Sozialausschuss stimmt einhellig für Änderung des Arbeitsmarktpolitik- Finanzierungsgesetzes
– Sozialausschuss: Diskussion über Pensionen und Behindertenpolitik
Wien (pk) – Die Fördermittel für ältere Arbeitslose werden deutlich aufgestockt. Sowohl im
kommenden Jahr als auch 2017 werden jeweils 250 Mio. € aus Mitteln der Arbeitslosenversicherung bereitgestellt,
um über 50-Jährige, die länger als sechs Monate auf Jobsuche sind, wieder in den Arbeitsmarkt zu
integrieren. Das sieht eine Novelle zum Arbeitsmarktpolitik-Finanzierungsgesetz vor, die am 27.05. vom Sozialausschuss
des Nationalrats gebilligt wurde. 60% der Fördermittel können demnach für Eingliederungsbeihilfen
und Kombilohn und 40% für sozialökonomische Betriebe und gemeinnützige Beschäftigungsprojekte
verwendet werden. Auch für Kurzarbeitsbeihilfen werden weiter Mittel zur Verfügung stehen. Der Beschluss
fiel einstimmig, auch wenn NEOS und FPÖ einen anderen Schlüssel bei der Mittelaufteilung bevorzugt hätten.
Zur Diskussion im Ausschuss stand auch rund ein Dutzend Oppositionsanträge, wobei die FPÖ nach wie vor
fordert, den Zugang zum österreichischen Arbeitsmarkt auch für EU-BürgerInnen zu beschränken.
Den Grünen geht es unter anderem um einen Mindestlohn für ArbeitnehmerInnen ohne Kollektivvertrag. Die
NEOS wenden sich gegen das weitgehende Arbeitsverbot für AsylwerberInnen. Schließlich wurde mit breiter
Mehrheit noch ein Bericht zur Kenntnis genommen, der über die Situation der Freiwilligentätigkeit in
Österreich informiert.
20 Mio. € jährlich für Kurzarbeit bis 2019
Begründet wird die Novelle zum Arbeitsmarktpolitik-Finanzierungsgesetz ( 587 d.B.) mit dem überdurchschnittlichen
Anstieg der Zahl älterer Arbeitsloser. Die Jobchancen für Personen über 50 seien aus verschiedenen
Gründen derzeit besonders ungünstig, wird in den Erläuterungen zum Gesetzentwurf hervorgehoben.
Heuer stehen für die Beschäftigungsinitiative 50+ gemäß den geltenden Bestimmungen 120 Mio.
€ zur Verfügung, 2016 wird der Betrag nun von ursprünglich 150 Mio. € auf 250 Mio. € erhöht. Für
Kurzarbeit werden in den Jahren 2016 bis 2019 jeweils 20 Mio. € (2015: 30 Mio. €) aus Mitteln der Arbeitslosenversicherung
bereitgestellt.
ÖVP-Sozialsprecher August Wöginger wies darauf hin, dass die Arbeitslosigkeit bei den über 50-Jährigen
im Vergleich zu den anderen Altersgruppen nicht stärker ansteige. Das Probleme liege vielmehr in der Reintegration
in den Arbeitsmarkt.
Grundsätzlich begrüßt wurde die Gesetzesinitiative auch von den NEOS. Abgeordneter Gerald Loacker
übte allerdings Kritik an der Mittelaufteilung. Seiner Ansicht nach wäre es sinnvoller, 25% der für
ältere Arbeitslose reservierten Fördergelder für Schulungs- und Qualifizierungsmaßnahmen zu
verwenden und lediglich 40% für Eingliederungsbeihilfen und 25% für sozialökonomische Betriebe.
"Training on the job" sei wichtig, es gebe aber viele ältere Arbeitslose, die über kaum geeignete
Qualifikationen verfügen, argumentiert er. Ein von Loacker eingebrachter Abänderungsantrag fand allerdings
nur die Zustimmung der FPÖ.
Um die Arbeitsmarktchancen für ältere Arbeitslose zu verbessern, sprach sich Loacker überdies dafür
aus, das in der österreichischen Arbeitswelt weit verbreitete Senioritätsprinzip und den Kündigungsschutz
für über 50-Jährige zu überdenken. Sozialminister Rudolf Hundstorfer zufolge gilt das Senioritätsprinzip
allerdings nur für einen gewissen Teil der Kollektivverträge, etwa im Banken- und Versicherungsbereich.
