Verteidigungsausschuss debattiert
 über Strukturpaket 2018

 

erstellt am
15. 04. 15
11.00 MEZ

Klug rechnet mit zusätzlichen 616 Mio. € für notwendige Investitionen im Bundesheer
Wien (pk) – Niemand wird wegen der Strukturanpassungen beim Bundesheer seinen Job verlieren oder pensioniert werden. Bundesminister Gerald Klug bestätigte am 14.04. im Rahmen einer Aktuellen Aussprache des Verteidigungsausschusses, dass es bis 2018 einen jährlichen Anpassungsbedarf von rund 200 Mio. € gibt, wies aber gleichzeitig auf die innerhalb der Regierung akkordierte Sonderfinanzierung von 616 Mio. € für dringend notwendige Investitionen beim Heer hin. Was die Kasernen in Horn und Tamsweg betrifft, ging der Ressortleiter davon aus, dass es an diesen beiden Standorten ab 2017 keine militärische Nutzung mehr geben werde. In der Frage der Positionierung des Bundesheers in der Europäischen Sicherheitspolitik wiederum sprach sich Klug für ein hohes Maß an Zusammenarbeit aus, betonte jedoch, für das neutrale Österreich sei die Teilnahme an einer EU-Armee keine Option.

Auf der Tagesordnung standen auch die Berichte der Parlamentarischen Bundesheerkommission über die Jahre 2013 und 2014, die von den Abgeordneten einstimmig (in Abwesenheit eines Vertreters der Grünen) zur Kenntnis genommen wurden. Zahlreiche der darin dokumentierten Beschwerde betrafen die Unterbringung der Rekruten und damit im Zusammenhang den schlechten baulichen Zustand der Kasernen. Was wiederum den Umgangston betrifft, macht die Kommission einmal mehr deutlich, dass Rüpeleien und unflätige Ausdrucksweise beim Bundesheer heute nicht mehr toleriert werden.

616 Mio. € Sonderinvest politisch akkordiert
In der Debatte sah sich Klug mit dem Vorwurf des Abgeordneten Christoph Vavrik (N) konfrontiert, die Budgetpolitik beim Bundesheer sei chaotisch, es fehle an klaren Linien und Transparenz. Team Stronach-Mandatar Georg Vetter forderte grundsätzlich mehr Mittel für das Bundesheer, während Reinhard Eugen Bösch von den Freiheitlichen feststellte, das einzig sichere seien die jährlichen Einsparungen von 200 Mio. €. Klug bestätigte, dass es bis 2018 einen strukturierten Anpassungsbedarf von jährlich 200 Mio. € gibt. Im Rahmen des Pakets ÖBH 2018 seien allerdings zusätzliche Budgetmittel von 616 Mio. € zur Finanzierung der dringend notwendigen Investitionen vereinbart worden. 350 Mio. € sollen davon als Sonderfinanzierung für die Jahre bis 2019 zur Verfügung gestellt werden, für den Rest gibt es eine Finanzierungszusage ab 2020. Klug sprach in diesem Zusammenhang von einem "politischen Commitment" der Bundesregierung. Auf Basis dieser Vereinbarung könne der Generalstab schon jetzt eine Mittelverwendung ab 2020 einplanen, um bestimmte Beschaffungsvorgänge mit längerer Vorlaufzeit zu ermöglichen, erklärte er. Der Minister pflichtete im Übrigen dem SPÖ-Abgeordneten Otto Pendl bei, der dazu aufgerufen hatte, trotz aller Einsparungen auch auf die Stärkung der operativen Bereiche im Bundesheer zu achten. Niemand werde wegen des Strukturpakets seinen Job verlieren oder in Pension gehen müssen, betonte er. Vielmehr werde davon ausgegangen, dass die Bediensteten bei Strukturmaßnahmen an Arbeitsplätze eingeteilt werden können, die ihrer Verwendungsgruppe entsprechen, präzisierte Klug und schloss Sozialplanmaßnahmen etwa als Folge von Standortsschließungen aus.

Kasernen Horn und Tamsweg werden ab 2017 geschlossen
Was nun die Stilllegung der Kasernen in Horn und Tamsweg betrifft, war für ÖVP-Verteidigungssprecher Bernd Schönegger das letzte Wort noch nicht gesprochen. Klug stellte hingegen klar, dass aufgrund einer Einigung im Ministerrat die beiden Kasernen für eine Übergangsphase von zwei Jahren, und zwar bis 31.12.2016, fortbestehen und danach aus der militärischen Nutzung genommen werden. Die Landeshauptleute seien darüber informiert. Gemeinsam mit den Bundesländern werde eine Lösung für die Nachnutzung ab 2017 angestrebt.

Trotz Kürzungen mehr Rekruten bei der Militärmusik
Bei der Militärmusik wird es im Zuge der Strukturanpassung zu einer Reduzierung des Personalstands um 50 % kommen, was ÖVP-Mandatar Norbert Sieber ausdrücklich bedauerte. Klug begründete die Einsparungen mit der Empfehlung des Rechnungshofs, in diesem Bereich für mehr Effizienz zu sorgen. Im Einzelnen werden deshalb, wie der Minister mitteilte, die Landes-Militärmusiken zu einer österreichischen Militärmusik mit Außenstellen in allen Bundesländern zusammengefasst. Gleichzeitig wird aber sichergestellt, dass pro Jahr 350 statt bisher 300 Rekruten bei der Militärmusik zum Einsatz kommen.

