lob spendeten
die Mandatarinnen dem Rechnungshof, der in Zusammenarbeit mit der Statistik Austria eine umfassende Unterlage für
politische Entscheidungen in den Fachausschüssen und zuständigen Ressorts vorgelegt hat. Positiv wurden
auch differenzierende Erklärungen von Rechnungshofpräsident Josef Moser zur medialen Diskussion über
die Entwicklung der Beamtengehälter aufgenommen. Die zuletzt überdurchschnittliche Zunahme der Einkommen
von BeamtInnen habe statistische Ursachen, erfuhren die Abgeordneten. In der zahlenmäßig stark schrumpfenden
Gruppe der BeamtInnen liege das Durchschnittsalter um 12 Jahre höher als bei anderen Erwerbstätigen,
was zu einem höheren Durchschnittseinkommen führe. Dazu kommen ein überdurchschnittlich hoher Akademikeranteil,
ein wesentlich geringerer Teilzeit-Anteil im öffentlichen Dienst und weit überdurchschnittliche Fraueneinkommen.
Hohe und niedrige Einkommen entwickeln sich weiter auseinander
Im Einzelnen informierte Rechnungshofpräsident Josef Moser den Ausschuss über die Zunahme unselbständig
Erwerbstätiger um 22% seit 1998 auf 4,126 Mio. Personen im Jahr 2013. Der Frauenanteil stieg von 44,3% auf
47,3% und auch die Zahl der Angestellten nahm zu. Die Zahl öffentlich Bediensteter stieg seit 2005 von 502.916
auf 537.285, wobei einem Rückgang der BeamtInnen um 44.366 ein starker Anstieg der Vertragsbediensteten um
78.735 gegenüberstand. Die Einkommen der Unselbständigen gingen seit 1998 real um 4,43% zurück,
wobei ArbeiterInnen 2013 nur 86% des Durchschnittseinkommens von 1998, Angestellte 101% und BeamtInnen 123% des
Einkommens im Jahr 1998 erzielten. Die Einkommensschere zwischen niedrigen und hohen Einkommen ging weiter auseinander,
stellte Rechnungshofpräsident Moser fest, empfahl aber zugleich, die oft starken strukturellen Veränderungen
innerhalb der verschiedenen Gruppen zu beachten.
Besonderheiten in der Entwicklung des öffentlichen Dienstes
Das mittlere Bruttojahreseinkommen der Unselbständigen betrug 2013 25.767 €, wobei die Einkommen stark nach
der sozialen Stellung differierten. Angesichts der medialen Debatte über die Einkommensentwicklung im öffentlichen
Dienst wies Moser darauf hin, dass ganzjährig vollbeschäftigte BeamtInnen in allen Altersgruppen geringere
durchschnittliche Einkommen erzielten als ganzjährig Vollbeschäftigte in der Privatwirtschaft. Vertragsbedienstete
verdienten unter 30 Jahren mehr, über 30 Jahren aber weniger als Angestellte.
Schere zwischen Frauen- und Männereinkommen immer noch weit offen
Das höhere Medianeinkommen im öffentlichen Dienst erklärte der Rechnungshofpräsident mit der
höheren Akademikerquote (BeamtInnen 42%, Angestellte 22%), dem um 12 Jahre höheren Durchschnittsalter
im öffentlichen Dienst, dem höheren Anteil ganzjährig Vollzeitbeschäftigte (BeamtInnen 90%,
ArbeiterInnen 41%) und mit den geringeren Einkommensnachteilen der Frauen im öffentlichen Dienst.
So verdienten ganzjährig vollzeitbeschäftigte Beamtinnen deutlich mehr als weibliche Angestellte. Im
öffentlichen Dienst waren 2013 198.965 BeamtInnen und 338.320 Vertragsbedienstete beschäftigt. Das mittlere
Bruttojahreseinkommen der BeamtInnen lag bei 51.408 €, das der Vertragsbediensteten bei 31.041 €.