Die Masse der Kollektivverträge, beispielsweise der Baubereich und der Handel, kenne dieses Prinzip hingegen
nicht, bekräftigte er.
Zugangsbeschränkungen zum Arbeitsmarkt: FPÖ lässt nicht locker
Intensiv diskutiert wurde im Ausschuss über die zum wiederholtem Mal von der FPÖ vorgebrachte Forderung,
den Zugang zum österreichischen Arbeitsmarkt nicht nur für Drittstaatsangehörige, sondern auch für
EU-BürgerInnen zu beschränken, abhängig etwa von der Branche und vom Ausbildungsniveau ( 1130/A(E)).
Nach Meinung von Abgeordneter Dagmar Belakowitsch-Jenewein wäre ein entsprechender Schritt das einzige taugliche
Mittel, um der nach wie vor steigenden Arbeitslosigkeit in Österreich Herr zu werden. Der FPÖ gehe es
nicht um eine komplette Schließung des österreichischen Arbeitsmarkts, sondern nur um gewisse Bereiche
wie die Baubranche, versicherte sie.
Andere Länder wie etwa England überlegten ebenfalls ähnliche Schritte, zeigte ihr Fraktionskollege
Peter Wurm auf. Dass Österreich aufgrund seiner geographischen Lage ein Einfallstor für Arbeitskräfte
aus den angrenzenden Ländern sei, sehe man allein schon an der Entwicklung der Arbeitslosenzahlen. Seit dem
Jahr 2010 habe es einen massiven Anstieg der Jobsuchenden aus dem osteuropäischen Raum gegeben, und zwar eine
Steigerung um 133,9 %. Die Regierung müsse auf EU-Ebene endlich selbstbewusst auftreten und damit argumentieren,
dass Österreich diese massive Zuwanderung alleine nicht stemmen könne.
Sozialminister Rudolf Hundstorfer lehnt eine sektorale Beschränkung des österreichischen Arbeitsmarkts
allerdings vehement ab. Er machte geltend, dass die Arbeitnehmerfreizügigkeit zu den vier grundlegenden Rechten
innerhalb der EU gehöre und schließlich auch hunderttausende ÖsterreicherInnen im Ausland arbeiteten
und lebten. Hundstorfer fürchtet außerdem negative Auswirkungen auf die Exporte in die betroffenen Länder,
würde man den Arbeitsmarkt für bestimmte EU-BürgerInnen dicht machen.
Hundstorfer hob überdies hervor, dass die Zuwanderer der letzten fünf Jahre viel höher qualifiziert
seien, als jene, die vor 20 Jahren oder früher nach Österreich gekommen sind. In der Regel hätten
alle eine Berufsausbildung, 30 % sogar einen akademischen Abschluss. Dass es im Baubereich einen Verdrängungswettbewerb
gibt, räumte Hundstorfer ein, es würden aber vor allem schlecht qualifizierte Zuwanderer aus früheren
Jahren von jungen qualifizierten Neuzuwanderern verdrängt.
Was die Arbeitslosenstatistik betrifft, bekräftigte Hundstorfer gegenüber der FPÖ, dass jeder Arbeitssuchende
in Österreich ausgewiesen werde, auch jene, die keine Arbeitslosenunterstützung erhalten. Ihm zufolge
sind das etwa 15 % der arbeitslos gemeldeten Personen. Wer krank ist und damit nicht für den Arbeitsmarkt
zur Verfügung steht, scheine in der Statistik selbstverständlich nicht auf, so der Minister, das sei
aber in ganz Europa so.
Mit der Antwort Hundstorfers zeigte sich Dritter Nationalratspräsident Nobert Hofer (F) allerdings nicht zufrieden.
Man könne die Forderung nach einer sektoralen Schließung des Arbeitsmarkts nicht einfach wegwischen,
sagte er. Für Hofer ist außerdem klar, dass für die hohe Arbeitslosigkeit in Österreich nicht
nur äußere Einflüsse verantwortlich sind, es gebe auch hausgemachte Ursachen. Der Antrag wurde
schließlich vertagt.