Miliz soll attraktiver werden
Mit Nachdruck sprach sich Klug für eine Neuausrichtung und Stärkung der Miliz aus. Den neuen Milizbeauftragten, Brigadier Erwin Hameseder, hieß er in diesem Zusammenhang mit den Worten willkommen, das Herz dieses ehemaligen Berufsoffiziers schlage stark für das Bundesheer im Allgemeinen und für die Miliz im Besonderen. Auf Bedenken von Grün-Abgeordnetem Peter Pilz wegen dessen äußerst zeitintensiven beruflichen Tätigkeit als Bank-Manager erwiderte Klug, Hameseders Engagement für das Bundesheer sollte nicht an der Teilnahme an Milizübungen in Uniform gemessen werden. Im Übrigen werde die Miliz klare Aufträge in der Landesverteidigung, bei der Katastrophenhilfe, bei der Cyberüberwachung und auch beim Objektschutz erhalten, ließ Klug die Abgeordneten Hubert Fuchs (F) und Christoph Vavrik (N) wissen. Bis 2018 ist jedenfalls ein schrittweiser quantitativer Zuwachs von zwölf zusätzlichen Milizkompanien geplant. Längerfristig sieht Klug eine Steigerung um 28 weitere Einheiten vor. Auch soll es finanzielle Anreize für neue und bewährte Milizsoldaten im Sinne eines leistungsorientierten Prämiensystems geben.

Teilnahme an EU-Armee für Österreich keine Option
Zur Rolle des österreichischen Bundesheers im Rahmen der Europäischen Sicherheitsstruktur sprach Klug gegenüber SPÖ-Abgeordnetem Harald Troch zunächst von der Notwendigkeit, die Armeen in Europa zu "verzahnen". Für Österreich als neutrales Land sei die Beteiligung an einer EU-Armee aber keine Option. Die Neutralität ist und bleibt Eckpfeiler unserer gemeinsamen Außen-und Sicherheitspolitik, unterstrich Klug mit Nachdruck. Klar war für den Minister allerdings, dass angesichts der gänzlich veränderten Sicherheitslage Bedarf an einer Überarbeitung der Europäischen Sicherheitsstrategie besteht. Nach der Festlegung unserer nationalen sicherheitspolitischen Ziele wollen wir uns auch auf europäischer Ebene einbringen, sagte Klug.

Militärtransporte durch Österreich: Schwere Bedenken der Grünen
Aufklärungsbedarf ortete Peter Pilz (G) im Zusammenhang mit Militärtransporten durch Österreich. Der Sicherheitssprecher der Grünen vermutete, US-Panzer würden via Österreich nach Rumänien gebracht, um dort im Falle einer Eskalation der Situation in der Ost-Ukraine zum Einsatz zu kommen. Klug betonte, der Transport diene ausschließlich der Teilnahme an Übungen und Ausbildungen und sei von Österreich genehmigt worden. Pilz wollte dies als Antwort nicht gelten lassen und verließ aus Protest die Sitzung.

Neue Bundesheerkommission: Kritik, wo nötig - Lob, wo möglich
Mängel bei der Infrastruktur des Bundesheeres dokumentieren die beiden Jahresberichte 2013 und 2014 der Parlamentarischen Bundesheerkommission ( III-130 d.B., III-158 d.B.), die vom Ausschuss - in Abwesenheit eines Vertreters der Grünen - einhellig zur Kenntnis genommen wurden. Viele Rekruten beschwerten sich über schlechte Unterbringung und Ausrüstung, was die Kommission zu der Mahnung veranlasste, die an vielen Kasernenstandorten vernachlässigte Infrastruktur zu erneuern und Mängel bei Ausrüstung und Fahrzeugausstattung zu beheben. Allgemein stieg die Zahl der Beschwerdeverfahren von 384 im Jahr 2013 auf 502 im Jahr 2014, 18 davon wurden von der Bundesheerkommission amtswegig eingeleitet. 79 % der Beschwerden sah die Kommission als berechtigt an.

Die Debatte leitete der Vorsitzende der neuen Parlamentarischen Bundesheerkommission, SPÖ-Abgeordneter Otto Pendl, mit Dank und Respekt für die Arbeit der vorangegangenen Kommission ein, wobei er Anton Gaal, Paul Kiss und Walter Seledec hervorhob. Die Parlamentarische Bundesheerkommission wird auch in Zukunft sachlich und jenseits der Tagespolitik agieren, kündigte Pendl an und versprach eine zeitgerechte Vorlage der Berichte. Die Kommission werde Kritik zu üben, wo dies notwendig sei, zugleich aber deutlich machen, wo das Bundesheer gut funktioniere. Rechtsfragen, die in der Vergangenheit ungelöst geblieben seien, will Pendl rasch einer Klärung zuführen. Zudem gelte es, eine Lösung beim Umgang mit der zunehmenden Zahl anonymer Beschwerden zu finden. Dabei wies Pendl auch auf die wachsende Bedeutung sozialer Medien im Beschwerdewesen hin.

In der Debatte verlangte Georg Vetter (T) vom militärischen Führungspersonal des Bundesheeres, sich seiner Vorbildwirkung gegenüber den SoldatInnen stärker bewusst zu sein. Christoph Vavrik (N) erfuhr von Otto Pendl, die Parlamentarische Bundesheerkommission werde der Überprüfung und Kontrolle der Reform des Grundwehrdienstes auch in Zukunft oberste Priorität einräumen.

 

 

 

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