Mailath, Frauenberger und Rumelhart eröffnen Installation von
Simone Zaugg am Naschmarkt
Wien (rk) - Die Schweizer Künstlerin Simone Zaugg hat für den Wiener Naschmarkt ein labyrinthisches
Geländersystem entworfen, das stetig höher wird. Wahrgenommen werden kann es sowohl als metaphorische
Zwangsjacke als auch als spielerischer Parcours. Sie hat damit ein einprägsames Bild geschaffen, welches uns
Zwänge und Strukturen sowie Durchlässigkeiten einer Gesellschaft zeigt. Die von Kunst im öffentlichen
Raum GmbH (KÖR) realisierte, temporäre Installation wurde am 28.04. von den Wiener Stadträten Sandra
Frauenberger und Andreas Mailath-Pokorny, Bezirksvorsteher Markus Rumelhart, KÖR Geschäftsführerin
Martina Taig und der Kuratorin Cosima Rainer eröffnet. "raising the bar" ist bis zum Frühjahr
2016 neben der Flohmarktmeldestelle/Kettenbrückengasse zu sehen.
"Wir haben die Verpflichtung uns mit der lange unsichtbaren Opfergruppe der Lesben, Schwulen und Transgenderpersonen
in der Zeit der NS-Diktatur, aber auch mit der Verfolgungsgeschichte davor und auch nach 1945 auseinander zu setzen.
Das temporäre Mahnmal steht jetzt am Naschmarkt, einem Ort der Begegnung und ist auch begehbar, damit das
Gedenken einen Platz in unserem Alltag erhält. Am Weg zu einem permanenten Mahnmal für diese Opfergruppe
ist "raising the bar" ein wichtiger Denkanstoß zur Verfolgungsgeschichte bis in die Gegenwart.
Wir gedenken, um uns zu erinnern: Nie wieder Faschismus!" so Sandra Frauenberger, Stadträtin zuständig
für Antidiskriminierung gleichgeschlechtlicher und transgender Lebensweisen.
"Antifaschistischem Gedenken kommt eine hohe Bedeutung zu, da die Republik Österreich erst als Antithese
zum Faschismus entstand. Das Erinnern an die Vergangenheit ist so tatsächlich immer in die Zukunft gerichtet.
Ein wichtiger Teil dieser Zukunftsarbeit ist das neue, temporäre Mahnmal für die Homo- und Transgender
Opfer des Nationalsozialismus, das an jene erinnert, die aufgrund ihrer sexuellen Orientierung verfolgt und ermordet
wurden. Nunmehr bereits zum vierten Mal sind die temporären Mahnmäler für diese Opfergruppe ein
lebendiges und unverzichtbares Zeichen für Wiens Umgang mit seiner Vergangenheit", betont Wiens Kulturstadtrat
Andreas Mailath-Pokorny.
"Im April vor 70 Jahren brannte der Naschmarkt. Wien lag in Schutt und Asche. Die Spuren des 2. Weltkrieges
sind mittlerweile verwischt, die Erinnerung daran verblasst. Daher gedenken wir im 6. Bezirk an 39 Plätzen
876 Messingtafeln an die Opfer der Nationalsozialisten. Diese Erinnerungssteine, genauso wie das neue Mahnmal für
homosexuelle und transgender NS-Opfer, rufen uns heute und in Zukunft ins Bewusstsein, gegen rassistische, religiöse,
homophobe und ideologische Tendenzen in unserer Gesellschaft entschlossen aufzutreten", so der Mariahilfer
Bezirksvorsteher Markus Rumelhart.
Simone Zaugg: 'raising the bar'
Als abstrakte Skulptur thematisiert das Geländerlabyrinth Einschlüsse und Ausschlüsse, das Gefangensein
und das Durchschlüpfen sowie ein Ordnungssystem, das ausgeweitet werden kann. Seine Struktur, die den Körper
in eindeutige Bahnen lenkt, erinnert an den Zwangsapparat der "Heteronormativität", die unsere Gesellschaft
als Weltanschauung bis heute prägt, die Heterosexualität als soziale Norm postuliert und damit einen
Standard vorgibt, an dem alles gemessen wird. Der Titel "raising the bar", ist eine englische Redewendung
und benennt das Höherlegen einer Messlatte. Gleichzeitig erleichtert das Ansteigen des Geländers aber
das physische Hindurchschlüpfen, das Unterwandern der Barrieren und somit das Verlassen und Überwinden
des vorgegebenen Systems. Der Titel vermittelt damit die Ambivalenz zwischen unerreichbaren Maßstäben
und der Idee von Barrieren, die beseitigt werden können.
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