Am 27. April 2015 fand im management club eine interessante Diskussion über die Verlängerung
der Transsibirischen Eisenbahn bis Wien statt.
Wien (mc) - Im Rahmen einer Kooperationsveranstaltung des management club mit der Russian Networking Community
Vienna (RNCV) diskutierten Dr. Alexander Biach, Direktor des Wirtschaftsbund Wien, Robert Kredig, Mitglied des
Management Board der Breitspur Planungsgesellschafts mbH und Mag. Mario Dobrovnik, MSc., Research Associate am
Institut für Transportwirtschaft und Logistik an der Wirtschaftsuniversität Wien, unter der Moderation
von Anna Wirth, Regional Manager bei Russia & CIS, Retailbranding GmbH, über die Frage nach der Realisierbarkeit
und Rentabilität einer möglichen Verlängerung der Breitspurbahn bis Wien. Als Gemeinschaftsprojekt
der Staaten Russland, Ukraine, Slowakei und Österreich ist die Strecke Kosice - Wien Teil der Initiative "Eurasische
Landbrücke" und soll über die Transsibirische Eisenbahn eine 8.000 km lange Bahnverbindung ohne
Spurwechsel zwischen Ostasien und Wien herstellen, um so einen durchgängigen Transportweg zwischen den Wirtschaftsgroßräumen
zu schaffen.
Wien als zentrale Schnittstelle
In Österreich setzt sich der Wiener Wirtschaftsbund für die Umsetzung des Projekts ein, da man für
den Standort Wien großes Potential hinsichtlich Wirtschaftswachstum, Betriebsansiedlungen in den Sparten
Industrie, Gewerbe und Handel sowie Arbeitsplatzschaffung prognostiziert. Nach dem Ausbau der fehlenden 420 km
Breitspurstrecke wäre Wien Verkehrsknotenpunkt dreier Verkehrskorridore, baltisch-adriatisch, Rhein-Donau
und russisch-europäisch, und der Großraum Wien Drehscheibe im Transportsektor, so Biach. Auch WKO-Präsident
Leitl setzte sich bereits stark für das Projekt ein, reiste gemeinsam mit WK-Wien-Präsident Ruck zu einem
Treffen mit dem russischen Handelsrat nach Moskau, um die gemeinsamen Interessen der beiden Wirtschaftsräume
Russland und Österreich zu betonen und an dem Vorhaben des Baus eines Endterminals im Großraum Wien
festzuhalten.
Eine wichtige Rolle in der Realisierung des Vorhabens nimmt die Breitspur Planungsgesellschaft mbH mit Firmensitz
in Wien ein, die seit 2008 für die Verbindung der beiden Wirtschaftsräume Europa -Asien auf dem Schienenweg
eintritt. Neben zwei österreichischen Ministerratsbeschlüssen von 2013 existiert auch bereits eine Pre-feasability-Studie,
durchgeführt von Roland Berger Consultants et al. aus dem Jahr 2011, die die wirtschaftliche und rechtliche
Machbarkeit des Projekts attestiert. Nun wurde eine weitere Studie mit einem Gesamtvolumen von sechs Millionen
Euro an ein Konsortium aus österreichischen, deutschen und slowakischen Firmen vergeben, deren Ziel ein vorläufiges
Umsetzungskonzept hinsichtlich Korridor-und Trassenwahl sowie inklusive erster Umweltverträglichkeitsprüfungen
und Behördenverfahren bis Anfang 2016 ist, um in einem zweiten Schritt bis Ende 2016 zu einer tatsächlichen
Entscheidung über den Streckenausbau gelangen zu können. Kredig betonte auch den ausdrücklichen
Wunsch aller vier beteiligter Bahngesellschaften, das Projekt als Joint Venture zu verwirklichen und man attestiere
der ÖBB eine zentrale Rolle hinsichtlich der Planung und Umsetzung von Bahn-Großprojekten sowie einer
Leistungsstärke in ihrer Infrastruktur, die Waren in andere europäische Staaten weiter zu transportieren.
Finanzierungsmodelle und politische Herausforderungen
Die politische Herausforderung an Infrastrukturprojekten generell sind die enormen Kosten zu Beginn des Projekts
und dem erst viel späteren Profit, so Dobrovnik. Mit dem Betrieb der Strecke und des Terminals lasse sich
Geld verdienen, mit der Infrastruktur selbst weniger, da Bau und Erhaltung der Strecke laufend Investitionen benötigen.
Die Finanzierung sei stark von öffentlichen Haushalten abhängig, die Suche nach privaten Investoren oft
schwierig. Im speziellen Projekt sieht Biach zusätzlich zur Finanzierung in der Höhe von neun Milliarden
Euro auch noch besondere Herausforderungen hinsichtlich der politischen Stabilisierung des Russland-Ukraine-Konflikts,
einer verbesserten Koordination mit den Interessen der Europäischen Union sowie nach Nennung eines Terminalstandorts
der Umgang mit Bürgerinitiativen gegen die Errichtung eines solchen.
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