Abgeordnete wollen Militärmusik erhalten und EZA-Mittel aufstocken
Wien (pk) – Umfassende Steuerreform, Fortsetzung der Budgetkonsolidierung und Impulse für Wachstum
und Beschäftigung, Reformen in der Verwaltung, im Förderungssystem, bei Pensionen und am Arbeitsmarkt,
Zukunftsinvestitionen in Bildung, Universitäten, Entwicklung und Infrastruktur sowie für Wachstum und
Beschäftigung – das sind die Ziele, die die Bundesregierung in ihrer mittelfristigen Budgetplanung verfolgt.
In Zahlen gegossen und als Gesetz lag diese Strategie dem Nationalrat am 20.05. als Bundesfinanzrahmen bis 2019
zur politischen Beurteilung vor, die von Fraktion zu Fraktion und von RednerIn zu RednerIn durchaus unterschiedlich,
oft auch gegensätzlich ausfiel. Mit dem Beschluss durch die Mehrheit der Regierungsparteien gilt für
das im Herbst zu beschließende Bundesbudget 2016 nunmehr eine Auszahlungsobergrenze von 76,54 Mrd. €. An
Einzahlungen werden im kommenden Jahr 71,69 Mrd. € erwartet, das administrative Defizit wird mit 1,4% des BIP angegeben.
Für den Gesamtstaat wird ein Maastricht-Defizit von 1,6% sowie ein – ebenfalls EU-konformes - strukturelles
Defizit von 0,5% prognostiziert. Bis 2019 soll die Differenz zwischen Auszahlungen und Einzahlungen nach und nach
schrumpfen und die öffentliche Verschuldung von 86,8% des BIP 2015 auf 79,9% zurückgehen. Die im Budgetausschuss
einstimmig beschlossene Erhöhung des Bundesfinanzrahmens um 297,056 Mio. € bekräftigte der Nationalrat.
Damit ist die Finanzierung der geplanten Sanierung des Parlamentsgebäudes gesichert und der Budgetbedarf für
den parlamentarischen Betrieb - insbesondere für zusätzliche Sonderaktivitäten wie Untersuchungsausschuss
oder Enquete-Kommissionen - gedeckt.
In einer lebhaften Debatte beantragten die Grünen eine Änderung des Finanzrahmens bis 2019 zur Erhöhung
der bilateralen Entwicklungszusammenarbeit und der Katastrophenhilfe im Ausland, scheiterten mit ihrem Anliegen
bei der namentlich durchgeführten Abstimmung aber an 137 Nein- zu 31 Ja-Stimmen. Ebenfalls in namentlicher
Abstimmung wurden zwei FPÖ-Entschließungsanträge abgelehnt. Einer auf Erhaltung der Militärmusikkapellen
(120 Nein- gegen 43–Ja-Stimmen) und eines weiteren auf sofortigen Stopp von Kasernenschließungen (115 Nein-
zu 42 Ja-Stimmen). Abgelehnt wurde auch ein Antrag des Teams Stronach auf Erhalt der Militärmusik. - Mehrheitlich
angenommen wurden hingegen Entschließungsanträge der Koalitionsparteien zur Erhaltung des Militärmusikwesens
sowie für eine Strategie zur Entwicklung und gesetzlichen Verankerung eines Stufenplans zur Erhöhung
der Mittel für die Entwicklungszusammenarbeit bis zur Erreichung des internationalen 0,7%-Ziels.
Budgetsanierung und Wachstum: Sinnvoll Sparen und Zukunftsinvestitionen
Elmar Podgorschek (F) eröffnete die Debatte mit der von vielen Abgeordneten seiner Fraktion wie auch von ÖVP,
NEOS und Team Stronach geteilten Auffassung, dass Österreich kein Einnahmenproblem, sondern ein Ausgabenproblem
habe. Daher "dämpfen wir die Ausgabenentwicklung", fügte Gabriele Tamandl (V) hinzu, die sich
auch für Offensivmaßnahmen aussprach und dazu bekannte, die Budgetkonsolidierung im Sinne der EU-Vorgaben
voranzutreiben. Auf diesem Weg bestünden allerdings gravierende Risiken, warf Eva Glawitschnig-Piesczek (G)
mit Hinweis auf Analysen des Budgetdienstes ein, vor allem bei der Gegenfinanzierung der Steuerreform. Glawischnig
befürchtete, dass dringend benötigtes Geld für Klimaschutz, Green Jobs, nachhaltige Infrastruktur
und zur Erfüllung internationaler Verpflichtungen, insbesondere in der Entwicklungszusammenarbeit, in der
Flüchtlingshilfe und bei der internationalen Katastrophenhilfe fehlen werde und kündigte dazu einen Abänderungsantrag
ihrer Fraktion an.