Die Frauen stellten 2013 47% aller Beschäftigten und erzielten ein mittleres Bruttojahreseinkommen von 19.460
€ (Männer 31.961 €). Das entspricht 61% des mittleren Männereinkommens und 82% des Einkommens ganzjährig
Vollbeschäftigter. Vollzeitbeschäftigte Beamtinnen erzielen 102% des Einkommens ihrer männlichen
Kollegen, was auf den hohen Männeranteil in niedrigen Einkommenskategorien, vor allem im Innen- und Verteidigungsressort,
zurückzuführen sei, klärte Moser auf.
Bei unselbständig Erwerbstätigen verringerte sich die Einkommensschere bei ganzjähriger Vollzeitbeschäftigung
zwischen Frauen und Männern seit 2005. Das durchschnittliche Fraueneinkommen nahm von 78% eines Männereinkommens
auf 81,8% zu. Seit 1998 stiegen die durchschnittlichen Fraueneinkommen um 1,96%, jene der Männer um 1,93%
zu. Trotz positiver Entwicklungen verbesserte sich die relative Einkommenssituation der Frauen gegenüber den
Männern seit 1998 nur von 60,6% auf 60,9%, was Rechnungshofpräsident Moser mit dem hohen Anteil der Frauen
an schlechter bezahlten atypischen Beschäftigungen, ihrem überdurchschnittliche hohen Anteil an Jobs
in niedrigen Einkommensklassen und Niedriglohnbranchen sowie mit dem geringeren Anteil der Frauen in Führungspositionen
erklärte. 731.600 Frauen erledigten 84% der ganzjährigen Teilzeitbeschäftigung, während nur
136.200 Männer, also 9%, ganzjährig in Teilzeit arbeiteten. Zudem widmen sich Frauen in wesentlich höherem
Ausmaß der Kinderbetreuung sowie der Pflege Erwachsener, berichtete der Rechnungshofpräsident.
Krasse Einkommensunterschiede im Gesundheitswesen
Bei den Selbständigen, zu denen Daten über das Jahr 2011 vorliegen, waren 324.655 Personen (Frauenanteil
41%) ausschließlich selbständig erwerbstätig, die nach einem Rückgang ihres durchschnittlichen
Einkommens um 4,5% im Jahr 2011, einen leichten Zuwachs von 0,4% erzielten. Ihr mittleres Jahreseinkommen betrug
10.944 € (Männer 14.027 €, Frauen 7.797 €). Selbständig erwerbstätige Frauen verdienten 56% des
mittleren Männereinkommens. Besonders krass war die Einkommensschere im Gesundheits- und Sozialwesen, wo der
hohe Männeranteil unter Fachärzten und der hohe Frauenanteil in den Pflegeberufen dazu führte, dass
dort Frauen nur 12% des Durchschnittseinkommens eines Mannes erzielten.
Bei den 2,34 Millionen Pensionisten in Österreich betrug der Frauenanteil 55%. Die Einkommen wuchsen seit
2000 mit einem Jahresdurchschnitt von 3% stärker als die Teuerungsrate und der Pensionisten-Index. Die Durchschnittspension
der Frauen betrug 2013 14.462 € (59% der Männerpension), jene der Männer betrug 24.529 €.
ParlamentarierInnen sehen bei den Fraueneinkommen Handlungsbedarf
Die Debatte leiteten SprecherInnen aller Fraktionen mit Dank und Lob für den fundierten und umfassenden Bericht
des Rechnungshofes ein, der ein deutliches Bild über die Situation der Frauen liefere. Marina Schenk (T) bedauerte
die nach wie vor auseinanderklaffende Einkommensschere zwischen Männern und Frauen, insbesondere auch bei
den Selbständigen in der Gesundheitsbranche. Schenk wollte wissen, um wie viel Frauen nur deshalb weniger
verdienten, weil sie Frauen seien und regte an, den Ausgliederungsstand in den Einkommensbericht einzubeziehen.
Dem öffentlichen Dienst sollte sich seiner Vorbildfunktion beim Thema Einkommensgerechtigkeit bewusst sein
und er sollte seine Möglichkeiten zur Steuerung der Einkommen nutzen, sagte Ruth Becher (S) und machte auf
Unterschiede bei den Frauen- und Männereinkommen in der Verwaltung aufmerksam.
