RH-Präsident warnt vor Budgetrisiken und drängt auf Reformen – Sechs-Parteien-Antrag
sichert Mittel für Parlamentssanierung
Wien (pk) - Die Debatte zur mittelfristigen Budgetplanung bis 2019 startete der Budgetausschuss am 07.05.
traditionsgemäß mit einer Analyse durch namhafte Experten. Den Abgeordneten standen in einem öffentlichen
Hearing der ehemalige Weltbank-Ökonom Kurt Bayer, Vizedekan Gottfried Haber von der Universität Krems,
die Leiterin des Hayek-Instituts, Barbara Kolm, der Budget- und Konjunkturfachmann von WIFO und Arbeiterkammer,
Markus Marterbauer, Professor Paolo Rondo-Brovetto von der Universität Klagenfurt und der Leiter des Parlamentarischen
Budgetdienstes, Helmut Berger, für Fachauskünfte zum Entwurf für ein Bundesfinanzrahmengesetz 2016
bis 2019 ( 583 d.B.) zur Verfügung.
Die Auszahlungsobergrenzen für die Bundesbudgets bis 2019 zielen auf ein nachhaltiges strukturelles Nulldefizit
ab 2016 und zugleich auf wachstumsorientierte Zukunftsinvestitionen ab. Nach einstimmiger Annahme eines Sechs-Parteien-
Abänderungsantrages, der die Kosten für die Sanierung des Parlamentsgebäudes berücksichtigt,
lauten die neuen Auszahlungsobergrenzen – in Mio. € - wie folgt - 2016: 76.541,249; 2017: 77.508,966; 2018: 78.991,045;
2019: 80.388,203. Seine mittelfristige Budgetpolitik hatte Finanzminister Hans Jörg Schelling dem Nationalra
t bereits im Rahmen einer Ersten Lesung präsentiert und dabei mit der Ansage aufhorchen lassen, er werde dem
Nationalrat im Herbst 2016 "kein Wohlfühlbudget" vorlegen. Die Empfehlung an das Plenum, die vorgeschlagenen
Auszahlungsobergrenzen anzunehmen, erfolgte mit SPÖ-ÖVP-Mehrheit nach mehrstündigen Beratungen.
Mit derselben Mehrheit nahm der Ausschuss auch das erneuerte Österreichische Stabilitätsprogramm 2014
bis 2019 ( III-168 d.B.) zur Kenntnis.
Kurt Bayer: Budgetkonsolidierung ist kein Selbstzweck
Kurt Bayer empfahl den Abgeordneten vorweg, Expertenhearings im Gesetzgebungsprozess früher abzuhalten und
nicht erst dann, wenn inhaltliche Entscheidungen bereits getroffen wurden. Der vorliegende Finanzrahmen sei darauf
ausgerichtet, das 0,5%-Ziel beim strukturellen Defizit zu erreichen. Dieser Budgetpfad wirke restriktiv auf die
Wirtschaft und erhöhe den Primärsaldo, urteilte er, verfehle aber das Ziel, das Wachstum zu stärken.
Dies hätte man etwa durch eine stärkere Umschichtung hin zu den niedrigen Einkommen erreichen können,
stimmte er mit Abgeordnetem Bruno Rossmann (G) überein. Allein durch die Einbeziehung des 13. und 14. Monatsgehalts
könnte man 2 bis 2,5 Mrd. € lukrieren. Positiv sah Bayer die Absicht, den Grundsatz der Aufgabenorientierung
in den Finanzausgleich der Gebietskörperschaften einzuführen. Dadurch könnten strukturelle Reformen
erreicht werden, die derzeit noch kaum erkennbar sind. Der Betrugsbekämpfung maß der Experte große
Bedeutung bei und sah Österreich diesbezüglich auf dem richtigen Weg.