Für sinnvolles Sparen, wie es die Bundesregierung seit 2008 betreibe, trat auch Kai Jan Krainer (S) ein und
unterstützte ausdrücklich eine Politik, die die Steuerlast vom Faktor Arbeit auf Vermögenserträge
verlagert. Krainer sprach sich seinerseits dafür aus, die EZA-Ausgaben auszubauen, Kernaufgaben des Staates
bei der Sicherung der Pensionen sowie bei Bildung und Gesundheit vom Sparkurs auszunehmen und darauf zu verzichten,
"in die Krise hineinzusparen". Priorität hat für Krainer auch der Kampf gegen die Arbeitslosigkeit.
Daher hielt er die Einführung einer sechsten Urlaubswoche für sinnvoll.
Ganz anders argumentierte Kathrin Nachbaur (T), die die weitergehende Staatsverschuldung kritisierte und davor
warnte, mit höheren Schulden, weniger Arbeit und mehr Urlaub den Wohlstand vermehren zu wollen. Die Null-Zins-Politik
der EZB, die das Budget entlaste, gehe zu Lasten von Leistungsträgern und Sparern und nutze den Spekulanten,
kritisierte Nachbaur.
Vor einer Oppositionsrhetorik, die das Land krank jammere, statt den Optimismus zu stärken, schade der Wirtschaft,
warnten Jakob Auer und Werner Groiß (beide V). Auer erinnerte die Oppositionsredner daran, dass die Bundesregierung
in den letzten Jahren noch jedes Budget besser vollzogen habe als es veranschlagt war. Demgegenüber erinnerte
Josef Schellhorn (N) daran, dass die Staatsausgaben seit 2000 stärker wuchsen als die Inflation und Einsparungen
nur wegen niedrigerer Zinsen erzielt wurden. Auch Schellhorn sah keinen Anlass, die Arbeitszeit zu verkürzen
und mehr Urlaub zu nehmen, hielt es aber für dringend notwendig, die Lohnnebenkosten zu senken.
Finanzminister Hans Jörg Schelling bezeichnete den vorgelegten Finanzrahmen als ausgewogenes Zahlenwerk, das
Offensivmaßnahmen ermögliche und es zugleich erlaube, ein strukturelles Nulldefizit zu erreichen und
zu wahren. Das Erfolgsmodell von Kostensenkungen und Offensivmaßnahmen werde fortgesetzt und neue Steuern
vermieden. Der mittelfristige Finanzrahmen sei ebenso seriös gerechnet wie die Gegenfinanzierung der geplanten
Steuerreform, versicherte Schelling, der sich einmal mehr dafür stark machte, den Kampf gegen den Steuerbetrug
zu intensivieren. Unterstützung erhielt der Finanzminister von Christoph Matznetter (S) der von der Fortsetzung
einer soliden Budgetpolitik sprach und ausdrücklich die geplante Steuerreform lobte. Diese ermögliche
es, die Steuerzahler um 5 Mrd. € "ohne Blutvergießen" zu entlasten. Beim Ausbau der Entwicklungszusammenarbeit
(EZA) setzte Matznetter auf den von der Bundesregierung vereinbarten Stufenplan. Maximilian Unterrainer (S) begrüßte
im Interesse des Tourismus die Erleichterung von Betriebsübergaben.
Peter Haubner (V) lobte die zugleich auf Budgetkonsolidierung und wirtschaftliche Stabilität ausgerichtete
Politik der Bundesregierung, die auf dem Grundsatz basiere nicht mehr Geld auszugeben als man habe. Ideen für
eine sechste Urlaubswoche erteilte Haubner eine Absage und erinnerte nachdrücklich daran, dass es die UnternehmerInnen
seien, die Arbeitsplätze schaffen. Bruno Rossmann (G) widersprach Haubner entschieden und meinte Budgetkonsolidierung
dürfe kein Selbstzweck sein. Was fehle sei eine Priorität für Zukunftsinvestitionen und für
den Kampf gegen die Arbeitslosigkeit, denn 400.000 Arbeitslose seien nicht tolerierbar. Österreich brauche
einen budgetpolitischen Kurswechsel um von der Kriechspur auf die Überholspur zu wechseln. Rückläufige
EZA-Mittel bezeichnete Rossmann als eine Schande für ein reiches Land wie Österreich. Beim Thema Entwicklungszusammenarbeit
kritisierte Petra Bayr (S) Außenminister Kurz, der seine Hausaufgaben bislang nicht gemacht habe. Bayrs Hoffnung
galt einem Ausbau der EZA-Mittel beim Budget für 2016.