Während die Zahl der Beschäftigten im öffentlichen Dienst beim Bund abnehme, steige sie bei Ländern
und Gemeinden, stellte Josef Schellhorn (N) fest und empfahl, beim Thema Fraueneinkommen die negativen Effekte
weiblicher Erwerbsbiographien auf das Lebenseinkommen stärker zu berücksichtigen.
Die Zunahme der Beschäftigung im öffentlichen Dienst der Länder und Gemeinden erklärte Johann
Singer (V) mit dem zunehmenden Bedarf an Pflegedienstleistungen. Angesichts einer medialen Diskussion über
hohe Einkommen im öffentlichen Dienst dankte Singer für die differenzierten Darstellungen des Rechnungshofs.
Handlungsbedarf sah der Abgeordnete bei den Fraueneinkommen, wobei er darauf aufmerksam machte, dass sich der geringe
Frauenanteil bei technischen Ausbildungen negativ auf deren Einkommen auswirke.
Schockiert über Einkommensrückgänge bei unselbständig Beschäftigten zeigte sich Wolfgang
Zanger (F), der es für notwendig hielt, dafür zu sorgen, dass Menschen für ihre Arbeit Einkommen
erhalten, von denen sie leben können.
Ernüchternd nannte Bruno Rossmann (G) die Ergebnisse des aktuellen Einkommensberichts, der zeige, dass auch
die Bereinigung um Teilzeitquoten nichts an der Tatsache ändere, dass die Schere zwischen Männer- und
Fraueneinkommen sowie zwischen hohen und niedrigen Einkommen nach wie vor weit auseinanderklaffe. Deprimierend
seien die realen Einkommensverluste niedriger und niedrigster Einkommen, sagte Rossmann. Vor diesem Hintergrund
bezeichnete der Abgeordnete die Absicht der Regierungsparteien, den Frauen nur zwei der fünf Milliarden an
Entlastung bei der geplanten Steuerreform zukommen zu lassen als problematisch. Seine Fraktion schlage vor, geringere
Einkommen steuerlich stärker zu entlasten.
Empfehlungen Bruno Rossmanns, den Einkommensbericht um sozio-ökonomische und Haushaltsdaten zu erweitern,
um Entscheidungen für mehr Einkommensgerechtigkeit besser zu unterstützen, hielt Rechnungshofpräsident
Josef Moser für verständlich, meinte aber, eine solche Erweiterung würde den Rahmen des Einkommensberichts
sprengen.
Frauen haben geringere Löhne, weil sie schlecht bezahlte Jobs haben
Martin Bauer (Statistik Austria) erläuterte den Abgeordneten die Datenlage, auf der der Einkommensbericht
aufbaue und verneinte die Frage, ob Frauen nur deshalb schlechter bezahlt würden, weil sie Frauen seien. Die
Einkommensunterschiede ihrer Bezahlung resultierten aus höheren Frauenanteilen in atypischen Beschäftigungen
sowie in Branchen und Positionen mit niedrigeren Einkommen. Zu eruieren, warum dies so sei und daraus Schlüsse
zu ziehen, sei eine gesellschaftspolitische Aufgabe, stellte Moser in Übereinstimmung mit den Ausschussmitgliedern
fest. Dabei sei es wichtig, die Fachausschüsse des Parlaments und die zuständigen Bundesminister auf
die Ergebnisse des Einkommensberichts hinzuweisen und die richtigen politischen Schlussfolgerungen zu ziehen, sagte
Abgeordneter Elmar Mayer (S).
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Die Verwendung der EU-Mittel in Österreich stand als zweiter Punkt auf der Tagesordnung des Rechnungshofausschusses.
Ausgangspunkt dafür war ein sehr umfassender Bericht, in dem es nicht nur um die Entwicklung des österreichischen
Nettobeitrags und der Rückflüsse ging, sondern der auch detaillierte Darstellungen des EU-Haushalts,
einen Ausblick auf die für den neuen Finanzrahmen festgelegte Periode 2014 bis 2020 sowie aktuelle Entwicklungen
im Bereich der wirtschafts- und fiskalpolitischen Steuerung (z.B. Finanztransaktionssteuer, Bankenunion, ESM) in
der EU enthielt. RH-Präsident Josef Moser befasste sich zudem generell mit der europäischen Kontrollarchitektur
und präsentierte eine Reihe von Reformvorschlägen. Der Bericht wurde einstimmig vertagt.