Arbeitserlaubnis für AsylwerberInnen: FPÖ dagegen, NEOS dafür
Zwei konträre Anträge lagen dem Sozialausschuss zur Frage des Arbeitsmarktzugangs für AsylwerberInnen
vor. Während die NEOS fordern, Asylsuchenden spätestens neun Monate nach Einbringung eines Asylantrags
eine allgemeine Arbeitserlaubnis zu erteilen ( 740/A(E)), fordert die FPÖ eine Beibehaltung der bestehenden
restriktiven Regelungen ( 1131/A(E)). Abgeordneter Peter Wurm (F)fürchtet anderenfalls einen zusätzlichen
enormen Druck auf den heimischen Arbeitsmarkt, zumal es derzeit pro Woche 1.000 Asylanträge gibt. Eine Studie
in Tirol habe zudem gezeigt, dass 60 % der anerkannten Flüchtlinge Mindestsicherung beziehen, da sie den Jobeinstieg
nicht schaffen. Überdies seien seiner Meinung nach die vorhandenen Beschäftigungsmöglichkeiten -
acht Lehrberufe, 20 Mangelberufe, Selbstständigkeit etc. - ausreichend.
Demgegenüber argumentierte Abgeordneter Gerald Loacker (N), dass es keinen Sinn mache, Menschen jahrelang
in der Untätigkeit verharren zu lassen, zumal dabei auch vorhandene Qualifikationen verloren gehen. Außerdem
betreffe dies nur eine kleinere Gruppe von Menschen; von einem Ansturm auf den Arbeitsmarkt könne man sicherlich
nicht sprechen. Erst durch die Integration in den Arbeitsmarkt können die Asylanten mit ihren Steuern und
Abgaben zum Sozialsystem beitragen. - Beide Anträge wurden schließlich vertagt.
Eindämmung von All-In-Verträgen: Muchitsch stellt Vorschlag in Aussicht
Einen neuen Vorschlag haben die Grünen zur Frage der Einführung eines gesetzlichen Mindestlohns vorgelegt.
Abgeordnete Birgit Schatz regt an, im Allgemeinen Bürgerlichen Gesetzbuch (ABGB) für alle Arbeitsverhältnisse,
die nicht einem Kollektivvertrag unterliegen, ein Mindestentgelt von 9,30 € pro Arbeitsstunde zu verankern und
diesen Betrag jährlich gemäß Tariflohnindex zu valorisieren ( 1113/A). Gleichzeitig will sie das
Bundeseinigungsamt dazu bewegen, öfter von der Möglichkeit Gebrauch zu machen, Mindestlohntarife für
Wirtschaftszweige festzulegen, in denen wegen fehlender Kollektivvertragspartner kein Kollektivvertrag wirksam
ist ( 1114/A(E)). Es gehe dabei um gar nicht so wenige Personen, wie immer behauptet werde, gab sie zu bedenken.
Als Beispiel führte sie Beschäftigte in der Tourismus- und Freizeitwirtschaft (z.B. in Fitnesscentern)
an.
Ein Dorn im Auge sind Schatz außerdem All-In-Verträge, sie fordert restriktivere Regelungen, insbesondere
für Beschäftigte in niedrigen Einkommensgruppen ohne Führungsverantwortung ( 1190/A(E)). In der
Praxis handle es sich dabei nämlich oft um verdeckte Ausbeutungsmöglichkeiten von Menschen mit niedriger
Qualifikation. Dies könnte man einfach durch die Einführung einer Lohngrenze unterbinden.
Die beiden Anträge zum Mindestlohn wurden von den Koalitionsparteien mit der Begründung abgelehnt, dass
es sinnvoller sei, den bisherigen Weg über die Sozialpartner zu beschreiten. Die Beratungen über das
Thema All-In-Verträge wurden hingegen vertagt. Es sei wichtig, darüber noch ausführlich zu diskutieren,
argumentierte SPÖ-Abgeordneter Markus Vogl, der wegen des offensichtlichen Trends in Richtung Pauschalverträge
ebenfalls Handlungsbedarf sieht. Ausschussvorsitzender Josef Muchitsch (S) zeigte sich zuversichtlich, dass es
gelingen wird, eine Lösung in diesem Bereich zu finden und stellte für die nächsten Monate einen
Vorschlag in Aussicht. Es könne nicht sein, dass All-In-Verträge missbräuchlich verwendet würden,
um ArbeitnehmerInnen kollektivvertraglich vorgesehene Leistungen vorzuenthalten, übte auch er Kritik. Aufgrund
der Zusicherung von Muchitsch stimmten auch die Grünen dem Vertagungsantrag zu.
