BürgerInnen haben das Recht, gehört und ernst genommen zu werden
Wien (pk) – Die Europäische Bürgerinitiative (EBI) ist ein Mittel der direkten Demokratie innerhalb
der EU und kann aufgrund des Vertrags von Lissabon seit 1. April 2012 angewendet werden. Ziel der Bürgerinitiative
ist es, die BürgerInnen stärker in den politischen Willensprozess der EU einzubinden. Mit einer EBI kann
man die Europäische Kommission veranlassen, sich mit einem bestimmten Thema zu befassen, das in den Kompetenzbereich
der Europäischen Union fällt. Der EU-Ausschuss des Bundesrats trat am 06.05. dafür ein, bestehende
administrative Hürden für InitiatorInnen und bei der Unterstützung, die sich in den ersten drei
Jahren herauskristallisiert haben, abzubauen.
Die Hürden der Europäischen Bürgerinitiative
Die diesbezügliche Kritik richtet sich vor allem gegen die hohen formalen Anforderungen und das komplizierte
Online-Tool zur Registrierung einer Initiative. So gibt es in jedem Mitgliedstaat unterschiedliche formale Anforderungen,
um eine Petition zu organisieren bzw. zu unterstützen. Dies erschwert den BürgerInnen die Koordination
ihrer Anliegen und die erfolgreiche Registrierung einer Europäischen Bürgerinitiative. Die entsprechende
Analyse hat nun die Kommission vorgelegt.
Grundsätzlich können alle EU-BürgerInnen, die das erforderliche Mindestalter für EU-Wahlen
erreicht haben - in Österreich liegt das Wahlalter bei 16 Jahren, in den anderen EU-Staaten bei 18 - eine
Europäische Bürgerinitiative organisieren oder unterstützen. Eine Europäische Bürgerinitiative
ist dann erfolgreich, wenn sie eine Million UnterstützerInnen hat, wobei in mindestens sieben Mitgliedstaaten
eine Mindestanzahl von Unterstützungsbekundungen erreicht werden muss (die Mindestanzahl in Österreich
beträgt 14.250).
Die Organisation einer Europäischen Bürgerinitiative hat durch einen Bürgerausschuss, bestehend
aus mindestens sieben UnionsbürgerInnen aus mindestens sieben verschiedenen Mitgliedstaaten, zu erfolgen.
Der Bürgerausschuss muss die Bürgerinitiative in einem von der Kommission in allen Amtssprachen der EU
zur Verfügung gestellten Online-Register registrieren lassen. Dann hat er ein Jahr Zeit, um die erforderlichen
Unterstützungsbekundungen zu sammeln.
Die Kommission muss dann in einem Zeitrahmen von drei Monaten die Initiative prüfen und in einer Mitteilung
ihre Schlussfolgerungen und ihr weiteres Vorgehen darlegen.
Verbesserungsvorschläge
Zu den nun vom Europäischen Ombudsmann angeregten Verbesserungen zählen unter anderem Erleichterungen
bei der Unterstützung von Proponentinnen und Proponenten zukünftiger Initiativen, vor allem im Vorfeld
der Registrierung einer Europäischen Bürgerinitiative. Auch Verbesserungen beim Online-Sammelsystem ließen
sich ohne eine Anpassung der geltenden Verordnung bewerkstelligen. Das derzeitige Online-Sammelsystem funktioniere
nicht gut und sei überdies kostspielig, informierte Robert Stein vom Innenministerium die Ausschussmitglieder.
Ein von vielen NGOs erhobener Forderungspunkt ist der Wunsch nach mehr Transparenz bei der Begründung für
eine Registrierung oder Nicht-Registrierung der Verordnung. Wesentlichste Forderung ist jene nach einer Änderung
der für eine Weiterbehandlung einer Europäischen Bürgerinitiative geforderten Quoten.
Laut Auffassung des Innenministeriums sollten Änderungen in der Verordnung vorgenommen werden. Skeptisch betrachtet
wird beispielsweise die Bestimmung, wonach es den Mitgliedstaaten freigestellt ist, bei der Zulässigkeit einer
Unterstützungsbekundung entweder auf den Wohnsitz oder auf die Staatsangehörigkeit abzustellen. Das führt
dazu, dass manche UnionsbürgerInnen, wenn auch rechtswidrig, eine Europäische Bürgerinitiative doppelt
unterstützen können, währenddessen anderen die Möglichkeit der Abgabe einer Unterstützungsbekundung
gänzlich versagt ist, erklärte Stein. Um die Abgabe einer Unterstützungsbekundung so einfach wie
möglich zu machen, plädiert das Innenressort auch für die Abgabe einer Unterstützungsbekundung
mittels einer digitalen Signatur. Schließlich sollten einzelne Fristen klarer formuliert werden, um unterschiedliche
Interpretationen zu vermeiden.
Stein hält es auch für notwendig, auf EU-Ebene den Initiativen bessere Informationen durch eine Ansprechstelle
zur Verfügung zu stellen. Sie müssten von vornherein wissen, was möglich sei und was nicht, und
worauf bei einer solchen Bürgerinitiative zu achten sei.
All diese Punkte habe man bereits gemeinsam mit KollegInnen des Außenresorts in der Sitzung der Rats-Arbeitsgruppe
"Allgemeine Angelegenheiten" am 24. April 2015 entsprechend deponiert, merkte Stein an. Ob in der Rats-Arbeitsgruppe
eine formale Schlussfolgerung zu dem Thema angenommen wird, ist ebenso noch offen wie eine mögliche Revision
der Verordnung, erfuhren die Ausschussmitglieder aus dem Außenministerium.
Dass es zu administrativen Verbesserungen und Erleichterungen für die Initiierung von Europäischen Bürgerinitiativen
kommen muss, unterstrichen in der Diskussion sowohl Edgar Mayer (V/V) als auch Stefan Schennach (S/W), Ana Blatnik
(S/K) und Marco Schreuder (G/W). Die BürgerInnen hätten ein Recht darauf, ernst genommen zu werden, sagte
Blatnik und ließ wie ihr Fraktionskollege Schennach Kritik an der Kommission laut werden, die auf die Bürgerinitiativen
derzeit wenig offen und flexibel reagiere. Schennach trat sogar für ein noch großzügigeres Vorgehen,
als es angedacht ist, ein, indem man etwa Initiativen dann eine Zusatzfrist einräumt, wenn das Unterstützungserfordernis
innerhalb der Frist knapp verpasst wurde.
Für Schreuder ist der Rückgang der eingereichten Bürgerinitiativen von 23 im Jahr 2012 auf 10 im
Jahr 2014 ein bedenkliches Indiz dafür, dass es zu hohe Barrieren gibt. Er kritisierte auch, dass die Bürgerinitiative
zu TTIP zurückgewiesen wurde, denn das widerspreche der eigentlichen Absicht, den BürgerInnen ein Mitspracherecht
einzuräumen. Seinen Bedenken hinsichtlich des Erfordernisses, in Österreich die ID-Nummer angeben zu
müssen, entgegnete Robert Stein vom Innenministerium mit dem Hinweis auf die Rechtssicherheit. Durch die Angabe
der ID-Nummer könnten Doppel- oder Scheineintragungen verhindert werden, erklärte er.
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