Österreichs Nettobeitrag stieg um 7 % gegenüber dem Jahr 2011
Rechnungshofpräsident Josef Moser präsentierte eingangs den Ausschussmitgliedern einen kurzen Überblick
über die wichtigsten Eckpunkte des Berichts, dem keine klassische Gebarungsprüfung zu Grunde lag, sondern
der im Sinne einer Serviceleistung für Nationalrat, Landtage und die Öffentlichkeit verstanden werden
soll. Er wies u.a. darauf hin, dass die EU im Jahr 2012 über ein Budget in der Höhe von 139,5 Mrd. €
verfügte, was einer Steigerung von 7 % gegenüber 2011 entspricht. Österreichs Nettobeitrag an die
Europäische Union betrug im Jahr 2012 erstmals mehr als 1 Mrd. €, heißt es im EU-Finanzbericht des Rechnungshofs
( III-136 d.B.). Den Einzahlungen in der Höhe von 2,942 Mrd. € standen Rückflüsse in der Höhe
von 1,856 Mrd. € gegenüber, wodurch sich ein Saldo von 1,086 Mrd. € ergab. Dies entspricht einer Erhöhung
um 273,34 Mio. € bzw. 34 % im Vergleich zum Vorjahr 2011. Im Jahr 2012 betrug der Anteil der Länder am Gesamtbeitrag
22,4 %, der Anteil der Gemeinden 3,8 %. Als Ursachen für diese Entwicklung werden (geplante) Erhöhungen
der EU?Einnahmen und (nicht geplante) Rückgänge bei den Rückflüssen angeführt, die auf
Zahlungsaussetzungen in drei Fonds zurückzuführen sind.
Die Höhe der EU?Zahlungen stieg infolge von Berichtigungshaushalten, insbesondere wegen zusätzlicher
Mittel für die Bereiche Wachstum und Beschäftigung, Kohäsionspolitik und ländliche Entwicklung,
Finanzierung der Zusatzkosten von ITER (Gemeinsames Unternehmen der EU im Bereich Forschung) sowie der Inanspruchnahme
von Mitteln aus dem Solidaritätsfonds aufgrund von Naturkatastrophen von 2,218 Mrd. € im Jahr 2007 auf 2,942
Mrd. € im Jahr 2012 (+ 32,6 %). Gegenüber dem Vorjahr stiegen also die Zahlungen Österreichs an die EU
(9,4 %), während die Rückflüsse leicht zurückgingen (? 1,1 %).
Rechnungshofpräsident Josef Moser wies darauf hin, dass Österreich im Vergleich mit den anderen 27 EU-Staaten
insgesamt 2,3 % zum Unionsbudget beitrage und damit an 10. Stelle liege. Bei den Rückflüssen rangiert
Österreich an 16. Stelle; die meisten Mittel fließen (in absoluten Zahlen) nach Polen, Spanien, Frankreich,
Deutschland und Italien. Deutschland ist aber mit deutlichem Abstand auch der größte Nettozahler; Österreich
liegt an der neunten Stelle. Insgesamt gab es 2012 zwölf Nettozahler und 15 Nettoempfänger, informierte
Moser. Der Nettosaldo Österreichs im Verhältnis zum Bruttonationaleinkommen (BNE) betrug 0,35 % im Jahr
2012 (8. Platz für Österreich). Schweden, Dänemark und Deutschland hatten im Verhältnis zum
jeweiligen BNE im Jahr 2012 die höchsten Nettosalden.
Rückflüsse: 69,5 % der Mittel gingen an die Landwirtschaft
Von den Rückflüssen nach Österreich in der Höhe von insgesamt 1,856 Mrd. € im Jahr 2012 landete
der überwiegende Teil im Bundeshaushalt. Diese Mittel wurden im Finanzministerium zentral vereinnahmt und
grundsätzlich an andere öffentliche Haushalte (insbesondere Länder, Agrarmarkt Austria als Zahlstelle
im Agrarbereich) zur Verteilung weitergeleitet, erläutert der Bericht. Die übrigen Gelder (283,62 Mio.
