Bildungsministerin Heinisch-Hosek sieht positive Weiterentwicklung der NMS
Wien (pk) - Neue Mittelschulen (NMS) erhalten mehr Flexibilität beim Einsatz ihrer Bundesmittel für
Fördermaßnahmen in Hauptfächern. Wie der Nationalrat am 20.05. mehrheitlich beschloss, können
ab kommendem Schuljahr die wöchentlich sechs zusätzlichen Unterrichtseinheiten auch in Schwerpunktfächern
genutzt werden, sind also nicht länger an die Pflichtgegenstände Deutsch, Mathematik und eine lebende
Fremdsprache gebunden. Durch die 100%ige Freigabe der Zusatzstunden werde das Vorhaben im Regierungsprogramm, ein
Drittel dieser Fördereinheiten flexibel zu gestalten, übererfüllt, zeigte sich Bildungsministerin
Gabriele Heinisch-Hosek zufrieden. Generell entwickle sich die 2012 ins Regelschulwesen übernommene neue Schulform
sehr gut, sagte die Ministerin, wobei sie ihre Idealvorstellung von einer ganztägigen Gemeinsamen Schule als
bestes Bildungsumfeld für 10- bis 14-jährige SchülerInnen nicht verhehlte.
Grüne und NEOS stimmten der Gesetzesänderung als Schritt in Richtung Schulautonomie gemeinsam mit den
Regierungsfraktionen zu, mahnten gleichzeitig aber noch mehr Gestaltungsfreiraum für Schulen ein. So legten
die NEOS in der Debatte eigene Anträge zum zielgerichteten Einsatz des NMS-Zusatzbudgets und zur besseren
Förderung schulautonomen Gestaltens vor, blieben damit aber in der Minderheit. Ebenso erging es den Grünen
mit ihren zusätzlichen Anträgen betreffend Abschaffung der siebenteiligen Notenskala an NMS sowie für
Vorarlberg als Modellregion der Gemeinsamen Schule. Letztere Forderung sei bereits so gut wie auf Schiene, teilte
SPÖ-Mandatar Elmar Mayer mit Hinweis auf den entsprechenden Konsens der Vorarlberger Landespolitik mit.
FPÖ und Team Stronach bezweifelten wiederum, dass die flexible Stundennutzung an NMS viel zur Qualitätssteigerung
beitragen wird und lehnten sie folglich ab. Daran änderten auch die von sozialdemokratischer Seite getätigten
Verweise auf eine Statistik Austria-Erhebung nichts, wonach NMS-AbsolventInnen weit häufiger in höherbildende
Schulen wechselten als HauptschülerInnen.
Integration an Schulen beschäftigte das Plenum bei der Debatte über einen FPÖ-Antrag, Deutsch als
"Pausensprache" auch außerhalb des Unterrichts an Schulen verpflichtend einzuführen. Mit breiter
Mehrheit schlossen sich die Abgeordneten der Ausschussempfehlung an, die Initiative abzulehnen, verstoße
doch die FPÖ-Forderung gegen grundlegende Menschenrechte, wie etwa Abgeordnete Andrea Kuntzl (S) aufzeigte.
Kinder mit Migrationshintergrund seien vielmehr beim Erlernen ihrer Muttersprache zu fördern, um den Mehrwert
ihrer Vielsprachigkeit richtig zu nützen, unterstrich NEOS-Klubobmann Matthias Strolz. Schulinterne Konflikte
ließen sich nicht mit Sprachverboten lösen.
Mehr Autonomie durch flexible Ressourcennutzung erwartet
Die Novellen zum Schulorganisations- und Schulunterrichtsgesetz brächten durch die Möglichkeit einer
selbstbestimmten Ressourcenverteilung an Neuen Mittelschulen – nach den Worten Erwin Preiners (S) - eindeutig mehr
Autonomie für die Standorte, billigten die Regierungsfraktionen der Novelle zu, die Förderung der SchülerInnen
maßgeblich zu erleichtern.
Für die SPÖ-Mandatarinnen Elisabeth Grossmann und Marianne Gusenbauer-Jäger wird damit vor allem
der Individualisierung des Unterrichts, ausgerichtet auf die Bedürfnisse der einzelnen SchülerInnen,
Rechnung getragen und die ÖVP-Bildungssprecherin Brigitte Jank begrüßt an der Flexibilisierung
besonders, dass Schwerpunkte auch in Bereichen wie Wirtschaft, Naturwissenschaften und kreativem Unterricht gesetzt
werden können. Janks Parteikollegin Eva-Maria Himmelbauer führte die Vermittlung digitaler Fähigkeiten
in Verbindung mit Medienkompetenzen als zukunftsträchtiges Fokusfeld an. Bei aller Wertschätzung der
Regierungsvorlage riet ÖVP-Mandatar Manfred Hofinger allerdings dazu, die Umsetzung der Maßnahme speziell
hinsichtlich Effizienz des Mitteleinsatzes in drei Jahren zu evaluieren. Andrea Gessl-Ranftl (S) erinnerte daraufhin,
laufende Qualitätssicherung beim Einsatz der zusätzlichen Lehrerinnen- bzw. Lehrerstunden sei gemäß
Regierungsvorschlag durch ein begleitendes Monitoring vom zuständigen Qualitätsmanagement der Landesschulräte
vorgesehen.