Grüne und NEOS für Bildungs- bzw. Weiterbildungskonto
Ein weiteres Anliegen ist den Grünen die Schaffung eines Bildungskontos und ein damit verbundener Rechtsanspruch
auf Weiterbildung und Qualifikation für alle Personen, die eine niedrige Ausbildung und Probleme am Arbeitsmarkt
haben ( 1146/A(E)). Eine Umsetzung des Antrags würde Arbeitslosen die Möglichkeit eröffnen, selbst
eine Ausbildung oder eine Qualifikationsmaßnahme zu wählen, je nach Interesse und Stärken, skizzierte
Abgeordnete Schatz. Gleichzeitig sollten auch das AMS-Service neu strukturiert und intensivere Beratungen angeboten
werden, regte sie an.
Einen anderen Vorschlag haben die NEOS: Sie fordern ein individuelles Weiterbildungskonto für alle ArbeitnehmerInnen,
das aus Beiträgen zur Arbeitslosenversicherung und aus staatlichen Prämien gespeist wird und zum lebenslangen
Lernen motivieren soll ( 1160/A(E)). Diesem Ansinnen schlossen sich auch die Freiheitlichen an, da davon Menschen,
die sich im Erwerbsprozess befinden, ebenfalls profitieren würden.
Sozialminister Hundstorfer plädierte hingegen dafür, den Fokus zunächst auf die Ausbildungspflicht
für junge Menschen zu richten. Ein "Bildungskonto auf ewig" sei zwar eine gute Idee, aufgrund fehlender
Mittel aber nicht umsetzbar, sagte er. Ähnlich argumentierte auch Team-Stronach-Klubobfrau Waltraud Dietrich.
Die Anträge wurden schließlich mit S-V-F-T-Mehrheit bzw. S-V-T-Mehrheit abgelehnt.
Schwerarbeit: NEOS für rechtzeitige Umschulung von ArbeitnehmerInnen
Um Menschen länger im Berufsleben zu halten, treten die NEOS außerdem dafür ein, neue Wege im Bereich
der aktiven Arbeitsmarktpolitik einzuschlagen und ArbeitnehmerInnen, die in gesundheitsbeeinträchtigenden
Berufen tätig sind, bereits frühzeitig Umschulungen zu ermöglichen ( 1083/A(E)). Damit könnte
man späteren gesundheitlichen Beeinträchtigungen, die zu einer Invaliditäts- oder Berufsunfähigkeitspension
oder der Inanspruchnahme einer Schwerarbeiterpension führen, vorbeugen, machte Abgeordneter Loacker geltend,
konnte sie mit seiner Argumentation jedoch nicht durchsetzen. Letztendlich stimmten alle anderen Fraktionen bis
auf das Team Stronach gegen den Antrag.
Grüne wollen einheitliche und verbesserte Mindestsicherung, FPÖ neue Pendlerverordnung
Schließlich befasste sich der Sozialausschuss heute im ersten Diskussionsblock noch mit der Forderung der
FPÖ nach einer umfassenden Überarbeitung der Pendlerverordnung ( 912/A(E)) und dem Verlangen der Grünen
nach verbesserten bundeseinheitlichen Mindeststandards für die bedarfsorientierte Mindestsicherung ( 1147/A(E)).
Grün-Abgeordnete Judith Schwentner urgiert unter anderem ein vierzehnmalige Auszahlung der Mindestsicherung
und eine Abdeckung der vollen Wohnkosten. Überdies vermisst sie aufgrund der fehlenden Zuverdienstmöglichkeiten
Anreize für MindestsicherungsbezieherInnen, eine Beschäftigung aufzunehmen. Die Mindestsicherung sei
das letzte soziale Netz, das zur Verfügung stehe, es liege einiges im Argen, so Schwentner.
Die Forderungen Schwentners wurden von ÖVP-Abgeordnetem August Wöginger allerdings kritisch bewertet.
