LH Kaiser diskutierte in Tainach – Kennenlernen der Geschichte ist sehr wichtig - Auch aktuelle
Themen wurden angesprochen
Klagenfurt (lpd) - Gedenkanlässe wie der Ausbruch des 1. Weltkrieges vor hundert Jahren, 70 Jahre
Ende des Zweiten Weltkrieges, 60 Jahre Unterzeichnung österreichischer Staatsvertrag, 1995 Beitritt zur EU
und auch noch 10 Jahre Kärntner Konsensgruppe bildeten den Rahmen für eine Diskussion, die am 15.05.
im Bildungshaus Sodalitas in Tainach stattfand. "Zwischen Vergangenheit und Zukunft, Erinnerungen und Visionen"
lautete das Motto. Landeshauptmann Peter Kaiser, Univ. Prof. Helmut Konrad (Uni Graz), Univ. Prof. Werner Wintersteiner
(Uni Klagenfurt) diskutierten unter der Moderation von Assistenzprofessor Jürgen Pirker (Uni Graz).
Der Landeshauptmann wies auf die gravierenden Veränderungen der letzten hundert Jahre hin, die einen historischen
Strang offenbar machen, der in unzählig ineinander verwobenen Seitensträngen, Knoten und Bruchstellen,
von zahlreichen Interessen und Widerständen, die Ereigniskette von Krieg und millionenfachem Tod bis zur Wirtschafts-
und Wertegemeinschaft von heute abbilden. Vor hundert Jahren wurde die Karnische Front und damit Kärnten zum
Frontgebiet. Beim Abwehrkampf ging es wesentlich darum, die junge Republik zu verteidigen, was im erstmalig gewährten
Plebiszit gipfelte.
Kaiser betonte die enormen Anstrengungen, die schließlich zum Staatsvertrag und dann zum Neutralitätsgesetz
geführt haben. Man müsse die Geschichte kennen, um die Erfolge akzeptieren zu können. In diesem
Zusammenhang dankte Kaiser auch der Konsensgruppe für ihren Mut. Hervorgehoben wurde auch die große
Zustimmung zu Europa vor 20 Jahren, was die reale Chance zum Alpen-Adria-Engagement förderte.
Im Hinblick auf die schwierige finanzielle Situation des Landes meinte Kaiser, dass man selbst dazu historische
Bezüge finden könne. Es gebe eben keine aussichtslosen Situationen. Beispielsweise sei in der 1. Republik
eine Bundesanleihe gezeichnet worden, die endgültig erst Jahrzehnte später, nämlich 1977, getilgt
wurde.
Weiters teilte Kaiser mit, dass man sich angesichts der Flüchtlingsströme der humanen Verpflichtung zu
stellen habe. Kärnten werde 200 Betten zusätzlich bereitstellen, diese sollen vor allem unmündigen,
jungen Flüchtlingen zur Verfügung gestellt werden.
Angesprochen auf die geplante neue Landesverfassung sagte der Landeshauptmann, dass er darin die Aufnahme des Bekenntnisses
zur slowenischen Volksgruppe unterstütze. Auch das Dialogforum könnte dort Platz finden. Die politische
Willensbildung sei weiter im Gange. Kaiser informierte auch über die Glasbena schola und über das Schulstandortekonzept,
das vor allem pädagogisch viele Vorteile bringe. Die Anmeldungen zum zweisprachigen Unterricht würden
steigen, das sei ein sehr positives Zeichen.
Weiters informierte Kaiser, dass er kürzlich mit der Schriftstellerin Maja Haderlap zu Gast in der Botschaft
in Berlin war. Damit habe man ein positives kulturelles Signal für ein weltoffenes Kärnten gesetzt. Kaiser
lobte auch die Initiative seitens Sodalitas, denn die heutige Diskussion sei die einzige, die sich in Kärnten
dem Thema des Staatsvertrags-Gedenkens widme.
Der Historiker Konrad sagte, dass Geschichte und Erinnerung selten zusammengehen würden. Historiker sollten
keine Rezepte für Aktuelles geben. Der Friedensforscher Wintersteiner plädierte für einen selbstkritischen
Umgang mit Geschichte, es gelte, das eigene Erinnern zu reflektieren. Wie sehr Erinnerung als Waffe bzw. als Instrument
der eigenen Identitätsbildung diene, das müsse erkannt werden.
Hingewiesen wurde von Konrad auch auf das berühmte Zitat von Ingeborg Bachmann: „Die Geschichte lehrt dauernd,
aber sie findet keine Schüler“. Der Umgang mit Geschichte sei daher entscheidend und sollte auch zukunftsweisend
sein. In der Diskussion ging es um das Miteinander der Volksgruppen, um das Wechselspiel zwischen Politik und Zivilgesellschaft
und um einen Minderheitenschutz, der nicht geografisch begrenzt sein solle.
Das Publikum, darunter auch viele Studenten und Schüler, wurde von Sodalitas-Bildungsreferent Martin Pandel
begrüßt. Unter den vielen Gästen befanden sich auch der Spitzendiplomat Valentin Inzko, Volksgruppenvertreter
Marjan Sturm, LAbg. Zalka Kuchling sowie Bildungshausrektor Joze Kopeinig, der auf die Tatsache hinwies, dass sein
Haus in Tainach schon seit Jahrzehnten den Dialog und die Verständigung zwischen den Volkgruppen durch zahllose
Veranstaltungen fördere.
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