€) gingen direkt an Forschungseinrichtungen, Energieunternehmen, Studenten etc. Der Bereich Bewahrung und Bewirtschaftung
natürlicher Ressourcen (Rubrik 2) profitierte am stärksten von den EU?Förderungen: 69,5 % aller
zuordenbaren Rückflüsse (1.290 Mrd. €) erhielt die Landwirtschaft, und zwar in Form von marktbezogenen
Ausgaben und Direktzahlungen sowie für die ländliche Entwicklung.
Die marktbezogenen Ausgaben und Direktzahlungen lagen leicht über dem Niveau des Vorjahres (+ 0,6 %), die
Ausgaben im Bereich Ländliche Entwicklung gingen jedoch von 560,18 Mio. € im Jahr 2011 auf 536,47 Mio. € im
Jahr 2012 (? 4,2 %) zurück. Dieser Rückgang war insbesondere darauf zurückzuführen, dass nach
Ablauf der fünfjährigen Mindestverpflichtung ein Ausstieg aus der Maßnahme ÖPUL möglich
war. 2012 hatten viele Betriebe diese Mindestverpflichtungsdauer erfüllt und waren danach ausgestiegen. Auswirkungen
zeigte auch, dass im EGFL (Europäischer Garantiefonds für die Landwirtschaft) im Jahr 2012 ein Teil der
Förderungen mangels durchgeführter Kontrollen (vor allem im Zusammenhang mit Almen) noch nicht erfolgt
war.
Über 500 Mio. € entfielen auf die Rubrik 1, die u.a. das Siebente Rahmenprogramm für Forschung und Entwicklung,
Transeuropäische Netze und Strukturfonds (EFRE, ESF) umfasst. Der Rückgang im Ziel Regionale Wettbewerbsfähigkeit
und Beschäftigung war laut Bericht darauf zurückzuführen, dass die Europäische Kommission im
Jahr 2012 in vier EFRE?Programmen vorübergehend die Refundierung der Zahlungsanträge (Rückflüsse)
aussetzte. Dies erfolgte aufgrund erheblicher Mängel im Verwaltungs? und Kontrollsystem der Programme. Ein
kleiner Betrag (45,4 Mio. €) entfällt zudem noch auf Projekte in den Bereichen Kultur, Jugend und öffentliche
Gesundheit (Rubrik 3).
2014 bis 2020: Weniger Mittel für ländlichen Raum und Strukturfonds
Abgeordnete Martina Schenk vom Team Stronach fragte sich, wie es um die Effizienz der Abholung der Mittel aus der
EU bestellt ist und wollte wissen, "wieviel Geld liegen bleibt". Sie wies zudem darauf hin, dass jedes
Land im Rahmen des großen EU-Investitionsprogramms eine Liste mit Projekten an Brüssel schicken müsse.
Ihres Wissens nach sei die österreichische Liste als fehlerhaft bezeichnet worden.
Abgeordnete Karin Greiner (S) kam auf konkrete Projekte im Rahmen des Europäischen Fonds für regionale
Entwicklung sowie die Transeuropäischen Netze zu sprechen. Besorgt zeigte sie sich darüber, dass der
Europäische Rechnungshof schon zum 19. Mal keine uneingeschränkte Zuverlässigkeitserklärung
für den EU-Haushalt abgeben konnte, da Zahlungen in verschiedenen Bereichen mit Fehlern behaftet waren. Ihr
Fraktionskollege Erwin Preiner erkundigte sich nach der ausgeschöpften Rückflussquote im Zeitraum 2007-2012
und wollte wissen, bei welchen Mitgliedsländern die meisten Finanzkorrekturen festgestellt werden. Außerdem
setzte sich er sich für eine Verwaltungsvereinfachung bei der Förderanträgen ein.
Abgeordneter Hermann Gahr (V) stellte Fragen hinsichtlich der Nettozahlerposition Österreichs und sprach zudem
noch die Zusammenarbeit mit den Landesrechnungshöfen an.
