Erfolgreiche Kooperation der Tiroler Landesmuseen mit Universität Oulu in Finnland
Innsbruck (tlm) - Die Alpen gelten unter Biologen als ein Hotspot der Artenvielfalt in Europa. Sie sind
zugleich auch das am besten untersuchte Gebirgssystem der Welt. Neue Tier- und Pflanzenarten werden daher in den
Alpen nur noch selten gefunden. Umso überraschender kommt nun die Entdeckung von gleich vier bisher unbekannten
Schmetterlingen durch ein österreichisch-finnisches Forscherteam. Die bisher namenlosen Arten wurden kürzlich
in der renommierten Zeitschrift Zookeys wissenschaftlich gültig beschrieben und benannt. Die Naturwissenschafter
Peter Huemer von den Tiroler Landesmuseen in Innsbruck und Marko Mutanen von der Universität Oulu nutzten
modernste Techniken wie genetische Strichcodes, um die neuen Arten verwandtschaftlich abzugrenzen. „Die Erforschung
dieser sogenannten Alpenendemiten hat international eine große Relevanz, weil diese Arten Zeugen der komplexen
eiszeitlichen Geschichte der Alpen und oft stark gefährdet sind“, hebt Huemer, Kustos der Naturwissenschaftlichen
Sammlungen der Tiroler Landesmuseen, hervor.
PD Dr. Wolfgang Meighörner, Direktor der Tiroler Landesmuseen, zeigt sich über die weitgespannten Forschungsleistungen
der Tiroler Landesmuseen äußerst zufrieden: „Mit Stolz kann ich darauf verweisen, dass etwa ein Drittel
der endemischen Alpenschmetterlinge erst durch die Forschungsinitiative der Tiroler Landesmuseen entdeckt wurde.
Dieser Beitrag ist die entscheidende Basis für dringend nötige Schutzmaßnahmen.“
Verbreitung nur in den Alpen
Die neuen Falterarten haben eine Flügelspannweite von ca 1,5 cm und sind nur sehr kleinräumig in wenigen
Gebirgsstöcken verbreitet. Sie sind ebenso wie etwa 250 weitere Schmetterlinge weltweit nur aus den Alpen
bekannt und gelten schon aus diesem Grund als besonders interessante Tiere. Die Falter wurden in mehreren Expeditionen
in teils abgelegenen Gebieten der Südwestalpen und Südalpen oberhalb der Waldgrenze gefunden: die Kessleria
cottiensis in der Provinz Turin (I) und im Département Hautes-Alpes (F), die Kessleria orobiae in der Provinz
Bergamo (I) und die Kessleria alpmaritimae im Département Alpes-Maritimes (F). Die Schmetterlinge waren
in den frühen Morgenstunden auf der Suche nach Geschlechtspartnern unterwegs oder wurden in der Nacht von
künstlichen Lichtquellen der Forscher angelockt.
Weibchen ohne Flugfähigkeit
Das Weibchen der vierten neuentdeckten Art kann allerdings nicht fliegen – eine Eigenschaft, die die Wissenschafter
als Anpassung an starke Winde im Hochgebirge deuten. Aufgrund seiner im Vergleich zum Männchen deutlich reduzierten
Flügel erhielt dieser Schmetterling den Namen Kessleria dimorpha. Er wurde im Département Alpes-de-Haute-Provence
(F) nachgewiesen.
Familie der Gespinstfalter
Die Lebensweise der Neuentdeckungen ist in mehrfacher Hinsicht bemerkenswert. Alle vier Arten gehören einer
spezialisierten Gattung aus der Familie der Gespinstfalter an. Die Raupen der nunmehr 29 aus Europa bekannten Steinbrech-Gespinstfalter
leben mit einer Ausnahme von Steinbrecharten. Diese Pflanzen sind durch ihre Anpassungsfähigkeit an extreme
Standorte ungewöhnlich. Sie besiedeln Schutthalden oder selbst senkrechte Felswände. Als Nahrung für
Insekten dienen Steinbrecharten jedoch nur selten. Die Schmetterlingsraupen können im Inneren der Blätter
bohren oder sie fressen an mit Gespinst verwobenen Pflanzenteilen.
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