Österreich und Europa stehen vor den Herausforderungen einer alternden Gesellschaft, hoher Verschuldung und
ungenügendem Wachstum trotz Offensivmaßnahmen. Vor diesem Hintergrund sei es wichtig zu erkennen, dass
Budgetkonsolidierung kein Selbstzweck sei. Statt dem europäischen Mainstream zu folgen, hätte Österreich
im Rahmen der mittelfristigen Budgetplanung stärker auf Schwerpunkte in Bezug auf Entlastung des Faktors Arbeit,
Einschränkung des Ressourcenverbrauchs und Umweltsteuern setzten sollen, schlug er vor. Aus diesem Grund könne
er auch keinen "großen Wurf" erkennen. Generell sollte sich Österreich auf EU-Ebene für
eine Reorientierung der Budgetpolitik und für eine Forcierung der öffentlichen Investitionen, die in
den letzten zehn Jahren von 3 % auf 1,5 % zurückgegangen sind, einsetzen. Dringenden Handlungsbedarf sah Bayer
angesichts der teilweise extrem hohen Arbeitslosenraten von jungen Menschen in manchen europäischen Ländern.
Da sich daraus massive soziale und politische Probleme ergeben, müsse die EU so bald wie möglich entsprechend
reagieren.
Gottfried Haber: Der budgetäre Spielraum wird ausgereizt
Gottfried Haber stimmte mit seinem Vorredner darin überein, dass die Einhaltung des Stabilitätspfads,
wie von der EU vorgeschrieben, kein ökonomisches Ziel sei, wohl aber dem Grundsatz entspreche, dass man nicht
mehr ausgeben könne als man einnehme. Das strukturelle Nulldefizit nehme Rücksicht auf die Wirtschaft
und sehe auch künftig Defizite vor. "Der budgetäre Spielraum wird ausgereizt, was die Bundesregierung
vorgelegt hat, liegt am Limit des Machbaren", sagte Haber und wies an dieser Stelle darauf hin, dass Österreich
nach wie vor weit vom 60 %-Kriterium bei der Verschuldungsquote entfernt sei. Deutschland etwa habe mit einem sehr
restriktiven Budgetpfad Vorteile auch gegenüber Österreich gewonnen. Angesichts des prognostizierten
Aufschwungs liege es nahe, zumindest das strukturelle Budgetziel einzuhalten, sagte Haber.
Da Österreich bei der Steuerbelastung im internationalen Spitzenfeld liege, sei bei der Gegenfinanzierung
der Steuerreform auf der Einnahmenseite "nichts drinnen", sagte der Ökonom, der auch die Absicht
positiv sah, 50% der freiwerdenden Stellen in der Verwaltung nicht mehr zu besetzen. Äußerst kritisch
schätzte er zudem Substanzsteuern wie Vermögens- und Erbschaftssteuern ein. Angesichts der hohen Steuer-
und Abgabenquote könne man damit strukturell nichts bewegen, gab er dem ÖVP-Abgeordneten Jakob Auer gegenüber
zu bedenken. Haber warnte überdies davor, bei der Budgetkonsolidierung mit dem "Rasenmäher"
vorzugehen, wobei er die Notwendigkeit betonte, in Bildung, Forschung und Entwicklung zu investieren. Um den ambitionierten
mittelfristigen Finanzrahmen mit Leben zu erfüllen, hielt er es für notwendig, konkrete Maßnahmen
bei der Umsetzung der Steuerreform, der Sicherung der Pensionen und beim Finanzausgleich sowie bei der Harmonisierung
der Haushaltsregeln auszuarbeiten.
Künftig erwartet Gottfried Haber größeren Druck auf das Budget durch steigende Zinsen und Ölpreise.
Nötig seien Aufgabenkritik und die Zusammenführung der Ausgaben- und Einnahmenverantwortung. Als Problemzonen
identifizierte Haber vor allem die Pensionen und den Gesundheitssektor. Er halte es für verantwortungslos,
wenn in der Öffentlichkeit das Problem des Bundeszuschusses zu den Pensionen verharmlost wird. Ein Modell,
bei dem die Leistungsansprüche systematisch von den Einzahlungen abweichen, könne nicht als stabil und
nachhaltig finanzierbar bezeichnet werden. Anzustreben wäre ein Bundesbeitrag zu den Pensionen "von Null",
ließ er Team Stronach-Klubchefin Katrin Nachbaur wissen, stieß mit dieser Aussage aber auf Widerspruch
bei seinen Fachkollegen Marterbauer und Bayer. Außerdem plädierte Haber noch für mehr Transparenz
im Förderungswesen, für eine Bildungs- und Forschungsoffensive sowie eine weitere Förderung der
Eigenkapitalinstrumente (z.B. Crowd-Funding).