Abgeordneter Erwin Angerer (F) gab zu bedenken, dass Österreich in den Jahren 2014 bis 2020 Kürzungen
bei den ELER-Mitteln (Entwicklung des ländlichen Raums) um 2,2 % sowie im Bereich der Strukturfonds um 18,8
% hinnehmen müsse. Dadurch komme es abermals zu einer Erhöhung des Nettobeitrags, beklagte er.
Abgeordneter Bruno Rossmann (G) gab gegenüber seinem Vorredner zu bedenken, dass Österreich eines der
reichsten Länder ist, aber dennoch keinen Spitzenplatz bei den Nettobeiträgen einnehme. Man sollte bei
solchen Kommentaren auch immer in Betracht ziehen, welcher Mehrwert diesen Zahlungen gegenüberstehe. Für
ein wenig euphemistisch hielt Rossmann die Darstellung im Bericht bezüglich der Finanztransaktionssteuer,
da sie laut dem deutschen Minister Schäuble – wenn überhaupt - nicht vor 2019 komme. Richtig seien die
Anmerkungen bezüglich einer Neugestaltung der Kontrollarchitektur in Europa, merkte Rossmann an, hier müsse
es zu Verbesserungen kommen, zumal auch die Fehlerquote seit 2009 wieder ansteigt.
Auch Abgeordneter Josef Schellhorn von den NEOS plädierte für eine Optimierung der europäischen
Kontrollarchitektur, was u.a. eine bessere Koordination zwischen den nationalen Rechnungshöfen, eine Vereinheitlichung
der Ausbildungsstandards und eine Harmonisierung des Haushaltsrechts umfassen müsste.
Direktförderungen sollten der Kontrolle durch den Rechnungshof unterliegen
Im Bereich der Agrar? und Strukturfondsförderungen flossen im Jahr 2012 1,411 Mrd. € nach Österreich
(0,3 % weniger als 2011), informierte der Rechnungshofpräsident. Die Mittel im Bereich Landwirtschaft machten
88,6 % und die Mittel im Bereich Strukturfonds 11,4 % aus. Zwei Drittel davon flossen an die Bundesländer
(Niederösterreich 32,7 %, Oberösterreich 18,7 % und Steiermark 12,7 %). Den größten Rückgang
im Bereich der Agrarfonds hatte Tirol mit 18,23 Mio. € zu verzeichnen. In den Strukturfonds erfolgten in vier Bundesländern
(Kärnten, Salzburg, Steiermark und Wien) für 2012 aufgrund der Zahlungsaussetzung durch die Europäische
Kommission keine Rückflüsse aus dem EFRE.
Moser teilte mit, dass nicht ausgeschöpfte Mittel für die Entwicklung des ländlichen Raums und für
Strukturprogramme in den Folgejahren noch ausgeschöpft werden können. Gemessen an der Periode 2007 bis
2012 sind über 3 Mrd. € zurückgeflossen, das sind 87,4 %. Die zuständigen Ministerien gehen aber
davon aus, dass letztendlich 100 % der Mittel genutzt werden können, was vom Rechnungshof eher skeptisch betrachtet
wird. Die von Abgeordneter Schenk angesprochene Liste war nicht Gegenstand der Prüfung, erklärte Moser.
Der RH-Präsident sah es als problematisch an, dass Rückflüsse unter zentraler Mittelverwaltung nicht
vollständig der Kontrolle durch den RH unterliegen, weil dieser für private Unternehmen nicht zuständig
ist. Er stimmte mit FPÖ-Mandatar Angerer darin überein, dass Direktförderungen auch durch den Rechnungshof
geprüft werden sollten.
