Land Burgenland fördert die Integration bildungsferner Gruppen ins lebensbegleitende Lernen
Eisenstadt (blms) - Erfolg im Beruf baut üblicherweise auf einer guten Berufsausbildung mit positiven
Abschlüssen bzw. Zeugnissen auf. Die Frage der Zertifizierung von Kenntnissen und Kompetenzen, die außerhalb
des formalen (Berufs)-Bildungsprozesses erworben worden sind, ist daher in den letzten Jahren insbesondere mit
dem Konzept des ´Lebenslangen Lernens´ zunehmend in den Fokus der Bildungspolitik gerückt. Im
Burgenland wurde daher von Mai 2012 bis Dezember 2014 das Pilotprojekt „Du kannst was!“ zum Nachholen eines Lehrabschlusses
durch Anerkennung von beruflichem Erfahrungswissen durchgeführt. Es ist dies ein spezielles Anerkennungsverfahren,
welches Personen, die in ihrem derzeitigen Berufsfeld über keinen formalen Berufsabschluss verfügen,
die Möglichkeit gibt, sich ihre in der Berufspraxis erworbenen Kenntnisse und Fertigkeiten anerkennen zu lassen
und so zu einem Lehrabschluss zu gelangen.
Landesrat Helmut Bieler: „Das Burgenland ist - gemessen an der Gesamtbevölkerung - das Land mit der höchsten
Anzahl der Maturantinnen und Maturanten. Darauf können wir zu Recht stolz sein. Es gibt aber auch eine andere
Statistik. Wenn wir uns die Daten im Bereich der Niedrigqualifizierten anschauen, müssen wir leider feststellen,
dass etwa 20 Prozent der Burgenländerinnen und Burgenländer keinen über einen Pflichtschulabschluss
hinausgehenden Abschluss haben. Das sind vor allem die klassischen Hilfsarbeiterinnen und Hilfsarbeiter. Aus diesem
Grund fördern wir im Burgenland Projekte zur Stärkung des Bildungsbewusstseins und zur Integration sogenannter
bildungsferner und bildungsbenachteiligter Gruppen ins lebensbegleitende Lernen.“
Das Projekt wurde von den Burgenländischen Volkshochschulen gemeinsam mit der Arbeiterkammer, der Wirtschaftskammer
und dem Land initiiert. Zu den KooperationsverbundpartnerInnen gehören zudem noch AMS, ÖGB, IV, LSR sowie
BFI, WIFI und BUZ Neutal. Gefördert wurde dieses für die TeilnehmerInnen kostenlose Anerkennungsverfahren
vom Europäischen Sozialfonds mit Kofinanzierung von Bund und Land Burgenland. Für eine Förderung
der eventuell anfallenden Weiterbildungskosten konnte um Qualifikationsförderung der Burgenländischen
Landesregierung angesucht werden. In der Pilotphase wurde dieses Verfahren für die Berufe MetallbearbeiterIn,
Koch/ Köchin, TischlerIn, Einzelhandelskaufmann/ Einzelhandelskauffrau, IT-TechnikerIn, MaurerIn angeboten
und durchgeführt.
Arbeitsmarktlandesrat Dr. Peter Rezar betont die Notwendigkeit der individuellen finanziellen Unterstützung,
um durch entsprechende Qualifikationen das berufliche Fortkommen zu ermöglichen: „Personen mit geringem Bildungsniveau
nehmen seltener an Weiterbildungsmaßnahmen teil, als Personen mit hohem Ausbildungsniveau. Es gilt daher,
Angebote für die berufliche Weiterbildung und für das berufliche Weiterkommen durch Qualifikation so
gut wie möglich zu fördern und zu unterstützen. Bei ‚Du kannst was‘ werden zielgerichtete Maßnahmen
angeboten, die exakt auf die Bedürfnisse der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer abzielen. Es ist richtig und
wichtig auf die berufliche Qualifikation zu setzen und möglichst individuelle Ausbildungschancen zu ermöglichen.
