IV-GS Neumayer zu aktuellen Konjunkturdaten: Unsicherheit bei Standortbedingungen müssen
endlich überwunden werden
Wien (pdi) - „In Kontrast zum europäischen Geleitzug befindet sich die österreichische Wirtschaft
weiterhin auf der konjunkturellen Kriechspur. Während sich die allmähliche Aufhellung des konjunkturellen
Gesamtbildes in Europa während der vergangenen Monate fortgesetzt hat, ist von einer Belebung in Österreich
nach wie vor nichts zu spüren. Die konjunkturelle Lethargie hierzulande setzt sich fort – sie darf aber kein
Dauerzustand werden. Und insbesondere darf sie nicht durch fortgesetzte standortpolitische Schnapsideen noch verstärkt
werden. Wir brauchen Rahmenbedingungen, die das Entstehen von Arbeitsplätzen ermöglichen und nicht behindern“,
brachte der Generalsekretär der Industriellenvereinigung (IV), Mag. Christoph Neumayer, in einer gemeinsamen
Pressekonferenz mit IV-Chefökonom Dr. Christian Helmenstein die Ergebnisse des aktuellen Konjunkturbarometers
aus dem 1. Quartal 2015 am 28.04. auf den Punkt.
„Es ist höchst an der Zeit, die hauptsächlich von der Bundesebene ausgehende Unsicherheit bezüglich
der Verlässlichkeit der standortspezifischen Rahmenbedingungen in Österreich zu überwinden. Andernfalls
läuft das Land Gefahr, in einen Teufelskreises zu geraten, bei dem sich die Stagnation selbst perpetuiert“,
betonte Neumayer. „Denn neben der seit Jahren anhaltenden Erosion der heimischen Wettbewerbsfähigkeit wurde
in jüngerer Zeit das Vertrauen in den Standort durch eine Serie diskretionärer wirtschafts- und fiskalpolitischer
Interventionen erheblich reduziert. Die dadurch ausgelöste Investitionsschwäche trübt die mittel-
und langfristigen Wachstumsaussichten Österreichs und veranlasst die Investorinnen und Investoren zur Absenkung
ihrer Absatzerwartungen. Dies wiederum macht eine Revision der Investitionspläne erforderlich, welche die
Investitionsschwäche in Österreich abermals verschärft. Naturgemäß kostet das wiederum
dringend benötigte Arbeitsplätze“, so der IV-Generalsekretär.
Diesem vorgezeichneten Abgleiten in die Dauerkrise sei entschlossen entgegenzuwirken. „Sollte es nicht gelingen,
der Abwärtsspirale zu entkommen, wird die noch vor wenigen Jahren unwirklich erscheinende historische Negativrekordmarke
einer halben Million arbeitsloser Personen in Österreich trotz eines Konjunkturaufschwunges im übrigen
Europa überschritten werden“ so Neumayer. Helmenstein: „Inzwischen droht Österreich für den Erhalt
und den Ausbau seines Kapitalbestandes die erste wirtschaftlich verlorene Dekade in Friedenszeiten.“
Der Wert des IV-Konjunkturbarometers, welches als Mittelwert aus den Beurteilungen der gegenwärtigen Geschäftslage
und der Geschäftslage in sechs Monaten bestimmt wird, erholt sich moderat nach +14 Punkten im Vorquartal auf
nunmehr +18 Punkte. Zum selben Zeitpunkt des Vorjahres lag der betreffende Wert deutlich höher bei +26 Punkten,
obwohl sich das konjunkturelle Umfeld in Europa insgesamt – angefangen vom Rohöl- und Rohstoffpreisniveau
über den Euro-Wechselkurs bis zu den Finanzierungsbedingungen – derzeit günstiger als vor einem Jahr
präsentiert. Dies unterstreicht die Einschätzung, dass vor allem Austriaca die konjunkturelle Schwäche
bedingen, zumal die aktuelle Geschäftslage mit einem Wert von +22 Punkten sogar um 6 Punkte schwächer
als noch vor einem Quartal eingeschätzt wird. Hingegen setzt sich bei der zweiten Komponente des Konjunkturbarometers
die Aufwärtstendenz fort. Per saldo legen die Geschäftserwartungen um 13 Punkte zu, sodass erstmals nach
einem Dreivierteljahr die Anzahl der Unternehmen, die eine Verbesserung der Geschäftslage erwarten, die Zahl
derjenigen überwiegt, die mit einer Verschlechterung der Lage rechnen.