Barbara Kolm: Österreich ist keine Insel der Seligen
Barbara Kolm sah den geplanten Finanzrahmen problematisch. Er sehe zwar Ausgabensenkungen und Sparmaßnahmen
vor, diese reichten aber nicht aus, da sich Österreich stärker mit den sich rasch verändernden internationalen
Rahmenbedingungen auseinandersetzen müsse. Kolm fehlt es an Reformen, die den Haushalt nachhaltig sanieren.
Für den Arbeits- und Wirtschaftsstandort wäre es besser, die Auszahlungsobergrenzen nicht politisch,
sondern nach ökonomischen Grundsätzen festzulegen. Als Hauptproblem sah Barbara Kolm das schwache Wachstum
an und kritisierte das Fehlen einer nachvollziehbaren finanziellen Gesamtdarstellung. Angesichts der großen
ökonomischen Risiken befürchtete die Expertin, dass der Sparkurs aus politischen Gründen nicht eingehalten
werden kann. Fraglich sei für sie auch die Gegenfinanzierung der Steuerreform. Um den Herausforderungen infolge
der Alterung der Gesellschaft und steigender Arbeitslosigkeit zu begegnen, brauche es eine Verwaltungsreform, eine
Bildungsreform, eine Pensionsreform und eine Reform des Arbeitsmarktes, sagte Barbara Kolm.
In der Fragerunde erfuhr Elmar Podgorschek (F) von der Ökonomin, dass Verwaltungsreformen viel zu lange hinausgeschoben
wurden und nun ein großer Wurf nötig sei, um überbordende Ausgaben in den Griff zu bekommen. Im
Pensionssystem sei die dritte Säule zu wenig ausgebaut und im Finanzausgleich sollten Steuerentscheidungen
nach dem Vorbild der Schweiz näher zu den BürgerInnen verlagert werden.
Hohe Steuern tragen nicht zur Attraktivität des Wirtschaftsstandorts bei, stellte Barbara Kolm fest, die eine
Stärkung des Unternehmertums und eine Senkung der Steuerbelastung als Voraussetzungen für ein stärkeres
Wachstum der Wirtschaft nannte.
Letztlich werde nur eine Neudefinierung der Staatsausgaben zu Entlastungen führen, bestätigte sie Katrin
Nachbaur (T) gegenüber und meinte, neben einer ausgabenseitigen Sanierung des Budgets gelte es auch, Incentives
für Unternehmen zu setzen. Auch sollten "radikal alle Förderungen gestrichen werden", betonte
Kolm auf Fragen von Ruperta Lichtenegger (G) und Josef Schellhorn (N). Mit Nachdruck rief sie zu einer weiteren
Flexibilisierung des Arbeitsmarkts auf und warnte vor Maßnahmen wie einer sechsten Urlaubswoche.
Markus Marterbauer: Ein guter Sozialstaat braucht hohe Einnahmen
Markus Marterbauer hielt es für sinnvoll, die Budgetausgaben mit 1,6 % deutlich schwächer steigen zu
lassen als das BIP, um das hohe Niveau der Staatsschulden zu reduzieren. Dieses Ziel werde durch das historisch
niedrige Zinsniveau unterstützt, sagte der Experte, der die wirtschaftlichen Annahmen, die der mittelfristigen
Budgetplanung zugrunde liegen als realistisch bezeichnete. Ein Problem sah der Ökonom in der weiter steigenden
Arbeitslosigkeit. Für 2016 erwartet Marterbauer infolge Steuerreform und Offensivmaßnahmen ein höheres
Defizit, hält weitere Sparmaßnahmen aber nicht für notwendig. Die Entlastung der ArbeitnehmerInnen
durch die Steuerreform, die zu einer Stärkung der Binnennachfrage und einer Ankurbelung des Wachstums führen
wird, sowie die Strukturreform und die Steuerbetrugsbekämpfung sah Marterbauer positiv.
