Wien (bmi) - Durch die Krisen und Bürgerkriege in unmittelbarer Nachbarschaft Europas ist es in den vergangenen
Wochen zu einer dramatisch steigenden Zahl an Kriegsflüchtlingen gekommen. Diese Entwicklung zeigt sich an
den tragischen Ereignissen im Mittelmeer und an den konstant steigenden Asylantragszahlen in Österreich.
2014 wurden in den 28 EU Staaten insgesamt 626.000 Asylanträge gestellt. Dies bedeutet nicht nur ein Plus
von 44% gegenüber 2013 sondern ist auch der höchste jemals in der EU gemessenen Jahreswert. Während
in Österreich 2014 rund 28.000 Anträge gestellt wurden, lag dieser Wert etwa in Deutschland bei 202.000,
oder in Schweden bei 81.000 Anträgen.
2015 haben sich diese Zahlen nochmals erhöht. Bis Ende April wurden in Österreich 14.225 Asylanträge
registriert. Dies bedeutet ein Plus von 160% gegenüber dem Vorjahreszeitraum. Während die Zahlen aus
dem Kosovo dank der unverzüglich eingeleiteten Maßnahmen innerhalb weniger Wochen wieder auf ein sehr
niedriges Niveau gesenkt werden konnten, ist der Zustrom aus den Bürgerkriegsgebieten wie Syrien, Somalia,
dem Irak oder Afghanistan ungebrochen.
Da die Zahl der Asylanträge aufgrund der Krisen in der Welt laufend ansteigen, standen die Länder bei
der Unterbringung der Flüchtlinge schon bisher vor immensen Herausforderungen. Mittlerweile werden von den
Ländern rund 35.000 Asylwerber grundversorgt. Das sind um 12.000 Asylwerber mehr als noch vor einem Jahr.
Die Kapazitäten des Bundes haben sich hierbei mehr als verdoppelt und jene der Länder sind um 1/3 gestiegen.
Aber: Die täglichen Antragszahlen steigen weiter: Wurden Anfang Mai 2014 im Schnitt noch 67 Asylanträge
pro Tag gestellt, betrug der durchschnittliche Tageswert in der vergangenen Woche 250 Asylanträge. Der Spitzenwert
wurde am 11. Mai mit 314 Asylträgen registriert und wurden letzte Woche gesamt 1.714 Asylanträge gestellt.
Sowohl der Wochenwert als auch der Tageswert sind die höchsten jemals gemessenen Werte seit Beginn der statistischen
Aufzeichnungen. Allein im Mai wurden bis jetzt 3.068 Asylanträge in Österreich gestellt. Das ist bedeutend
mehr als im ganzen Jahr 2014 in den Mittelmeerstaaten Malta (1.350), oder Zypern (1.745), bzw. in den Nachbarstaaten
Slowakei, Tschechien und Slowenien zusammen (1.870) gestellt wurden. Auch die drei baltischen Staaten kamen im
ganzen Jahr 2014 nur auf einen Wert von 970 Anträgen.
Durch diese noch nie dagewesene und dramatische Steigerung der Asylantragszahlen in Österreich mussten unverzüglich
Notmaßnahmen eingeleitet werden, um die Kriegsflüchtlinge vor Obdachlosigkeit zu schützen, da in
den Ländern trotz intensivster Bemühungen nicht genügend Quartiere für die Übernahme einer
derart großen Zahl an Menschen zur Verfügung gestellt werden konnten.
Innenministerin Johanna Mikl-Leitner hat daher vergangenen Mittwoch einen Krisenstab im Innenministerium installiert.
Für Freitag wurde zu einem ersten Asylgipfel eingeladen. Darüber hinaus werden seit letzter Woche Aufgegriffene
zur Erstabklärung auch nach Vordernberg gebracht – und somit diese freien Kapazitäten ausgeschöpft,
Wien/Erdberg zur Unterbringung vorübergehend reaktiviert und Zelte, die den UNHCR-Standards entsprechen, angeschafft
und vorläufig – nach deutschem Vorbild – an drei Standorten genutzt. Parallel laufen Gespräche mit Verteidigungsministerium
und Kirche bezüglich möglicher weiterer Unterstützungen.
Die Dauer der Unterbringung in diesen Provisorien ist nicht abzusehen, da beim am 15. Mai 2015 vom Innenministerium
einberufenen Krisengipfel zwar rund 1.000 Plätze von den Ländern in Aussicht gestellt wurden, jedoch
keine sofort belegbaren Quartiere zur Verfügung gestellt werden konnten.
Der Krisengipfel wird ab sofort jede Woche, jeden Donnerstag tagen, "solange bis die Flüchtlinge vor
Obdachlosigkeit geschützt sind und das letzte Zelt abgebaut ist", so Innenministerin Mikl-Leitner.
Darüber hinaus betont die Innenministerin: "Wir haben eine massive Schieflage in Europa und die Lage
verschärft sich weiter. Es ist gut, dass wir uns auf europäischer Ebene jetzt mit unserer Forderung nach
einer Quote durchgesetzt haben. Aber jetzt heißt es auch: Umsetzen! Sonst wird die Situation in Europa endgültig
kippen. Wenn wir hier keine Entlastung für unsere stark belasteten Länder herbeiführen, dann kann
Europa an dieser Frage scheitern. Wir brauchen eine faire Verteilung. Wir brauchen UNHCR-Anlaufstellen in Nordafrika.
Und wir brauchen einen Paradigmenwechsel im Mittelmeer. Entscheidend ist für mich, dass die Menschen, die
im Mittelmeer gerettet werden, in diese UNHCR-Zentren gebracht werden. Nur so können wir den Schleppern das
Handwerk legen. Jetzt ist es so, dass die Schleppermafia die Rettungsmaßnahmen als profitablen Teil ihrer
Logistik verbucht. Das müssen wir ändern. An erster Stelle steht selbstverständlich die Rettung.
An zweiter Stelle darf aber nicht mehr Europa stehen, sondern eine Anlaufstelle in Nordafrika. Nur so entziehen
wir der Schleppermafia ihre Geschäftsgrundlage."
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