Besser sei es, Anreizsysteme für die Betroffenen zu schaffen, um wieder in Beschäftigung zu kommen. Auch
SPÖ-Abgeordnete Ulrike Königsberger-Ludwig sieht keinen aktuellen Handlungsbedarf. Die Mindestsicherungs-BezieherInnen
würden gut beraten, ihnen stehe wie allen anderen zudem ein breites Bildungs- und Qualifikationsangebot zur
Verfügung. Sie kenne auch niemanden, der Anspruch auf Mindestsicherung hätte, diese aber nicht bekomme,
betonte Königsberger-Ludwig. Ausschussvorsitzender Josef Muchitsch (S) merkte an, es sei wichtig, dass es
zwischen der Mindestsicherung und niedrigen Löhnen einen ausreichend großen Unterschied gebe. Seitens
der NEOS lehnte Gerald Loacker den Antrag mit der Begründung ab, dass die Forderung, die Mindestsicherung
14 mal jährlich auszuzahlen, nicht schlüssig sei.
Zu kritischen Anmerkungen der FPÖ hielt Sozialminister Rudolf Hundstorfer fest, dass die durchschnittliche
Bezugsdauer der Mindestsicherung 8,1 Monate betrage. 17 % der MindestsicherungsbezieherInnen sind ihm zufolge berufstätig,
27 % Kinder und Jugendliche, 8 % bereits über der Pensionsgrenze und 7 % stehen aus verschiedenen Gründen,
etwa wegen fehlender Kinderbetreuungsplätze, für den Arbeitsmarkt nicht zur Verfügung. Hundstorfer
hob überdies hervor, dass das Weiterbestehen der Bezugsvoraussetzung in einigen Bundesländern jährlich
überprüft wird, ein Missbrauch also ausgeschlossen werden könne. Da die Vereinbarung mit den Bundesländern
ausläuft, gibt es laut Hundstorfer zur Mindestsicherung derzeit Verhandlungen mit den Ländern. Der G-Antrag
wurde mit den Stimmen der anderen Fraktionen abgelehnt.
Was die Pendlerverordnung betrifft, ist nach Meinung der FPÖ nicht nur die Abgrenzung zwischen kleinem und
großem Pendlerpauschale, also die Frage der Zumutbarkeit der Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel,
unbefriedigend geregelt. Abgeordneter Peter Wurm bemängelt auch, dass Aufwendungen für Fahrten zum Arbeitsplatz
nicht zur Gänze steuerlich geltend gemacht werden können, sondern pauschal abgegolten werden. Der Antrag
soll an den Finanzausschuss weitergeleitet werden.
Über 3,3 Millionen ÖsterreicherInnen engagieren sich auf freiwilliger Basis
Mit den Stimmen von SPÖ, ÖVP, NEOS, Grünen und Team Stronach nahm der Ausschuss den 2. Freiwilligenbericht
zur Kenntnis. Daraus geht hervor, dass sich im Jahr 2012 rund 3,3 Millionen Menschen in Österreich freiwillig
engagiert haben, und zwar entweder formell in Vereinen bzw. Organisationen oder informell wie zum Beispiel im Rahmen
der Nachbarschaftshilfe. Gegenüber dem Jahr 2008 sei somit der Anteil an BürgerInnen, die auf freiwilliger
Basis tätig sind, noch einmal angestiegen, hob Sozialminister Hundstorfer hervor. All diesen Menschen sei
ausdrücklich zu danken.
Auch die VertreterInnen der politischen Fraktionen drückten ihre Wertschätzung gegenüber den zahlreichen
freiwillig Tätigen aus, ohne deren Leistung viele gesellschaftliche Bereiche nicht funktionieren würden.
Es sei aber auffällig, dass Frauen im Gegensatz zu Männern besonders in jenen Bereichen aktiv sind, wo
es keine Orden und Auszeichnungen gibt, gab Waltraud Dietrich vom Team Stronach zu bedenken. Ihrer Meinung nach
sollte ein Modell entwickelt werden, um noch mehr Jugendliche zur Mitarbeit in den diversen Organisationen zu motivieren.
Die Rednerin der Grünen, Judith Schwentner, wünschte sich einen bundeseinheitlichen Versicherungsschutz,
während die FPÖ die zu hohen bürokratischen Auflagen für Vereine beklagte. Franz-Joseph Huainigg
(V) trat dafür ein, ein Freiwilliges Sozialjahr (FSJ) auch im Ausland, vor allem in Entwicklungsländern,
absolvieren zu können.
Die Etablierung von rechtlichen Rahmenbedingungen in Form des Freiwilligengesetzes war ein guter Schritt, urteilte
Gerald Loacker von den NEOS. Dennoch müsse man genau darauf achten, dass es zu keiner Verdrängung von
Erwerbstätigen und zu einem Lohndruck durch freiwillige MitarbeiterInnen kommt. Außerdem dürfe
die Professionalisierung nichts ins Hintertreffen geraten.