Die behutsame Vorgangsweise der Bundesregierung bei der Budgetkonsolidierung in Kombination mit Offensivmaßnahmen
sei sehr erfolgreich gewesen, lobte Marterbauer und meinte, die Regierung sollte daraus Lehren ziehen und die restriktive
europäische Politik kritisieren. Österreich habe kein Ausgabenproblem, wohl aber Verbesserungsmöglichkeiten
in der Staatsstruktur, sagte Marterbauer, der die hohe öffentliche Verschuldung auf die Kosten zurückführte,
die bei der Bewältigung der Bankenkrise übernommen werden mussten.
Was die schwierige Beschäftigungslage angeht, so liege Österreich in Bezug auf das Wachstum exakt gleich
auf mit Deutschland, informierte er den SPÖ-Abgeordneten Kai Jan Krainer. Der große Unterschied bestehe
in den Arbeitslosenzahlen, die auf einen dramatischen Anstieg beim Arbeitskräfteangebot zurückzuführen
sind. Wenn dies der Hauptgrund ist, dann sei es notwendig, sich innovative Formen der Arbeitszeitverkürzung
zu überlegen. Mit Bedauern stellte Marterbauer gegenüber Werner Groiß (V) fest, dass die Regierung
es wieder verabsäumt habe, vermögensbezogene Steuern einzuführen. Dadurch hätte man Gelder
in innovative und soziale Bereiche umlenken und positive Beschäftigungseffekte erzielen können. Ausdrücklich
bekannte er sich ebenso wie Grünen-Budgetsprecher Bruno Rossmann zu einer Erbschaftssteuer, die seiner Meinung
nach zur langfristigen Finanzierung der Pflegeversorgung eingesetzt werden könnte.
Abgeordnetem Hubert Fuchs (F) teilte Marterbauer auf dessen Frage hin mit, dass die geplante Steuerreform die Arbeitseinkommen
im Umfang zweier durchschnittlicher Lohnrunden entlaste. Beim Thema Kalte Progression wies Marterbauer auf die
diesbezügliche Analyse des Parlamentarischen Budgetdienstes hin. Kritik an der hohen Steuerquote relativierte
Marterbauer, indem er hohe öffentliche Einnahmen als Merkmale eines gut ausgebauten Sozialstaates bezeichnete,
zu dem er sich ausdrücklich bekannte. Marterbauer sah auch das heimische Pensionssystem, das seiner Meinung
nach zu den besten der Welt gehört, nicht gefährdet. Österreich habe zum Glück die neoliberalen
Reformen, die in einigen europäischen Ländern durchgeführt wurden, nicht nachvollzogen. Während
in Deutschland das Problem der Altersarmut immer virulenter werde, können durch das Ausgleichszulagensystem
in Österreich Härten abgefedert werden. Weiters gab er in Richtung des Abgeordneten Andreas Zakotelsky
(V) zu bedenken, dass das effektive Pensionsantrittsalter bei Männern und Frauen praktisch gleich hoch sei.
Auf Fragen von Ruperta Lichtenecker (G) und Josef Schelling (N) hin verwies Marterbauer - ebenso wie Kurt Bayer
– auf die zusätzlichen 200 Mio. € im Bereich Wissenschaft und Forschung. Positiv beurteilte er auch die Erhöhung
der Forschungsprämie. Grundsätzlich weise Österreich die stärkste staatliche Forschungsförderung
in ganz Europa auf, gab er zu bedenken. Nicht ganz nachvollziehen könne er jedoch den Umstand, warum es in
diesem Sektor derart hohe Rücklagen (500 Mio. €) gibt. Schließlich appellierte er noch an die Politik,
viel mehr Stipendien auszuschütten, damit junge Menschen aus bildungsferneren Schichten die Möglichkeit
erhalten, höhere Schulen und Universitäten zu besuchen.
Paolo Rondo-Brovetto: Lob für Haushaltsreform und Budgetdienst
Paolo Rondo-Brovetto registrierte als langjähriger Experte des Budgetausschusses eine deutliche Verbesserung
der Situation in Österreich, was er auf das Inkrafttreten der zweiten Etappe der Haushaltsrechtsreform zurückführte.