Die Bundesregierung verweigere Österreich die notwendige Entbürokratisierung, ignoriere den Kaufkraftverlust
der Arbeitnehmer und lasse ein weiteres Wachstum der Staatsschulden zu, kritisierte Leopold Steinbichler (T), der
sich für eine unternehmer- und arbeitnehmerfreundliche Politik stark machte. Die Verhandlungen für einen
neuen Finanzausgleich wollte Steinbichler beschleunigen. Die Militärmusik sah der Redner als Werbepartner
und Sympathieträger des Bundesheeres, bekannte sich nachdrücklich zur Erhaltung dieses Kulturgutes und
legte dazu einen Entschließungsantrag seiner Fraktion vor.
Mit Nachdruck trat Rainer Wimmer (S) dafür ein, die industrienahe Forschung auszubauen, mehr Geld für
die Qualifizierung von ArbeitnehmerInnen und für die Beschäftigung älterer ArbeitnehmerInnen einzusetzen
und die Arbeitszeit zu verkürzen. Tanja Windbüchler-Souschill (G) brach eine Lanze für den Ausbau
der bilateralen Entwicklungszusammenarbeit sowie der Flüchtlingshilfe und der Katastrophenhilfe im Ausland
und legte dazu einen Abänderungsantrag zur Regierungsvorlage vor, der darauf gerichtet ist, die bilaterale
EZA im Jahr 2016 auf 100 Mio. €, 2017 auf 160 Mio. €, 2018 auf 220 Mio. € und 2020 auf 280 Mio. € zu erhöhen.
Der Auslandskatastrophenfonds sollte jeweils auf 20 Mio. € angehoben werden.
Große Steuerreform – Arbeit, Wirtschaft und Familien entlasten, Betrug bekämpfen
Der zweite große Themenkomplex in der Debatte über die mittelfristige Budgetplanung der Bundesregierung
bildete die geplante Steuerreform, die für Elmar Podgorschek (F) lediglich eine Umverteilung aus einer Tasche
des Steuerzahlers in die andere darstelle. Die Gegenfinanzierung sei nur vage konzipiert, der Faktor Arbeit werde
nicht wirklich entlastet und den Menschen unterstelle die Regierung, Steuern zu hinterziehen. Gemeinsam mit seinen
Fraktionskollegen Hubert Fuchs und Bernhard Themessl wandte sich Podgorschek entschieden gegen die Abschaffung
des Bankgeheimnisses und gegen weitere Schritte in Richtung "gläserner Steuerzahler".
Demgegenüber hielt Gabriele Tamandl (V) fest, dass bei den Vorschlägen der Bundesregierung zur Gegenfinanzierung
der Steuerreform EU-Anregungen aufgenommen wurden. Während Eva Glawischnig-Piesczek (G) klare Vorschläge
für die Gegenfinanzierung vermisste, forderte Hubert Fuchs (F) nicht nur Engagement beim Kampf gegen SteuerbetrügerInnen,
sondern auch gegen den Sozialbetrug. Bruno Rossmann (G) vermisste stärkere Wachstums- und Beschäftigungseffekte
durch die geplanten Steuerreform sowie eine Ökologisierung des Steuersystems. Kathrin Nachbaur (T) forderte
eine Steuerreform, die die Steuermoral hebe, indem sie die überdurchschnittliche Abgabenlast reduziere, während
Rainer Wimmer (S) einer Entlastung der ArbeitnehmerInnen und dem Vorziehen der höheren Negativsteuer ausdrücklich
zustimmte.
Reichen die bisherigen Pensionsreformen aus?
Die bisher beschlossenen Reformmaßnahmen bei den Pensionen reichten zur Sicherung des Systems nicht aus,
sagte Elmar Podgorschek (F). Seiner Ansicht widersprachen Gabriele Tamandl (V) und Kai Jan Krainer (S), der sich
überdies gegen die Auffassung mancher ExpertInnen wandte, ein Pensionssystem müsse sich ausschließlich
selbst finanzieren und sollte auf staatliche Zuschüsse verzichten. Gerald Loacker (N) verwies hingegen auf
EU-Kritik an zu wenig wirksamen Pensionsreformen in Österreich, sowie auf überdurchschnittlich stark
wachsende Staatszuschüsse zum Pensionssystem in den kommenden Jahren.