ÖVP-Abgeordneter August Wöginger sprach im Zusammenhang mit dem Freiwilligenengagement von einer unverzichtbaren
Säule der Gesellschaft. Er war auch überzeugt davon, dass die Nachwuchsarbeit sehr intensiv betrieben
wird, egal ob es sich um Rettungsorganisationen, die Feuerwehr oder Musikvereine handelt. Er glaube auch, dass
im Hinblick auf die Vereinsfeste eine praktikable Lösung gefunden wurde. Nachholbedarf gebe es eher bei der
Bereitstellung von adäquater Infrastruktur, wie er aus persönlichen Gesprächen mit den Betroffenen
erfahren habe.
Sozialminister Hundstorfer stimmte mit seinem Vorredner darin überein, dass die Freiwilligenorganisationen
eine sehr gute und intensive Nachwuchsarbeit betreiben, wobei es aber natürlich ein Stadt-Land-Gefälle
gebe. Außerdem versuche man durch diverse Aktionen – z.B. Preisverleihung an BerufsschülerInnen – das
Freiwilligenengagement von jungen Menschen "vor den Vorhang zu holen". Generell könne man jedoch
feststellen, dass die 50- bis 69-Jährigen die aktivste Gruppe darstellt. Die von Loacker angesprochenen Abgrenzungsprobleme
sehe er eher nicht, da in der Praxis ein vernünftiger Mix aus hauptamtlich und freiwillig Tätigen gelebt
werde.
703 Personen absolvieren derzeit Freiwilliges Sozialjahr
In Verbindung mit den digitalen Medien haben sich auch neue Formen des zivilgesellschaftlichen Engagements herausgebildet,
wie etwa das "Virtual Volunteering", das neue Chancen für Menschen mit Beeinträchtigungen bietet.
Auch die Wirtschaft hat ein Konzept, nämlich das "Corporate Volunteering", entwickelt. Der G-Abgeordneten
Schwentner teilte der Ressortchef mit, dass insgesamt sechs Trägereinrichtungen im Rahmen des Freiwilligen
Sozialjahres, an dem derzeit 703 Personen teilnehmen, tätig sind. Der Anerkennungsfonds ist mit 500.000 €
ausgestattet.
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Oppositionsanträge zum Themenkomplex Pension und Teuerung standen am Ende der Sitzung
des Sozialausschusses. Zudem lagen den Abgeordneten Initiativen der FPÖ und der Grünen zur Unterstützung
von behinderten Menschen vor. Ein Konsens konnte, zumindest vorläufig, nicht erzielt werden, die Anträge
wurden entweder vertagt oder abgelehnt oder zur Vorberatung an einen anderen Ausschuss weitergeleitet. Geht es
um die von der FPÖ erneut geforderte und auch von den anderen Oppositionsfraktionen unterstützte vollkommene
Abschaffung von "Luxuspensionen und Pensionsprivilegien auf allen Ebenen", schließt Sozialminister
Hundstorfer einen weiteren gesetzlichen Eingriff in Sonderpensionsrechte aus.
Basis für die Pensionsdebatte bildete unter anderem ein Antrag von FPÖ-Abgeordnetem Herbert Kickl, der
auf die vollständige Abschaffung sämtlicher "Luxuspensionen" in Österreich abzielt ( 462/A(E)).
Die bisherigen von der Politik gesetzten Schritte, konkret das im vorigen Jahr verabschiedete Sonderpensionenbegrenzungsgesetz,
gehen der FPÖ nicht weit genug. Dieser Beschluss sei ein erster Schritt gewesen, nun sollte man nicht in dieser
Position verharren, argumentierte Werner Neubauer und sprach sich wie Gerald Loacker von den NEOS für eine
vollständige Harmonisierung der Pensionssysteme in Österreich aus. Die Kürzungen bei den "Pensionsprivilegien"
sollten aus seiner Sicht auch in gleichem Maß auf Kommunen und Länder übertragen werden. Auch Judith
Schwentner von den Grünen forderte größere Schritte in Sachen Kürzungen von Pensionsprivilegien.