Es sei eine gute Idee gewesen, einen parlamentarischen Budgetdienst einzurichten, diesen kompetent zu besetzen
und mit der nötigen Neutralität auszustatten. Somit liegen der Diskussion zur Budgetpolitik "phantastische"
Analysen zur Verfügung, lobte Rondo-Brovetto. Kritik übte der Wirtschaftsprofessor aus Klagenfurt aber
an der Vernachlässigung der Wirkungsorientierung in der Budgetpolitik. Zu den Strukturreformen, auf die ihn
Katrin Nachbaur (T) ansprach, stellte er fest, eine Große Koalition sei "nicht unbedingt reformfreudig".
Rondo-Brovetto empfahl Österreich jedenfalls, nach dem Vorbild anderer europäischer Staaten die kalte
Progression abzuschaffen.
Hans Jörg Schelling will echtes, nicht nur strukturelles Nulldefizit erreichen
In der Debatte zeigte sich Finanzminister Hans Jörg Schelling mit SPÖ-Abgeordnetem Kai Jan Krainer
darüber einig, dass das Konzept des strukturellen Defizits grundsätzlich richtig, die Berechnungsmethode
aber verbesserungsbedürftig sei. Hinsichtlich der Reform des Finanzausgleichs informierte er die Ausschussmitglieder
über die Einsetzung von fünf Arbeitsgruppen, und zwar zu den Themen Aufgabenkritik und Aufgabenorientierung,
Steuerautonomie, Transparenz der Finanzströme, Krankenanstalten sowie interkommunale Zusammenarbeit. Der Verhandlungsprozess
soll am 15. Juni 2015 beginnen und bis Mitte 2016 laufen.
Das Bundesfinanzrahmengesetz basiere auf realistischen Zahlen, betonte Schelling überdies gegenüber FPÖ-Mandatar
Elmar Podgorschek. Dies sei notwendig, weil man sich nicht darauf verlassen könne, dass Ölpreis und Zinsen
niedrig und der Dollarkurs so günstig bleiben wie derzeit, erklärte er. Das Ziel des Finanzministers,
ein echtes Nulldefizit zu erreichen, problematisierte hingegen Grünen-Budgetsprecher Bruno Rossmann im Hinblick
auf das schwache Wachstum in Österreich mit Nachdruck.
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Nach dem Expertenhearing zum Bundesfinanzrahmen 2016 bis 2019 analysierte der Budgetausschuss anhand des vorläufigen
Bundesrechnungsabschlusses 2014 und von Detailberichten des Finanzressorts das Haushaltsergebnis 2014. Berichte
zum Budgetvollzug im ersten Quartal 2015 samt Expertisen des Parlamentarischen Budgetdienstes ermöglichten
erste Einschätzungen des Budgetvollzugs 2015. Zur Sprache kam auch die Stabilisierungspolitik der Eurozone,
wobei Bundesminister Schelling über die Bemühungen zur Lösung der Finanzprobleme Griechenlands und
positive Entwicklungen in anderen ehemaligen Krisenländern berichtete. Die Ressortberichte wurden von SPÖ
und ÖVP zur Kenntnis genommen. Die Grünen akzeptierten auch die Quartalsberichte zur Euro-Stabilisierung.
Schließlich mahnten die Grünen mit einem Entschließungsantrag einen angemessenen Beitrag Österreichs
zum Green Climate Fund ein, um die Voraussetzung für den Abschluss eines globalen Klimaschutzübereinkommens
auch von Seiten der Entwicklungsländer zu sichern. – Dieser Antrag wurde auf Vorschlag von Werner Groiß
(V) mit SPÖ-ÖVP-Mehrheit vertagt und weitere Gespräche vereinbart.
