Bozen (lpa) - Ein Bekenntnis zur Autonomie, das ist das Ergebnis des heutigen (5. Mai) Treffens von Ministerpräsident
Renzi mit den Landeshauptleuten von Südtirol und dem Trentino, Kompatscher und Rossi: Bei einer Aussprache
in engstem Kreis wurde dem Ministerpräsidenten eine Autonomie-Agenda übergeben, die auf die Stärkung
der Autonomie abzielt und Zeitpläne für die Umsetzung einzelner Schritte vorgibt.
Die Autonomie Südtirols und des Trentino soll ebenso gestärkt und gefördert werden, wie die besondere
kulturelle und sprachliche Identität, erklärte bei seinem heutigen Besuch Ministerpräsident Matteo
Renzi - das gestern verabschiedete gesamtstaatliche Wahlgesetz "Italicum" belege diese Gangart, so der
Regierungschef. "Wir werden die Autonomien nicht beschneiden, sondern aufwerten", so der Premier wörtlich.
Von einem weiteren Schritt zu Absicherung und Ausbau der Autonomie Südtirols sprach Landeshauptmann Arno Kompatscher
nach dem Treffen mit Ministerpräsident Matteo Renzi. "Mein Trentiner Amtskollege und ich haben dem Ministerpräsidenten
ein Memorandum übergeben, in dem die Durchführungsbestimmungen aufgelistet sind, auf deren Genehmigung
wir dringend warten", so Landeshauptmann Kompatscher. Diese gemeinsame Autonomie-Agenda soll dazu beitragen,
auch die verfassungsrechtlichen Streitfragen in Sachen Detailhandel, Raumordnung, Energie, Toponomastik auszuräumen,
betonte der Landeshauptmann.
Geplant ist, noch im laufenden Jahr die Durchführungsverordnungen zum Übergang der Verwaltungsaufgaben
der Gerichtsämter, des Verwaltungsgerichts, des Stilfserjoch-Nationalparks und der Steuerkommissionen zu erarbeiten,
ebenso wie jene zum Übergang der Steueragenturen. "Zudem arbeiten wir an der Wiederherstellung der autonomen
Zuständigkeiten Südtirols und des Trentino in den Bereichen Handel, Raumordnung und Landespersonal, ebenso
wie jener im Ausschreibungs- und Vergabewesen", so LH Kompatscher. Die Umsetzung der vom staatlichen Stabilitätsgesetz
2015 vorgesehenen neuen Finanzordnung sowie des Toponomasitk-Abkommens sind weitere Zielvorhaben.
"Wichtige Vorarbeit für das heute unterzeichnete Memorandum haben die Parlamentarier in Rom geleistet,
allen voran Karl Zeller und Gianclaudio Bressa", erklärte Landeshauptmann Kompatscher nach dem Treffen.
Diese Arbeit solle nun in Arbeitsgruppen, in denen die Regierung und die beiden Länder vertreten sind, fortgesetzt
und intensiviert werden. Die Sachbereiche Bildung und Lehrerausbildung, Jagdwesen und die sozialen Abfederungsmaßnahmen
sollen auf diese weise verhandelt werden.
Lehrlingswesen als Modell für Italien
"Wir wollen das duale Ausbildungsmodell für Italien kopieren." Das erklärte Ministerpräsident
Matteo Renzi am 05.05. bei seinem Besuch im Unternehmen Stahlbau Pichler in Bozen Süd. Dort erhielt der Regierungschef
Einblick in Südtirols Berufsschulwesen. Begleitet wurde er dabei von den Landeshauptleuten Kompatscher und
Rossi, den Bildungslandesräten und der Unternehmensleitung.
Angesichts der staatsweit großen Jugendarbeitslosigkeit von mehr als 43 Prozent blickt Rom immer öfter
nach Südtirol, wo "nur" etwa zwölf Prozent der Jugendlichen ohne Arbeit sind. Die duale Ausbildung
und das Lehrlingswesen als Möglichkeit, der Jugendarbeitslosigkeit und der hohen Zahl an Schulabbrüchen
entgegen zu wirken, standen somit auch im Mittelpunkt des Interesses von Ministerpräsident Matteo Renzi bei
seinem heutigen Südtirolbesuch.
Schauplatz war das Unternehmen Stahlbau Pichler in Bozen Süd, wo Ministerpräsident Renzi vom Flughafen
kommend in Begleitung der Landeshauptleute Arno Kompatscher und Ugo Rossi kurz nach 11.00 Uhr eintraf und von den
weiteren Landesregierungsmitgliedern, der Leitung und Belegschaft des Unternehmens, Auszubildenden sowie Vertretenden
aus Politik, Bildung, Wirtschaft und Arbeitswelt empfangen wurde. Landeshauptmann Kompatscher hieß den Regierungschef
zu seinem zweiten Südtirolbesuch innerhalb eines Jahres willkommen. "Nachdem im vergangenen Sommer die
Europaregion mit dem Brennerbasistunnel im Mittelpunkt stand, ist es nun die duale Ausbildung, die sicher dazu
beträgt, dass die Jugendarbeitslosigkeit in Südtirol wesentlich geringer ist als auf gesamtstaatlicher
Ebene", so LH Kompatscher.
"Wir wollen das duale Ausbildungsmodell für Italien kopieren", erklärte der Ministerpräsident
nach seinem Rundgang durch den Betrieb. In den Werkhallen des Stahlverarbeitungsbetriebs, der nicht nur am Bau
des italienischen Expo-Pavillions sondern acht weiterer Expo-Pavillions beteiligt war, gab der Ministerpräsident
eine öffentliche Stellungnahme ab und zwar "schnell, um die Arbeiten nicht zu lange zu unterbrechen".
Das duale Ausbildungsmodell vereine theoretisches Wissen und praktische Fertigkeit, so der Premier, und sei daher
nachweislich ein wirksames Mittel, um Jugendarbeitslosigkeit zu bekämpfen und Schulabbrüchen vorzubeugen,
denn "wenn ein Jugendlicher seinen Weg verliert, dann hat die Gesellschaft einen Teil seiner selbst verloren."
Zum Abschluss übergab Bildungslandesrat Philipp Achammer dem Ministerpräsidenten ein von allen drei Bildungslandesräten
unterzeichnetes Dokument zu Südtirols Lehrlingswesen und dessen Weiterentwicklung. Dabei wurde erneut darauf
hingewiesen, dass die strikten Jugendschutzbestimmungen in Italien ein Hindernis bei der Beschäftigung der
Lehrlinge darstelle.
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