SPÖ und ÖVP verteidigten die vor gut zwölf Monaten mit Hilfe der Grünen und des Team Stronach
beschlossenen Begrenzung von Sonderpensionen. Man habe sich dabei intensiv mit ExpertInnen und unter Einbindung
aller Parlamentsfraktionen auseinandergesetzt, im beschlossenen Sonderpensionenbegrenzungsgesetz wurde bereits
"alles ausgelotet", was verfassungsrechtlich möglich gewesen sei, so August Wöginger von der
ÖVP. Sozialminister Hundstorfer habe alles innerhalb der rechtlichen Rahmenbedingungen unternommen, und "dieses
heiße Eisen", wie JohannHechtl (S) meinte, als Erster aufgegriffen.
Einen weiteren gesetzlichen Eingriff in Sonderpensionsrechte schloss Sozialminister Hundstorfer aus. Man sei beim
Maximum angelangt, weitere Kürzungen würden Eingriffe in Eigentum bedeuten. Auch gegen ein Eingreifen
auf das Pensionskassensystem verwahrte sich der Sozialminister.
NEOS: Entwurf für Teilpension ist "Etikettenschwindel"
Für die Einführung einer "echten Teilpension" machen sich die NEOS stark ( 1159/A(E)). Die
von der Regierung in Begutachtung geschickte Teilpension ist laut Gerald Loacker "Etikettenschwindel",
diese sei nämlich nichts anderes als eine andere Form von Altersteilzeit. Am Ende werde es dadurch zu mehr
Kosten im Pensionssystem kommen, warnte er im Sozialausschuss. Loacker schlägt außerdem die Einführung
einer Teilarbeitsfähigkeit vor, um ArbeitnehmerInnen im Fall von langwierigen Krankheiten die Möglichkeit
zu geben, ihre Arbeit in vermindertem Ausmaß wieder aufzunehmen ( 863/A(E)). Es gehe darum, Menschen lange
im Arbeitsprozess zu halten, das vorgeschlagene Modell der NEOS würde Reintegration in den Arbeitsmarkt erleichtern
und die Chancen, auch bei Krankheit den Arbeitsplatz zu halten, erhöhen, wie Loacker meinte.
Als "praxisfremd" bezeichnete Johann Hechtl von der SPÖ die Ausführungen Loackers, denn die
beste Erholung bei einer Krankheit sei Ruhe, wie er meinte. Zudem seien die Krankenstandstage seit den 1990iger
Jahren von 15 auf 13 Tage im Jahr zurückgegangen. Dem entgegnete Judith Schwentner von den Grünen, dass
es viele Menschen in Krankheitssituationen gebe, die gerne freiwillig arbeiten gehen würden, um so möglichst
normal am Alltagsleben teilhaben zu können. Voraussetzung für die Teilarbeitsfähigkeit sei der Wille
des Betroffenen, auf jeden Fall aber müsse man mehr auf die Lebensrealität der Menschen eingehen, meinte
sie. Grundsätzlich für eine Diskussion über die Teilarbeitsfähigkeit sprach sich auch August
Wöginger (V) aus.
Zum Regierungsentwurf zur Teilpension sagte Hundstorfer, dass Menschen, die Anspruchsvoraussetzungen auf eine Korridorpension
erfüllen, diese aber nicht in Anspruch nehmen, damit eine Möglichkeit haben, Beschäftigungsverhältnisse
in Teilzeit bis zum Regelpensionsalter gefördert anzutreten.
Auch ein Antrag der FPÖ ( 553/A(E)) zur wirksamen Bekämpfung der Teuerung, den Werner Neubauer bereits
im Juli 2014 eingebracht hatte, blieb in der Minderheit. Der Abgeordnete warf den Regierungsfraktionen, insbesondere
aber der ÖVP aufgrund getätigter Versprechen, gegen die Teuerung anzukämpfen, Untätigkeit vor.
Auch in der Steuerreform sei nichts zu finden, das den ständig steigenden Preisen etwa beim Wohnen entgegenwirke.
So habe sich laut Statistik Austria der typische tägliche Einkauf gegenüber dem Vorjahr um 3,8 % verteuert,
wie Neubauer sagte. Auch gegen die Preisdiskrepanz bei Lebensmitteln zwischen Österreich und Deutschland habe
die Bundesregierung seit nunmehr zwei Jahren noch nichts unternommen.
