Wenn Kinder nicht hören

 

erstellt am
15. 04. 15
11.00 MEZ

Wie eine frühe Behandlung von Hörverlust die Entwicklung von Kleinkindern positiv beeinflussen kann
Innsbruck (med-el) - Wenn Eltern vom Hörverlust ihrer Kinder erfahren, sind sie oft überfordert. Die ersten Gedanken drehen sich dann darum, wie das Kind aufwachsen wird und was es für Behandlungsmöglichkeiten für die Hörbeeinträchtigung gibt. Der Grad eines Hörverlustes kann dabei sehr variieren: Ein Kind mit einem gesunden Gehör kann bereits 20 Dezibel (dB), beispielsweise das Rascheln eines Baumes, wahrnehmen. Bei einem mittelgradigen Hörverlust hört das Kind erst ab einem Pegel von 46 bis 60 dB. Dies entspricht der Lautstärke beim Flüstern oder dem Gezwitscher von Vögeln. Oftmals braucht das Kind dann zusätzliche Hilfe durch eine moderne Hörlösung, um die Hörbeeinträchtigung auszugleichen. Erst wenn das Kind die Lautstärke eines Presslufthammers oder Lastwagens nicht mehr hören kann, ab 90 dB oder mehr, spricht man von schwerem Hörverlust. In diesem Fall kann ein Hörimplantat eine Möglichkeit sein, den Hörsinn wiederherzustellen.

Dass implantierbare Hörlösungen bereits im Säuglingsalter ab fünf bis sechs Monaten eine Lösung darstellen und Kindern ein Leben mit weniger Beeinträchtigungen ermöglichen können, wissen viele Eltern nicht. Eine frühe Versorgung verbessert die Zukunftschancen hörbeeinträchtigter Kinder, da sie durch eine frühzeitige Versorgung, genau wie ihre Altersgenossen, Hören und Sprechen lernen können.

Wie Hören die Entwicklung des Kindes beeinflusst
Das Hören steht im engen Zusammenhang zu der frühkindlichen Entwicklung. Besonders die ersten zwei bis drei Jahre bilden dabei die wichtigste Phase. Grund dafür ist die so genannte Plastizität des Gehirns: Bereits im Mutterleib entwickelt sich das menschliche Ohr. Innenohr, Cochlea und Cortisches Organ bilden sich im dritten Monat aus und Innen-, Mittel- und Außenohr sind nach weiteren vier bis sechs Monaten voll ausgebildet. Aus diesem Grund kann ein Baby bereits im Mutterleib die Stimme seiner Mutter wahrnehmen. Innerhalb der ersten drei Lebensjahre bilden sich dann ein Großteil der Synapsen im Gehirn. Diese bleiben bestehen, wenn sie weiterhin aktiviert werden, wie beim Hören und Sprechen oder gehen zugrunde, wenn sie nicht genutzt werden. "Kinder lernen Hören anhand von Schallinformationen, die für die Sprachentwicklung besonders in den ersten Lebensjahren bedeutend sind", erläutert Ao. Univ. Prof. Dr. Wolf-Dieter Baumgartner, HNO Univ. Klinik Wien & Univ. Prof. am Karolinska Institut in Stockholm, MBA. "Hörbeeinträchtigte Kinder, die innerhalb der ersten dreieinhalb Jahre beidseitig implantiert wurden, können die Lernfähigkeit des Gehirns am besten ausschöpfen." In Österreich sind etwa ein bis zwei von 1.000 Neugeborenen von Hörverlust betroffen .

Warum ist eine frühe Versorgung für Kinder mit Hörverlust besonders wichtig?
Defizite in der Sprachentwicklung können durch eine frühe Versorgung im Kleinkindalter minimiert werden. Durch implantierbare Hörlösungen erhalten sie Höreindrücke in einem Alter, in dem ihr Gehirn für das Erlernen der Sprache am aufnahmefähigsten ist. Studien belegen, dass Kinder, die ein Hörimplantat vor ihrem ersten Geburtstag erhalten haben, die auditiven Basisfähigkeiten bereits nach sechs monatigem Tragen erlernen. "Wenn Kleinkindern durch ein Hörimplantat das Hörvermögen wieder geschenkt wird, können sie in den ersten Lebensjahren das Hören und Sprechen erlernen. Geschieht dies erst später, ist die Wahrscheinlichkeit Sprachdefizite zu entwickeln, weitaus höher", so Prof. Dr. Baumgartner.

Leiden die eigenen Kinder an Hörverlust?
Das Hörvermögen wird heutzutage in allen Krankenhäusern bei Neugeborenen getestet. Beim sogenannten Neugeborenen-Screening wird durch einen Hörtest die mögliche Erkrankung erkannt. Es gibt zusätzlich bestimmte Hinweise bei Kindern mit Hörbeeinträchtigungen, die Eltern aufmerksam machen sollten:

  • Das Kind macht keine Fortschritte in seiner Sprachentwicklung bzw. die Sprechfähigkeit entspricht nicht seinem Alter.
  • Das Sprachverstehen fällt dem Kind schwer.
  • Bei lauten Geräuschen erwacht oder erschrickt das Kind nicht.
  • Das Kind kann Geräusche nicht nachahmen.
  • Das Kind kann Geräusche nicht zuordnen (beispielsweise dreht das Baby nicht den Kopf in die Richtung, aus dem der Laut einer Stimme kommt).
  • Auf direkte Ansprache bzw. wenn das Kind gerufen wird, reagiert es mal gar nicht, mal sofort - je nachdem aus welcher Richtung die Geräusche kommen.
  • Das Kind hat häufig Ohrentzündungen oder leidet unter konstanten Ohrgeräuschen, wie beispielsweise einem Klingeln im Ohr.

Auch wenn der erste Schock bei Familien über die Diagnose Hörverlust groß ist, zeigt sich: Durch eine frühe, der jeweiligen Hörbeeinträchtigung angepasste Behandlung, können Kinder ein gutes Sprachverständnis entwickeln, erfolgreich in der Schule sein und ein vergleichbares Leben wie das ihrer Altersgenossen mit gesundem Hörvermögen, führen.

 

 

 

Allgemeine Informationen:
http://www.beat-the-silence.org

 

 

 

 

 

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