Laut Gesetzesvorlage ändert sich am Umfang der vom Bund finanzierten Zusatzstunden nichts, weswegen auch die
Personalausgaben gleich bleiben. Die personelle Realisierbarkeit der neuen Zusatzstundenverteilung stellte jedoch
FPÖ-Abgeordneter Gerald Hauser in Abrede, weil ihm zufolge aus der Regierungsvorlage ein Mangel an FachlehrerInnen
des Bundes an den NMS-Standorten hervorgeht. Überhaupt sei bereits auf Kosten anderer Schulen zu viel Geld
in die "Baustelle NMS" gesteckt worden, monierte er.
Die Förderqualität hänge nicht allein vom Unterricht durch BundeslehererInnen ab, replizierte Bundesministerin
Heinisch-Hosek. Außerdem bestünden neben Team Teaching noch sechs weitere Fördermöglichkeiten,
etwa in Kleingruppen oder spezielle Programme für Begabte sowie zur Sprachfestigung. Generell sollten die
SchülerInnen die Schule als "Wohlfühlort" erleben und so erfolgreicher lernen. Wichtig wäre
dabei, die Trennung der SchülerInnen in ihrer Schullaufbahn nicht vor dem 15. Lebensjahr anzusetzen, so Heinisch-Hosek;
insgesamt sei das heimische Schulwesen nicht zuletzt dank seiner PädagogInnen aber in einer guten Weiterentwicklung.
NMS und Gesamtschule: NEOS und Grüne regen größere Sprünge an
Um Fördermaßnahmen wie Team Teaching an Neuen Mittelschulen langfristig erfolgreich zu realisieren,
sollten die zusätzlich finanzierten Unterrichtseinheiten auch für Personal außerhalb des Lehrkörpers
aufgewendet werden können – konkret für Fachkräfte wie SozialarbeiterInnen, Lerncoaches oder PsychologInnen,
schlug Matthias Strolz vor. In einem eigens eingebrachten Entschließungsantrag plädieren die NEOS dafür,
den "multiprofessionellen Personaleinsatz" von der Schulleitung nach Rücksprache mit dem Schulgemeinschaftsausschuss
eigenständig verwalten zu lassen. Für autonome Entscheidungen brauchten Österreichs Schulen allerdings
einen Mentalitätswandel, räumte der NEOS-Bildungssprecher ein. Vor allem gelte es, die Kooperationsfähigkeit
der LehrerInnen von ihrer Ausbildung an zu fördern, um etwa das Bilden von "Lehrerteams" im Unterricht
zu unterstützen. Die Änderungen bei den sechs zusätzlichen Unterrichtsstunden an NMS bezeichnete
Strolz als "Trippelschritt" zur Schulautonomie, der zwar zu begrüßen sei, aber noch deutlicher
ausfallen müsse – und war darin einer Meinung mit Grünen-Bildungssprecher Harald Walser, der die in die
NMS gesetzten Erwartungen als zu hoch gesteckt bezeichnete.
Eine Abkehr von der sozialen Differenzierung im österreichischen Schulsystem kann es in seinen Augen nur in
einer gemeinsamen Schule für die Altersgruppe 10 bis 14 geben, weswegen Walser per Antrag dafür eintrat,
mit einer Änderung im Schulorganisationsgesetz Vorarlberg als landesweite Modellregion die Einführung
solcher Schulen zu ermöglichen. Seine Kritik am bestehenden NMS-Benotungssystem verdeutlichte der Grüne
Bildungssprecher in einem Antrag, die jetzige Beurteilungsskala mit sieben Stufen abzuschaffen, da sich die Leistungsbeurteilung
nach "grundlegender" oder "vertiefter" Bildung darin teilweise überschneide. Ziel müsse
eine nachvollziehbare, leistungsgerechte und transparente Notengebung sein.
Nein zu Deutsch als "Pausensprache"
Der FPÖ-Vorschlag, Deutsch an heimischen Schulen mit dieser Unterrichtssprache auch für Konversationen
außerhalb der Klassenzimmer verpflichtend vorzuschreiben, stieß im Nationalrat auf wenig Gegenliebe.
Den Argumenten der Freiheitlichen Walter Rosenkranz und Gerald Hauser, eine derartige Regelung sei ein auch in
Deutschland befürwortetes "Gebot des Hausverstands" und helfe SchülerInnen mit Migrationshintergrund
bei der Integration, widersprachen die anderen RednerInnen dieses Debattenteils - Andrea Kuntzl (S), Angelika
Winzig (V), Harald Walser (G) Matthias Strolz (N) Alev Korun (G), Daniela Holzinger (S) und Karlheinz Töchterle
(V) - vehement. Die obligatorische Nutzung von Deutsch in den Unterrichtspausen komme einem "Muttersprachenverbot
an Schulen" gleich, meinte beispielsweise Korun, und Töchterle empfahl, wenn überhaupt, sollten
sich Schulen autonom in ihrer Hausordnung für derartige Beschränkungen entscheiden.
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