Wien (tu) - Das Aussehen von Objektoberflächen in Computerspielen wirkt oft unnatürlich. Eine neue
Rechenmethode ahmt die komplizierte Streuung des Lichts im Material nach und ermöglicht dadurch erheblich
realistischere Bilder.
Autos überschlagen sich, Geschosse fliegen umher und ein Flugzeug rast quer über den Bildschirm. Dreidimensionale
Objekte lassen sich mit heutigen Computern blitzschnell berechnen. Unnatürlich sahen bisher allerdings die
Oberflächen verschiedener Materialien aus. Egal ob Haut, Stein oder Wachs – am Computerbild wirkt jedes Objekt
als hätte man es aus demselben Material geschnitten. Das soll sich nun ändern. Die TU Wien, die Universität
Saragossa und der Spielehersteller Activision-Blizzard haben nun eine mathematische Methode entwickelt, die Oberflächen
realistisch erscheinen lässt. Sie berücksichtigt, dass das Licht in das Material eindringt und dadurch
verändert wird.
Video: https://www.youtube.com/watch?v=P0Tkr4HaIVk
Das Licht, das aus der Tiefe kommt
Wenn wir unsere Finger gegen die Sonne halten, sehen sie am Rand rot aus, weil das Licht in unsere Haut eindringen
kann. Das Aussehen eines Objektes wird stark von der Lichtstreuung in tieferliegenden Bereichen bestimmt. „Man
spricht von Sub-Surface-Scattering oder Volumenstreuung“, erklärt Christian Freude, der gemeinsam mit Károly
Zsolnai, Thomas Auzinger und Michael Wimmer am Institut für Computergraphik und Algorithmen der TU Wien an
der neuen Rendering-Methode forscht. „Genau diese Streuung im Inneren des Materials ist maßgeblich dafür
verantwortlich, dass unterschiedliche Oberflächen für uns so unterschiedlich aussehen. Haut sieht anders
aus als Wachs und eine Pflanze wirkt ganz anders als eine Steinoberfläche“, sagt Christian Freude.
Besonders die Darstellung von Haut stellt sich aus diesem Grund als kompliziert heraus. Man kann heute ein Gesicht
am Computer hochauflösend und realistisch darstellen – bis hin zu feinen Poren und winzigen Unebenheiten.
Doch so richtig realistisch wirkt Haut deshalb noch lange nicht. Wenn man die Lichtstreuung unter der Oberfläche
nicht berücksichtigt, sieht auch ein perfekt gerendertes Gesicht aus wie aus mattem, undurchsichtigem, hautfarbenem
Stein gemeißelt.
Die Rechenzeit ist das Problem
„Grundsätzlich kann man natürlich die Streuung des Lichts unter der Oberfläche physikalisch präzise
ausrechnen“, sagt Christian Freude. „Doch muss man dafür unzählige Lichtstrahlen simulieren, und es kann
Stunden dauern, ein einzelnes Bild zu berechnen.“ Das Forschungsteam von der TU Wien, der Universität Saragossa
und der Firma Activision-Blizzard untersuchten daher, wie sich einfachere Methoden finden lassen, die einen ähnlichen
Effekt in Sekundenbruchteilen erzielen. So entstand nun die „SSSS-Methode“ (Separable Subsurface Scattering).
Die Grundidee für die neue Methode stammt von Jorge Jimenez von der Firma Activision-Blizzard. Er entwickelte
ein ähnliches Verfahren speziell für menschliche Haut. „Wir haben nun die mathematischen Grundlagen geschaffen
um beliebige Materialien realistisch darzustellen, zum Beispiel Marmor, Wachs oder Pflanzen“, sagt Prof. Wimmer.
„Zunächst berechnet man die Streuung eines einzelnen Lichtstrahls unter der Oberfläche, um daraus ein
einfaches Filterprofil zu erstellen, das man dann immer wieder auf die Bilder anwenden kann“, sagt Christian Freude.
„Das Computerbild wird also zunächst mit den herkömmlichen Methoden generiert, um es danach mit unserer
SSSS-Methode zu bearbeiten, was die richtige Oberflächendarstellung und –qualität hervorbringt.“
„Wir haben nach einer eleganten Lösung gesucht, die basierend auf einem bereits berechneten Bild arbeiten
kann. Die endgültige Version unserer Methode benötigt in Full-HD Auflösung auf normaler Hardware
nur eine halbe Millisekunde pro Bild“, sagt Károly Zsolnai. Damit kann trotzdem noch eine flüssig ablaufende
Bewegung dargestellt werden.
„Es gab schon andere Versuche, Subsurface Scattering in Echtzeit-Renderings zu berücksichtigen, doch bisher
war die Rechenzeit oft zu lange für die praktische Anwendung“, sagt Christian Freude. „Wir konnten die Bearbeitung
einer zweidimensionalen Oberfläche auf zwei eindimensionale Berechnungen zurückführen, das spart
Rechenzeit und liefert trotzdem überzeugende Ergebnisse.“ „Diese Reduktion der Dimensionalität wurde
mit verschiedenen mathematischen Methoden erzielt, die von exakter Integration, über numerische Optimierungsroutinen
bis hin zu benutzergesteuerter Farbprofilmodellierung reichen“, ergänzt Thomas Auzinger.
Activision-Blizzard verwendet die neue Methode bereits. Das Team geht davon aus, dass die SSSS-Methode in Zukunft
auch in vielen anderen Anwendungen zu finden sein wird. Im Journal „Computer Graphics Forum“ wird die neue Methode
vorgestellt, damit ist sie nun auch für andere Anwender nutzbar.
|