Wien (tu) - Drei neue Großgeräte zur Materialcharakterisierung werden an der TU Wien eingeweiht.
Sie dienen der interdisziplinären Forschung und sollen von verschiedenen Forschungsgruppen genutzt werden
können. Mit Papier und Bleistift alleine kommt man in den technischen Wissenschaften nicht weit. Um in der
Forschung mit der internationalen Spitze mithalten zu können, braucht man eine hervorragende Geräteausstattung.
Die TU Wien verfügt bereits über zahlreiche, hochmoderne Großgeräte, drei weitere aus dem
Bereich der Spektroskopie für die chemische und physikalische Analyse kommen nun dazu. Ein spezielles Rasterkraft-Nahfeld-Raman-Mikroskop,
ein Röntgenphotoelektronen- Spektrometer und ein Kernresonanz-Spektrometer werden am 19.05. feierlich eingeweiht.
Teure Geräte gemeinsam nutzen
„Mit hochkomplexen Forschungsinstrumenten kann nur in optimaler Laborumgebung und durch Experten-Betreuung
der für die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler maximale Nutzen gezogen werden“, betont der Vizerektor
für Forschung Prof. Johannes Fröhlich. Daher wurden an der TU Wien mit den „Forschungsgerätezentren“
Strukturen geschaffen, die eine Nutzung der Messgeräte auf höchstem Niveau gewährleisten sollen.
Das Rasterkraft-Nahfeld-Raman-Mikroskop und das Röntgenphotoelektronen-Spektrometer werden vom „Analytical
Instrumentation Center“ (AIC) verwaltet, das neue Kernresonanz-Spektrometer ist dem NMR-Zentrum der TU Wien zugeordnet.
Die Chemikerin Annette Foelske-Schmitz leitet das AIC. Sie forschte selbst an der Universität Düsseldorf
und am Paul Scherrer Institut in der Schweiz. „Die Geräteausstattung der TU Wien ist im Bereich der physikalisch-chemischen
Analytik hervorragend“, sagt Foelske-Schmitz. „Meine Aufgabe ist es, dafür zu sorgen, dass das so bleibt,
dass im Lauf der Zeit weiterhin die nötigen Erweiterungen vorgenommen werden und dass die Geräte instituts-
und fakultätsübergreifend genutzt werden.“
XPS – die Chemie der Oberfläche
Zu einer der stärksten Methoden auf dem Gebiet der Oberflächenanalytik zählt die Röntgenphotoelektronenspektroskopie.
Röntgenstrahlen treffen auf eine Oberfläche und lösen Elektronen aus ihren Atomen heraus. Die Elektronen,
die das Material verlassen, werden so detektiert, dass dabei ihre Geschwindigkeit bestimmt wird. Aus der Energie
der Einfallenden Röntgenstrahlen und der Geschwindigkeit der Elektronen lässt sich berechnen, wie fest
die Elektronen an das Atom gebunden waren. Daraus kann man ablesen, um welche Atome es sich handelt.
Diese Methode gibt daher Aufschluss über die chemische Zusammensetzung des Materials. Weil nur die Elektronen
aus den oberflächennahen Bereichen das Material verlassen können, lässt sich so ganz spezifisch
die äußerste Schicht eines Materials untersuchen, ohne dass die Messung durch tieferliegende Atome aus
dem Materialinneren verfälscht wird. Man verwendet die Röntgenphotoelektronen-Spektroskopie für
vielfältige Fragestellungen aus den Bereichen der Oberflächentechnik, wie z.B der Tribologie, Katalyse
oder Halbleitertechnologie.
AFM-SNOM-Raman – Der Fingerabdruck der Moleküle
Das zweite Messgerät, das die Ausstattung des AIC nun ergänzen wird, besteht aus einer in Österreich
einmaligen Gerätekombination. Das Herzstück ist ein mit vier Lasern ausgestattetes, konfokales Raman
Mikroskop, das außerdem mit einem Rasterkraftmikroskop (AFM) sowie der Option zur optischen Nahfeldmikroskopie
(SNOM) ausgerüstet ist. Bei der Raman Spektroskopie wird die Probe mit einem Laser bestrahlt und die inelastisch
gestreuten, frequenzverschobenen Photonen werden detektiert. Unterschiedliche Moleküle weisen charakteristische
Raman-Spektren auf, sodass man sie voneinander unterscheiden kann, selbst wenn sie aus den gleichen Atomen bestehen.
Gleichzeitig kann auch das Rasterkraftmikroskop zur Messung eingebracht werden um Materialeigenschaften wie die
Rauigkeit der Oberfläche mit Nanometerauflösung zu ermitteln. Man verwendet Rasterkraft-Nahfeld-Raman-Mikroskop
zur Analyse von biologischen Proben, nanostrukturierte Materialien und sogar zur Charakterisierung von Kunstobjekten.
Hochfeld-Kernresonanzspektrometer – Atome im Magnetfeld: Nuclear Magnetic Resonance (NMR)
Bei der Kernresonanz-Spektroskopie wird die Probe einem starken Magnetfeld ausgesetzt, bestimmte Atomkerne richten
sich daraufhin in der Richtung des Feldes aus. Mit Hilfe eines zweiten oszillierenden Feldes kann man dann ihre
Resonanzfrequenz messen, die für unterschiedliche Atome unterschiedlich groß ist.
Das neue, durch einen Kryo-Probenkopf mit supraleitenden Empfangsspulen hochempfindliche NMR-Instrument an der
TU Wien wird man, insbesondere mit innovativer LC-NMR/MS-Kopplung (der Verbindung von Flüssigchromatographie
mit Kernresonanz- und Massenspektrometer), für fast alle Bereiche der Chemie einsetzen können – etwa
für die Charakterisierung neu synthetisierter pharmazeutischer Wirkstoffe, für die Strukturaufklärung
neu isolierter Naturstoffe oder für Untersuchungen von Polymeren und Polymerisationszusatzstoffen.
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