Es sei richtig, dass der Europäische Rechnungshof auch für das Haushaltsjahr 2012 keine uneingeschränkte
Zuverlässigkeitserklärung (ZVE) abgeben konnte, da bei diversen Zahlungen wesentliche Fehler festgestellt
wurden. Zumal nur acht Mitgliedstaaten für 90 % der Finanzkorrekturen in den Bereichen der geteilten Mittelverwaltung
verantwortlich sind, sollte man diese Länder auch konkret nennen, schlug Moser vor; dies sei derzeit jedoch
nicht der Fall. Generell sprach sich Moser dafür aus, den Fokus mehr auf System- und Wirtschaftlichkeitsprüfungen
zu legen, um die Gründe für die Fehler eruieren zu können. So könnte man etwa untersuchen,
warum eine Richtlinie in Deutschland anders ausgelegt wird als in Österreich. Seiner Meinung sollten die bestehenden
Prüf- und Kontrollinstrumente auf jene Risikobereiche konzentriert werden, die überdurchschnittlich zur
negativen ZVE beitragen. Durch eine bessere Koordinierung zwischen den nationalen Rechnungshöfen und dem Europäischen
Rechnungshof sowie eine genaue Festlegung der Kompetenzen und Verantwortlichkeiten könnte man sich sehr viel
Geld ersparen, war Moser überzeugt.
Wichtig wären nach Ansicht des RH-Präsidenten auch eine europaweite, qualitativ hochwertige Weiterbildung
der PrüferInnen sowie die Implementierung eines einheitlichen europäischen bzw. weltweiten Rechnungswesens.
Auf nationaler Ebene gebe es bereits konkrete Pläne in diese Richtung, ein entsprechender Begutachtungsentwurf
sollte bald vorliegen, zeigte sich Moser optimistisch.
Was die geplante Finanztransaktionssteuer betrifft, so habe man im Bericht nur die Absichtserklärung der Finanzminister
von zehn EU-Mitgliedstaaten wiedergegeben, wonach die Ausarbeitung der technischen Details bis Ende 2014 und eine
Umsetzung ab 2016 erfolgen sollte, gab Moser zu bedenken.
Gegenüber dem FPÖ-Mandatar Wolfgang Zanger räumte Moser ein, dass der von ihm angesprochene Bereich
Regionalmanagement durchaus prüfenswert ist; allerdings verfüge der Rechnungshof leider nur über
begrenzte Ressourcen.
Vertagung von FPÖ-Antragen, Fristwahrung bei RH-Bericht zu Hypo-Alpe-Adria
Schließlich vertagte der Rechnungshofausschuss mit Mehrheit von SPÖ und ÖVP zwei FPÖ-Anträge,
mit denen die Rolle des Rechnungshofes gestärkt werden soll.
FPÖ-Abgeordneter Wolfgang Zanger verlangt von der Bundesregierung, den alljährlichen Bericht über
die Einkommen in Unternehmungen und Einrichtungen der öffentlichen Wirtschaft des Bundes gemeinsam mit dem
Rechnungshof weiterzuentwickeln. Laut Zanger soll der Bericht die Einkommen nach Basisgehalt und Leistungskomponenten
aufgliedern und somit insbesondere in Bezug auf Managergehälter aussagekräftiger werden ( 253/A(E)).
Ausschussvorsitzende Gabriela Moser (G) sah einen berechtigten Antrag, dem sie sofort zustimmen könnte. Elmar
Mayer ortete hingegen noch Diskussionsbedarf über verfassungsrechtliche Fragen, der eine Vertagung des Antrags
rechtfertige.
Weiters nimmt Wolfgang Zanger Bezug auf die Rückflüsse von EU-Mitteln, die direkt an Förderungsempfänger
wie Forschungseinrichtungen und Energieunternehmen gehen. Zanger kritisiert, dass diese Gelder bisher ohne konkrete
Prüfung ausbezahlt wurden, und verlangt in einem Entschließungsantrag ( 411/A(E)) allgemein die Erweiterung
der Prüfkompetenz des Rechnungshofs auf direkt an Förderungsempfänger vergebene EU-Gelder. Dazu
merkte Abgeordneter Hermann Gahr (V) an, dass auch hier noch Diskussionsbedarf bestehe, und beantragte die Vertagung.
Außerdem wurde aus Gründen der Fristwahrung der Bericht des Rechnungshofes betreffend die Hypo Alpe-Adria-Bank
International AG und ihre Verstaatlichung ( III-157 d.B.) in Verhandlung genommen und anschließend einstimmig
vertagt. Die Abgeordneten Elmar Mayer (S) und Hermann Gahr (V) betonten, dass der Rechnungshof-Ausschuss sich rasch
eingehend mit dem Bericht befassen sollte. Dazu biete sich ihrer Meinung nach der Unterausschuss an.
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