Während sich die Stimmungslage auf Sicht eines halben Jahres somit etwas aufhellt, lassen sich aus der Entwicklung
der Auftragsbestände nach wie vor keine Hinweise auf eine Dynamisierung des Geschäftsganges ableiten.
Die Gesamtauftragsbestände verharren nun schon seit einem Jahr auf einem mäßigen Niveau (Saldo
+28 Punkte nach +30 Punkten im Vorquartal). Trotz der Schwäche der europäischen Gemeinschaftswährung
und der daraus resultierenden absatzseitigen Preisvorteile bildet sich der Saldo der Auslandsaufträge sogar
auf einen Wert von +27 Punkten nach zuvor +31 Punkten zurück.
Im Einklang mit der gedämpften Auftragslage gestalten die Unternehmen ihre Produktionsplanung weiterhin vorsichtig.
Der saisonbereinigte Wert für die Produktionstätigkeit in den nächsten drei Monaten legt auf +10
Punkte (nach +4 Punkten) zu und erreicht damit nahezu dasselbe Niveau wie vor einem halben Jahr.
Verhaltene Produktionserwartungen, eine abnehmende Auftragsreichweite und der zur Wahrung der Wettbewerbsfähigkeit
erforderliche Produktivitätsfortschritt ließen weitere Beschäftigungsverluste erwarten, doch werden
diese durch die etwas günstiger als zuletzt eingeschätzten Perspektiven für den Geschäftsgang
in sechs Monaten aufgewogen. Dementsprechend setzt sich der seit dem Herbst des Vorjahres zu beobachtende
Beschäftigungsabbau praktisch nicht mehr fort. Der Saldo für den Beschäftigtenstand verbessert sich
von -15 Punkten auf nunmehr -2 Punkte.
Unverändert ist die Situation bei den Verkaufspreisen. Hier schlagen sich nach wie vor die international weiterhin
vorhandenen Überkapazitäten in einem äußerst hohen Preisdruck nieder (Saldo von -12 Punkten
nach -14 Punkten im Vorquartal).
Im Einklang mit einer mäßigen Mengenkonjunktur und dem hohen Druck auf die Verkaufspreise fällt
die aktuelle Ertragslage nach einer rohstoffkostenbedingten Entspannung im Vorquartal wieder auf das bereits seit
zwei Jahren anhaltend niedrige Niveau zurück. Auf Sicht von sechs Monaten erwarten die Respondenten in Übereinstimmung
mit der konjunkturellen Stimmungslage eine leicht verbesserte Ertragsentwicklung. Der Saldo für die Ertragsaussichten
steigt von -2 Punkten auf +9 Punkte – zum selben Zeitpunkt des Vorjahres betrug dieser Wert +17 Punkte. Gegenüber
dem Vorjahr hat die Zuversicht somit auch bei den Ertragserwartungen markant abgenommen.
Die IV-Konjunkturumfrage: Zur Befragungsmethode
An der jüngsten Konjunkturumfrage der Industriellenvereinigung beteiligten sich 411 Unternehmen mit rund
244.700 Beschäftigten. Bei der Konjunkturumfrage der IV kommt folgende Methode zur Anwendung: den Unternehmen
werden drei Antwortmöglichkeiten vorgelegt: positiv, neutral und negativ. Errechnet werden die (beschäftigungsgewichteten)
Prozentanteile dieser Antwortkategorien, sodann wird der konjunktursensible „Saldo“ aus den Prozentanteilen positiver
und negativer Antworten unter Vernachlässigung der neutralen gebildet.
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