… im Bereich der präventiven Menschenrechtskontrolle – Forderung nach Impfpflicht und
verbesserter Grundversorgung von Asylwerbern sowie Lob für die Reform des Jugendstrafvollzugs
Wien (volksanwaltschaft) - Die Volksanwaltschaft verzeichnet das höchste Beschwerdeaufkommen in ihrer
Geschichte. Knapp 20.000 Menschen wandten sich im vergangenen Jahr an die Kontrollinstanz - das ist ein Plus von
2,1 Prozent. Dies stellten die Vorsitzende der Volksanwaltschaft, Dr. Gertrude Brinek, Volksanwalt Dr. Günther
Kräuter und Volksanwalt Dr. Peter Fichtenbauer am 22.04. bei ihrer Präsentation des Jahresberichts der
Volksanwaltschaft fest. "Insbesondere im Bereich der präventiven Menschenrechtskontrolle zeigen sich
erste Erfolge", so Brinek. "Der Fokus liegt dabei auf der Prävention und dem Wunsch, Missstände
in Zukunft überhaupt vermeiden zu können!"
Brinek stellt Missstände in der Justiz und der Finanzverwaltung fest
Die Volksanwaltschaft stellte im Berichtszeitraum Missstände in der Handhabung und Umsetzung mit Online-Diensten
und Berechnungsprogrammen des BMF fest. Insbesondere kritisierte Volksanwältin Brinek Probleme mit dem Pendlerrechner
und der Stichtagsregelung betreffend den Handwerkerbonus. Außerdem unterstreicht die Volksanwältin,
dass Personen ohne Internetzugang die Kommunikation mit der Finanzverwaltung auch auf anderem Wege ermöglicht
werden muss. In der Justizverwaltung fordert die Volksanwältin Verbesserungen der Ermittlungstätigkeit
der Staatsanwaltschaften, um Opfern den Zugang zu Schadenersatz zu erleichtern. "Es besteht ein Gebot zu handeln!
Die Sorgfaltspflicht des Staates hat sich im Justizbereich zu manifestieren", bekräftigt Brinek. Im Bereich
der präventiven Menschenrechtskontrolle lobte Volkanwältin Brinek Erfolge durch die Reform des Jugendstrafvollzugs
und der geplanten Reform des Maßnahmenvollzugs.
Kräuter fordert "kleine Impfpflicht" und Verbesserungen in Alten- und Pflegeheimen
Volksanwalt Kräuter betont, dass die von der WHO vorgegebene Durchimpfungsrate für MMR (Masern-Mumps-Röteln)
in Österreich nicht erreicht wurde. Die Zahl der Masernerkrankungen sei deutlich angestiegen, daher fordert
die Volksanwaltschaft die Einführung einer "kleinen Impfpflicht". "Das Wohl der Kinder ist
vorrangiges Ziel", so Kräuter. Ebenso kritisiert Volksanwalt Kräuter die unterschiedlichen Standards
betreffend Alten- und Pflegeheime, Einrichtungen für Menschen mit Behinderung und Einrichtungen für Kinder
und Jugendliche in den Bundesländern. "Besonders seien bei den Kommissionsbesuchen auch hohe Verschreibungsraten
von Psychopharmaka bei geriatrischen Bewohnerinnen und Bewohnern aufgefallen", so Kräuter. Laut einer
Studie werden in Österreich 74% der Bewohner von Alten- und Pflegeheimen medikamentös sediert oder ruhig
gestellt, obwohl nicht in allen Fällen die Notwendigkeit dazu und nicht-medikamentöse Alternativen bestünden.
"Eine dramatische Entwicklung in menschenrechtlicher Sicht", die auch einen verstärkten Forschungsbedarf
offen zu Tage treten lässt, betont Kräuter. Als dramatisch und allen einschlägigen internationalen
und nationalen Rechtsvorschriften widersprechend sei weiters die hohe Zahl minderjähriger unbegleiteter Flüchtlinge
in Erstaufnahmezentren. Die Länder als Kinder- und Jugendhilfeträger müssen ihrer Verantwortung
als Obsorgeträger nachkommen und qualitativ und quantitativ hochwertige Betreuungsangebote schaffen.
Fichtenbauer fordert Änderungen bei der Grundversorgung von Asylwerbern
Volksanwalt Fichtenbauer hielt fest, dass im Jahr 2014 um 11.000 Flüchtlinge mehr als im Jahr 2013 nach Österreich
gekommen sind. Vor allem der Betreuung von minderjährigen Flüchtlingen werde nicht die nötige Aufmerksamkeit
entgegengebracht. Für sie gibt es öster-reichweit zu wenige adäquate Betreuungsplätze. Fichtenbauer
stellte fest: "Der Defekt muss seitens der Volksanwaltschaft benannt werden - es bestehen Mängel quer
durch Österreich!" Die Unterbringung von Flüchtlingen, die noch im Zulassungsverfahren sind, sollte
außerdem sozialverträglich gestaltet werden. In größeren Städten sei die Akzeptanz höher
und die Betroffenen würden gute infrastrukturelle Voraussetzungen vorfinden. Am besten sei eine Anbindung
an die neun Regionalstellen des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl, Traiskirchen würde damit entlastet.
Volksanwalt Fichtenbauer ist überzeugt: "Flüchtlinge kommen nicht aus Jux und Tollerei nach Österreich".
Er unterstreicht damit die Notwendigkeit, den gesetzlichen Vorgaben zur Grundversorgung von Flüchtlingen nachzukommen.
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