"Die Steuerreform mit über 5 Mrd. € ist nicht nichts", entgegnete Wöginger (V). Das sei ein
Kraftakt von Seiten der Bundesregierung, der für die BürgerInnen mehr Geld bedeute.
Bei der Abstimmung wurde der NEOS-Antrag zum Thema Teilarbeitsfähigkeit mit den Stimmen von SPÖ und ÖVP
vertagt, die beiden Anträge der FPÖ und der Antrag der NEOS auf "echte Teilpension" fanden
keine Mehrheit.
Mit einem Antrag des Team Stronach, der auf ein transparentes Pensionsmonitoring im öffentlichen Dienst und
gezielte Maßnahmen zur Anhebung des faktischen Pensionsantrittsalters von BeamteInnen und Vertragsbediensteten
abzielt ( 919/A(E)), wird sich der Verfassungsausschuss auseinandersetzen.
Mehr Unterstützung für behinderte Menschen: Anträge vorerst vertagt
Mit weiteren Anträgen machten sich die Oppositionsparteien für die Anliegen behinderter Menschen stark.
So urgiert die FPÖ einen Rechtsanspruch von sprachbeeinträchtigten Menschen auf Übernahme der Kosten
für notwendige Kommunikationshilfsmittel, um ihnen die Teilnahme am Berufs- und Gesellschaftsleben zu erleichtern
( 1132/A(E)). Viele der betroffenen Personen seien vollkommen leistungsfähig, könnten ohne entsprechende
Hilfsmittel aber nur schwer am gesellschaftlichen Leben teilhaben, sagte Antragssteller Norbert Hofer. Es gebe
zu viele verschiedene Stellen, bei denen man um Förderungen ansuchen könne, das führe zu Ungleichbehandlungen
und Resignation.
Auf die Bedeutung der Förderung von Kommunikationshilfsmitteln machte Franz-Joseph Huainigg von der ÖVP
aufmerksam. Besonders im privaten Bereich müsste etwas unternommen werden, wie er meinte. Ulrike Königsberger-Ludwig
verwies auf eine bereits stattfindende Diskussion etwa auch mit den Sozialversicherungsträgern über eine
zentrale Anlaufstelle. Grundsätzlich sei es wichtig, dass Menschen wissen, wo sie Hilfe bekommen, so Königsberger-Ludwig.
Sozialminister Hundstorfer stellte klar, dass im beruflichen Bereich die Kosten für notwendige Kommunikationsmittel
oder die Adaptierung von Arbeitsplätzen bereits übernommen würden. Geht es um die "eigenen
vier Wände", gebe es Handlungsbedarf. Deswegen versuche man nun einen "Konzentrationsversuch",
der einem One-Stop-Shop-Prinzip folgen und in Oberösterreich eingerichtet werden könnte. Diese mögliche
zentrale Anlaufstelle steht laut Sozialminister auf der Tagesordnung der nächsten LandessozialreferentInnensitzung
am 11. Juni in Tirol.
Die FPÖ fordert außerdem eine jährliche automatische Inflationsanpassung des Pflegegelds und eine
regelmäßige Valorisierung der Steuerfreibeträge für behinderte Personen ( 1092/A(E)). Dieses
Thema sei ein "Dauerbrenner", sagte Hundstorfer, man orientierte sich auch in Zukunft am Pflegekonzept,
das von der eigens eingesetzten Arbeitsgruppe 2012 entwickelt wurde.
In den Verhandlungen zum Finanzausgleich mit den Ländern wurde außerdem eine Arbeitsgruppe zum Thema
Pflege eingerichtet, wie Hundstorfer sagte. Darin wird auch die Zukunft des Pflegefonds ein Thema sein.
Um eine Novellierung des Behindertengleichstellungsgesetzes geht es den Grünen. Abgeordnete Helene Jarmer
fordert insbesondere die Verankerung eines Beseitigungs- und Unterlassungsanspruchs zur Durchsetzung von Barrierefreiheit
und eine Erweiterung des Verbandsklagerechts ( 133/A(E)), wobei das neue Zieldatum für Jarmer der 31. Dezember
2015 ist. Überdies mahnt sie einen jährlichen Bericht von Sozialminister Hundstorfer über den Stand
der Umsetzung der UN-Behindertenkonvention ein ( 132/A(E)). Alle vier vorliegenden Anträge wurden vom Sozialausschuss
vorerst vertagt.
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