Schelling bittet Abgeordnete um Unterstützung bei der Reform des Finanzausgleichs
Ein weiteres großes finanzpolitisches Projekt der kommenden Monate stellt der Finanzausgleich Neu dar, der
derzeit von mehreren Arbeitsgruppen vorbereitet und ab Sommer 2015 mit den Ländern und Gemeinden verhandelt
werden wird. Finanzminister Hans Jörg Schelling erläuterte die Eckpunkte eines aufgabenorientierten und
transparenteren Finanzausgleichs, für den er die Abgeordneten um Unterstützung bat. Elmar Podgorschek
(F) drängte an dieser Stelle darauf, die "Nebenregierung der Landeshauptleute" abzuschaffen und
die Einnahmen- und Ausgabenverantwortung im Sinne eines echten Föderalismus in einer Hand zu vereinen. Jakob
Auer (V) verlangte Vereinfachungen im Finanzausgleich zugunsten der Gemeinden. Karin Greiner und Franz Kirchgatterer
(beide S) machten auf die Leistungen der Gemeinden für deren BürgerInnen aufmerksam und wies auf die
erfolgreiche Gemeindestrukturreform in der Steiermark hin.
Josef Schellhorn (N) mahnte die Einhaltung der Haftungsobergrenzen von Seiten der Länder ein. Eine offenere
Debatte über den neuen Finanzausgleich und die Reform des Föderalismus in Österreich hielt Bruno
Rossmann (G) für notwendig. Bei der Vereinheitlichung des Rechnungswesens sah Rossmann noch viele offene Fragen,
insbesondere bei der Vermögensrechnung.
Hubert Fuchs (F) wandte sich kritisch gegen die Schließung von Kasernen und brachte einen Entschließungsantrag
seiner Fraktion ein, der auf sofortigen Stopp der Kasernenschließungen gerichtet war. An dieser Stelle forderte
Franz Eßl (V), die Kaserne Tamsweg nicht zu schließen, während Rainer Wimmer (S) vorschlug, Kasernen
und Kirchen verstärkt für die Unterbringung von Flüchtlingen zu verwenden.
Franz Kirchgatterer mahnte einen Finanzausgleich ein, der an den Aufgaben der Gemeinden orientiert ist und damit
den Interessen der BürgerInnen entspricht. Einmal mehr brach Kirchgatterer eine Lanze für die Sozialpartnerschaft,
deren Einfluss von Experten auf die Wirtschaftsentwicklung als positiv beurteilt wird.
Josef Cap sah Österreich im internationalen Vergleich an einer sehr herzeigbaren Stelle und begrüßte
mit Nachdruck den Plan für eine Steuerreform, die über höhere Einkommen, Konsum und Nachfrage die
Wirtschaft beleben wird. Österreich habe eine gute Haushaltspolitik gemacht und damit Handlungsspielräume
offengehalten, die nun zur Entlastung der Einkommen, zur Steigerung der Kaufkraft und zur Stimulierung der Wirtschaft
genutzt werden können. Dazu gehört der Kampf gegen den Steuerbetrug, sagte Cap, eine Durchforstung der
Ausgaben und die Streichung von Steuerausnahmen. Für unverständlich hielt es Cap, auf Instrumente verzichten
zu wollen, die es erlaubten, den Steuerbetrug zu bekämpfen.
Finanzminister Hans-Jörg Schelling teilte den Abgeordneten mit, dass die Österreichische Entwicklungsbank
902 Mio. € an Haftungen für Entwicklungsprojekte in aller Welt übernommen hat. Da dies bislang in der
ODA-Statistik nicht anerkannt werde, bemühe er sich um Anrechnung dieser Leistungen. Bei der Registrierkassenpflicht
werde nicht verlangt, einen Chip zu installieren, wohl aber eine Zertifizierung, die gewährleiste, dass Registrierkassen
nicht manipuliert werden können. Konten werden nur im Rahmen eines Finanz-Prüfverfahrens geöffnet
werden können, sicherte Schelling den Abgeordneten zu.
Abgeordneter Bernd Schönegger (V) bekräftigte sein Eintreten für die Militärmusik als besten
Werbeträger des Österreichischen Bundesheeres, würdigte die Ausbildung, die das Bundesheer bei der
Ausbildung der Musiker leiste, und brachte einen SPÖ-ÖVP-Entschließungsantrag mit der Aufforderung
an den Verteidigungsminister ein, sich für die Erhaltung des Militärmusikwesens einzusetzen. Christoph
Hagen (T) erinnerte daran, dass der Entschließungsantrag seiner Fraktion zum Thema Militärmusik darauf
gerichtet ist, die Militärmusikkapellen in Orchestergröße aufrecht zu erhalten und nicht nur in
der Größe von 20 Mitgliedern, wie dies SPÖ und ÖVP beabsichtigen.
Schließlich plädierte SPÖ-Klubobmann Andreas Schieder dafür, den bescheidenen EZA-Beitrag
Österreichs zu erhöhen und legte dazu einen SPÖ-ÖVP-Entschließungsantrag vor.
|