Es geht um eine Besserstellung der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer durch die Anerkennung der vorhandenen Qualifikationen.“
Nach Abschluss des Pilotmodells kann eine sehr erfreuliche Bilanz für den Zeitraum von Mai 2012 bis Dezember
2014 präsentiert werden: Von den 95 Interessierten, die eine Einstiegsberatung in Anspruch genommen hatten,
besuchten 50 Personen die Portfolioworkshops im Rahmen der ersten beiden Pilotworkshopdurchgänge, weitere
9 sind bereits für den im neuen Projekt geplanten Durchgang im Frühjahr 2015 vorgemerkt. 47 Personen
nahmen an der 1. Performanzfeststellung der Pilotworkshopdurchgänge teil. Von diesen halten 42 TeilnehmerInnen
ihr Lehrabschlusszeugnis in der Hand. Die restlichen 5 KandidatInnen werden demnächst ihren Abschluss erhalten.
VHS-Geschäftsführerin Christine Teuschler präzisierte abschließend das erfolgreiche Ergebnis:
„Von Mai 2012 bis Dezember 2014 konnten unsere BildungsberaterInnen 95 Interessierte in intensiven Beratungsgesprächen
über dieses neue Anerkennungsverfahren informieren und auf den Einstieg vorbereiten. 50 Personen nahmen dann
an den insgesamt fünf Portfolioworkshopreihen mit je 3 Workshopterminen im BUZ Neutal und in der VHS in Eisenstadt
teil und weitere 9 Personen sind bereits für den im neuen Projekt geplanten Workshopdurchgang im Frühjahr
2015 vorgemerkt. Die restlichen InteressentInnen hatten entweder zu wenig Berufsjahre, deckten das Berufsbild nur
unzureichend ab oder wollten einen Berufsabschluss, den das Projekt nicht beinhaltete. Etwa die Hälfte der
TeilnehmerInnen strebte den Lehrabschluss im Einzelhandel an. Und diese KandidatInnen im Einzelhandel waren aufgrund
ihrer praktischen Vorkenntnisse so erfahren, dass sie bereits nach dem ersten Überprüfungsverfahren ihr
Lehrabschlusszeugnis überreicht bekamen. Die anderen TeilnehmerInnen mussten bzw. müssen zwei sogenannte
Performanzfeststellungen und teilweise, falls notwendig, auch Aufschulungen absolvieren. Insgesamt haben 42 Personen
ihr Lehrabschlusszeugnis erhalten – davon 14 Auszeichnungen und 11 Gute Erfolge. Sie sind somit von einer Hilfskraft
zum Facharbeiter bzw. zur Facharbeiterin aufgestiegen, 5 KandidatInnen werden demnächst ihren Abschluss erreicht
haben. Den großen Projekterfolg führen wir unter anderem auf die gute Zusammenarbeit mit den KooperationspartnerInnen,
aber auch die durchgängige Prozessbegleitung durch unsere Bildungsberaterinnen zurück.“
Die Burgenländischen Volkshochschulen haben im Rahmen des aktuellen Calls der Kulturabteilung in der neuen
EU-Förderperiode ein Folgeprojekt von „Du kannst was“ eingereicht. Nach der positiven Bilanz des Pilotprojekts
geht Christine Teuschler davon aus, dass auch das aktuelle Projekt gefördert wird: „Wir freuen uns somit,
dass der Weg des anerkannten Berufsabschlusses im Burgenland weitergeht. Der Ablauf des Anerkennungsverfahrens
hat sich im Großen und Ganzen nicht geändert. Als Innovation ist der Beruf Restaurantfachmann bzw. Restaurantfachfrau
dazu gekommen.“ Die erste Workshop-Reihe für den Beruf Einzelhandelskaufmann/ Einzelhandelskauffrau startet
im BUZ Neutal, die anderen Berufsbilder folgen in den nächsten Wochen. Interessierte können sich also
ab sofort wieder unter der Hotline 0 664/ 4 500 501 oder direkt bei den VHS-Bildungsberaterinnen Belinda Pinter
und Stefanie Moor melden und ein persönliches Beratungsgespräch in Anspruch nehmen.
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