Wien (wifo) - Die Schwäche der chinesischen Volkswirtschaft, die markante Dollaraufwertung und der Konjunktureinbruch
in Russland dämpften zu Jahresbeginn das Wachstum des Welthandels. Die Erholung der Wirtschaft in einigen
Ländern an der Peripherie des Euro-Raumes, die Expansion der Binnennachfrage in Deutschland und die Belebung
der Industrieproduktion in Osteuropa begünstigen zur Zeit die Konjunktur in der EU. Die Terms-of-Trade-Verbesserung
aufgrund der Rohölverbilligung stimulierte die heimischen Importe. Dies drückte zwar die Entwicklung
der Nettoexporte, jedoch erhöhte sich im gleichen Ausmaß die Inlandsnachfrage. Der Investitionsrückgang
ließ etwas nach. Das reale BIP wuchs kaum, und die Arbeitslosenquote stieg weiter.
Mehrere Faktoren waren für die neuerliche Abschwächung des Welthandels Anfang 2015 bestimmend: Die chinesische
Volkswirtschaft wuchs im I. Quartal 2015 so langsam wie zuletzt während der Wirtschaftskrise, die markante
Dollaraufwertung hemmte den Export der USA, und in Russland und Brasilien verschlechterte sich die Konjunktur weiter.
Eine breite Erholung der Industrieproduktion zeigte sich in den vergangenen Monaten lediglich in Osteuropa; dies
schließt die Russland-Ukraine-Krise als Ursache der Investitionsflaute im übrigen Europa aus. Im Euro-Raum
liegt die Konjunkturschwäche vielmehr an der unzureichenden Binnennachfrage. Das zeigt sich u. a. in der Abwärtstendenz
der Kerninflationsrate (März 2015: 0,6%) und hängt mit der restriktiven Fiskalpolitik zusammen. Insgesamt
deuten die Stimmungsindikatoren für die EU und für den Euro-Raum auf eine anhaltend geringe Expansion
hin.
Der negative Effekt der Welthandelsdämpfung für die österreichischen Exporte wurde im I. Quartal
2015 durch die Euro-Abwertung teilweise kompensiert, sodass die Ausfuhr die mäßige Dynamik von Ende
2014 beibehielt. Hingegen folgte der Verbesserung der Terms-of-Trade aufgrund des Rohölpreisverfalls 2014
zu Jahresbeginn 2015 die verzögerte Stimulierung der Importe. Im Gegensatz zum Vorquartal lieferten die Nettoexporte
insgesamt daher keine nennenswerten Wachstumsbeiträge. Da die Investitionen aber nicht mehr so stark schrumpften,
stagnierte das reale BIP im I. Quartal lediglich (+0,1% gegenüber der Vorperiode). Die beschleunigten Mietpreissteigerungen
und die aufgrund der kalten Progression 2014 überproportional gestiegene Abgabenbelastung hielten die Zunahme
des privaten Konsums flach. Eine Stütze der Konjunktur blieben allerdings die Dienstleistungen; insbesondere
im Mobilfunkbereich belebten sich die Umsätze. Aufgrund der anhaltenden Konjunkturschwäche stieg die
saisonbereinigte Arbeitslosenquote im April 2015 auf 9,2%.
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