RH-Präsident Moser warnt vor Budgetrisiken und drängt auf Reformen
Zum vorläufigen Bundesrechnungsrechnungsabschluss 2014 ( III-162 d.B.), den der Ausschuss einstimmig vertagte,
stellte Bruno Rossmann (G) gemeinsam mit Sprechern anderer Fraktionen fest, der Rechnungsabschluss sei deutlich
übersichtlicher geworden, Rossmann regte für den Zahlenteil aber neuerlich Verbesserungen hinsichtlich
der Lesbarkeit an. In der Ergebnisrechnung ortete Rossmann buchhalterische Probleme beim Familienlastenausgleichsfonds
und beim Verkehr. Werner Groiß (V) wies auf fehlende Teilwertabschreibungen im Zusammenhang mit Kasernenschließungen
hin, während sich Josef Schellhorn (N) mit der Erstellung der den Budgets zugrundeliegenden BIP-Prognosen
befasste.
Rechnungshofpräsident Moser räumte Verbesserungsmöglichkeiten bei der Darstellung des Bundesrechnungsabschlusses
und in der Ergebnisrechnung ein und berichtete den Ausschussmitgliedern über die Bemühungen seines Hauses,
die Bundesrechnungsabschlüsse weiter zu verbessern. In den Mittelpunkt seiner Ausführungen stellte der
Rechnungshofpräsident aber die Warnung vor Risiken bei der Einhaltung des bis 2019 konzipierten Budgetpfades.
Er hielt es für ein Problem, dass die Regierungsvorlage zur geplanten Steuerreform noch nicht vorliege. Die
im Bundesfinanzrahmen vorgesehene Entwicklung der Auszahlungen sei sehr ambitioniert, sagte Moser und belegte dies
mit Vergleichen zur Ausgabenentwicklung in den letzten Jahren. Als Beispiele nannte Moser das Innenressort, wo
Offensivmaßnahmen geplant und Mehrausgaben wegen verstärktem Flüchtlingszustroms zu erwarten seien,
diese Ausgaben aber nicht vollständig in die Obergrenzen eingerechnet seien. Noch fehle die Gegenfinanzierung
der Steuerreform und im Jahr 2015 sah Moser Risiken bei den Einzahlungen. Dazu kommen zusätzliche Investitionen
beim Bundesheer, Probleme bei den Pflege- und Gesundheitskosten, insbesondere bei der 24-Stunden-Betreuung sowie
bei der Finanzierung der Arbeitslosigkeit. Problematisch sah Moser auch die Erreichung der bei Bildung, Wirtschaft
und Umwelt angesetzten Auszahlungsobergrenzen, wenn keine strukturellen Maßnahmen gesetzt und jene Einsparungs-
und Effizienzpotenziale nicht gehoben werden, auf die der Rechnungshof in seinen Berichten hinweist.
Finanzminister Hans Jörg Schelling sagte den Abgeordneten Verbesserungen bei der Verrechnung von BIG-Mieten,
im FLAF und im Bereich Verkehr zu. Abgeordnetem Rossmann (G), der das Rücklagensystem als intransparent bezeichnete,
hielt es für sinnlos, Rücklagen zu bilden, die die Ressorts nicht auflösen dürfen, sagte der
Finanzminister, ein neues Rücklagensystem setze Änderungen im Haushaltsgesetz voraus. "Rücklagen"
stellten lediglich nicht verbrauchte Schulden dar, aber keine Liquidität. Entnahmen aus Rücklagen bedürften
daher der Genehmigung des Finanzministers, weil sie das Maastrichtdefizit erhöhen.
Gute Steuereinnahmen im ersten Quartal 2015
Anhand jüngster Monatserfolgsberichte vom Februar und März sowie von Quartalsberichten über Vorbelastungen
und überplanmäßige Ausgaben analysierten die Ausschussmitglieder aktuelle Entwicklungen im Bundeshaushalt
2015. Sie registrierten überraschend gute Ergebnisse bei der Einzahlung von Abgaben, insbesondere bei der
Körperschaftssteuer und aus Kapitalerträgen auf Dividenden. Die Zuwächse erklärte der Finanzminister
teilweise mit schlechten Vorjahresergebnissen. Mit Abgeordnetem Gerald Loacker (N) zeigte sich der Ressortleiter
darüber einig, dass es im Bereich der aktiven Arbeitsmarktpolitik notwendig sei, die Effizienz zu steigern
und mehr Menschen in Beschäftigung zu bringen.
