Wien (vetmeduni - Transposons sind sogenannte „springende Gene“. Sie können von einer Position im Genom
an eine andere „springen“. Warum es Transposons überhaupt gibt, wird kontrovers diskutiert. Forschende der
Vetmeduni Vienna fanden nun heraus, dass eines der wichtigsten Transposons, das P-Element, erst kürzlich in
die Fliege Drosophila simulans eingewandert ist. In der nahe verwandten Art Drosophila melanogaster gibt es das
P-Element bereits seit den 1950er-Jahren. Die Entdeckung ermöglicht nun, die Verbreitungsmechanismen der Transposons
genau zu erforschen. Die Resultate wurden im Fachmagazin PNAS veröffentlicht.
Transposons sind DNA-Abschnitte, die sich mit Hilfe des Enzyms Transposase aus dem Genom herausschneiden oder kopieren
und an anderer Stelle wieder einbauen können. Mit dieser Fähigkeit können sie ihrem Wirt schaden,
in dem sie funktionsfähige Gene zerstören, aber auch Vorteile bringen. Evolutionsbiologisch betrachtet,
bringen Transposons Abwechslung ins Genom und somit Möglichkeiten für Anpassung.
DNA mit Eigennutz
Transposons werden auch als eigennützige DNA-Parasiten bezeichnet, weil sie sich über ihre Wirte, wie
etwa Menschen, Tiere, Pflanzen, aber auch Bakterien, verbreiten und so für ihr eigenes Vorankommen sorgen.
Robert Kofler vom Institut für Populationsgenetik an der Vetmeduni Vienna analysierte Fliegen aus aller Welt.
Er stieß dabei auf ein Phänomen, das bisher als extrem selten galt. Kofler wies in der Fliegenart Drosophila
simulans ein Transposon nach, das sogenannte P-Element. Bis vor wenigen Jahren gab es das P-Element in D. simulans
noch nicht.
„Das Transposon verbreitete sich innerhalb der vergangenen fünf Jahre rapide in D.simulans und ist höchstwahrscheinlich
über horizontalen Gentransfer in die Fliegenart gelangt. Zu welchem Zeitpunkt der Transfer stattgefunden
hat, können wir nicht genau sagen.“, erklärt der Erstautor Kofler. Der DNA-Abschnitt wurde also nicht
vererbt sondern direkt von einem Organismus auf einen anderen übertragen. „In Drosophila melanogaster ist
das vor mehr als 60 Jahren geschehen. In 100 Jahren ist das P-Element also zweimal neu in einer anderen Art aufgetaucht.
Das lässt vermuten, dass sich die Verbreitung der Transposons über die Artgrenzen hinweg schneller vollzieht,
als bisher gedacht.“
Ein Transposon erobert die Welt
Obwohl die Forschenden das P-Element sowohl in südafrikanischen als auch in US-amerikanischen D. simulans-Fliegen
fanden, gehen sie von einem einzigen Übertragungsereignis aus. Die südafrikanischen Fliegen wiesen im
Schnitt deutlich mehr P-Elemente im Genom auf als die aus Florida stammenden. "Dies deutet darauf hin, dass
sich die 2010 in Florida gesammelten Fliegen in einer frühen Phase nach dem Übertragungsevent befanden.
Die Proben aus Südafrika stammen aus dem Jahr 2012. Das P-Element hat sich innerhalb dieser zwei Jahre deutlich
vervielfacht“, so Kofler.
Kreativer Faktor im Genom
Institutsleiter Christian Schlötterer und sein Team betreiben in ihrem Labor Evolution in Höchstgeschwindigkeit.
Sie setzen Fruchtfliegen extremen Bedingungen aus wie etwa starker Hitze, Kälte oder UV-Strahlung und sequenzieren
vor und nach der Reizeinwirkung die Genome der Fliegen. Dieser Evolve&Resequence-Ansatz erlaubt es, Gene herauszufiltern,
die sich verändert haben. Unter diesen Bedingungen wollen die Forschenden nun untersuchen, wie sich das P-Element
über viele Generationen hinweg verhält.
„Die Entdeckung des P-Elements in Drosophila simulans bietet uns die einzigartige Möglichkeit zu untersuchen,
wie und wovon Transposons eigentlich reguliert werden und wie sie überleben. Wir können die Evolution
im Labor beschleunigen und so diese und andere Fragen beantworten“, erklärt Institutsleiter Christian Schlötterer.
Über die Veterinärmedizinische Universität Wien
Die Veterinärmedizinische Universität Wien (Vetmeduni Vienna) ist eine der führenden veterinärmedizinischen,
akademischen Bildungs- und Forschungsstätten Europas. Ihr Hauptaugenmerk gilt den Forschungsbereichen Tiergesundheit,
Lebensmittelsicherheit, Tierhaltung und Tierschutz sowie den biomedizinischen Grundlagen. Die Vetmeduni Vienna
beschäftigt 1.300 MitarbeiterInnen und bildet zurzeit 2.300 Studierende aus. Der Campus in Wien Floridsdorf
verfügt über fünf Universitätskliniken und zahlreiche Forschungseinrichtungen. Zwei Forschungsinstitute
am Wiener Wilhelminenberg sowie ein Lehr- und Forschungsgut in Niederösterreich gehören ebenfalls zur
Vetmeduni Vienna. Im Jahr 2015 feiert die Vetmeduni Vienna ihr 250-jähriges Bestehen.
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