Dauerthema Griechenlandkrise – vor neuen Verhandlungen
Die Situation der Eurozone, in Griechenland und Nachrichten vom Europäischen Stabilitätsmechanismus behandelte
der Ausschuss auf der Grundlage von Ressortberichten, die den Abgeordneten kurzfristig übermittelt wurden.
Finanzminister Hans Jörg Schelling beurteilte die Situation in Griechenland als "nicht einfach".
Einerseits habe man es dort in drei Jahren nicht geschafft, ein System zur Eintreibung von Steuern einzurichten,
nun aber diskutiere man im Parlament über eine Steueramnestie. Für die Geldgeber Griechenlands bestehe
das Kernproblem darin, dass sie seit vier Monaten keine Entscheidungsgrundlagen aus Athen bekommen, nun aber die
Zeit davonzulaufen beginne. Dazu kommen Kommunikationsprobleme wegen der getrennten Verhandlungen Griechenlands
mit EU, IWF und EZB. Nunmehr kommen erste Unterlagen aus Athen, Griechenland erhält Vorauszahlungen von öffentlichen
Einrichtungen und Privaten und kann Überschüsse von Sozialversicherungen für das Budget nutzen.
Er hoffe auf Fortschritte bei den Gesprächen am kommenden Montag. Ein "Grexit" liege weder im Interesse
Griechenlands, dessen Schulden durch eine Verschlechterung der Währungsrelation steigen würden, noch
im Interesse der SteuerzahlerInnen in den Geberländern. Eine Währungsabwertung würde es Griechenland
auch schwerer machen, dringend benötigte Importe zu finanzieren.
Klimaschutz wird Thema von Fraktionsgesprächen
Schließlich beantragten die Grünen unter dem Titel "Budgetpfad Klimafinanzierung bis 2020"
einen Beitrag Österreichs zum "Green Climate Fund" ( 1000/A(E)). Dieser Fonds wurde für die
von Erderwärmung, Fluten, Dürre und Stürme am stärksten betroffenen Entwicklungsländer
2010 unter dem Dach der Vereinten Nationen eingerichtet und soll ab 2020 jährlich 100 Mrd. € für Entwicklungsländer
zur Verfügung stellen. Die Grünen halten einen Anteil Österreichs von 100 Mio. € ab 2020 für
angemessen, Umweltminister Rupprechter habe bei der Klimakonferenz in Lima für 2015 bis 2018 aber nur 25 Mio.
US-Dollar angekündigt und eine Aufstockung auf 50 Mio. US-Dollar durch Beiträge von Ländern und
Wirtschaft in Aussicht gestellt, kritisieren die Grünen. Die Entwicklungsländer werden bei der Weltklimakonferenz
in Paris Ende 2015 einem globaler Klimaschutzvertrag aber nur unter der Voraussetzung eines angemessen dotierten
Klimafonds zustimmen, argumentierten die Antragsteller und zeigen sich besorgt um die letzte Chance, einen Klimavertrag
zu beschließen, der alle Staaten bindet. – Der Antrag wurde auf Antrag des Abgeordneten Werner Groiß
(V) mit SPÖ-ÖVP-Mehrheit vertagt, nachdem sich Kai Jan Krainer (S) und Ausschussobfrau Gabriele Tamandl
mit Antragstellerin Christiane Brunner (G) darauf einigten, die Themen Klimaschutz und Klimafinanzierung zum Thema
von Fraktionsgesprächen am Rande des kommenden Nationalratsplenums zu machen.
Informationen über den Inhalt der Ressortberichte zum Budgetvollzug 2014 und 2015 enthalten folgende Meldungen
der Parlamentskorrespondenz: Nr. 327 vom 8.4.2015 (Gebarung 2014), Nr. 456 vom 5.5.2015 (Rücklagen- und Forderungsgebarung
2014), Nr. 455 vom 5.5.2015 (Monatserfolg März 2015), Nr. 412 vom 24.4. (Vorbelastungen im ersten Quartal
2015), Nr. 450 vom 4.5.2015 (Mittelverwendungsüberschreitungen im ersten Quartal 2015), Nr. 452 vom 4.5.2015
(Eurostabilisierung im ersten Quartal 2015).
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