Budgetkürzungen öffnen Chancen für die kommerzielle Weltraumindustrie und innovative
Zulieferer
Los Angeles/Wien (pwk/awo) - Kalifornien ist mit dem NASA Jet Propulsion Lab, von dem aus die Marslandung
erfolgreich gesteuert wurde, dem Mojave Space Port, einer Reihe von kommerziellen und staatlichen Weltraumunternehmen
sowie der jährlich stattfindenden Weltraummesse Space Tech Expo das Herz der amerikanischen Weltraumindustrie.
Dieser B2B Event für Raumschiffe, den Launch von Satelliten und Weltraumtechnologien fand vergangene Woche
in Long Beach statt.
Um einen geplanten bemannten Marsflug bis 2035 zu realisieren, werden bahnbrechende Technologien benötigt
- beispielsweise bei Solarantrieb, Energiespeicherung, High Performance Space Computing, Robotics, u.v.m. "Die
einschneidenden Budgetkürzungen bei NASA und im Verteidigungssektor haben jedoch zu einem Paradigmenwechsel
und vermehrten Einsatz kommerzieller Weltraumunternehmen geführt. Die Kommerzialisierung des Weltraums im
unteren Orbit zündete das Aufblühen privater Raumfahrtunternehmen und die erfolgreiche Übernahme
der Routinetätigkeiten der NASA wie Transporte zur Internationalen Raumstation", so Rudolf Thaler, österreichischer
Wirtschaftsdelegierter in Los Angeles. Der lukrative und kompetitive Markt für den Launch von Satelliten führte
zu erheblichen Kostensenkungen. 2014 war ein ausgezeichnetes Geschäftsjahr, allein 400 Satelliten mit einem
Gewicht von bis zu 10 kg wurden im Weltraum ausgesetzt. Für Unternehmen wie auch für Universitäten
werden Tests im Weltraum und das Aussetzen von Minisatelliten erschwinglich.
Thaler: "Am Messeparkett stacht am Ariane Stand die österreichische Flagge auf dem Raketen-Modell ins
Auge und unterstrich, dass österreichische Weltraumtechnologien bei spektakulären Projekten zum Einsatz
kommen. TTTech Computertechnik AG stellte beispielsweise Ende vergangenen Jahres beim NASA Orion Testflug für
zukünftige Marsmissionen das Nervensystem TTEthernet für die gesamte Vernetzung der Avionics an Bord
des Orion Multi-Purpose Crew Vehicle MPCV." Der Anbieter für hochzuverlässige Netzwerklösungen
nutzte den Messebesuch zum Netzwerken. Gantner Instruments war mit seinen Steuer- und Regelungssystemen für
die Erfassung von Sensordaten als Aussteller mit seiner US-Niederlassung präsent.
Neu: Space Logistics
In der Weltraumindustrie entsteht ein neues Segment. Thaler: "Space Logistics. Während Logistikaufgaben
bisher bereits im unteren Orbit wahrgenommen werden, sollen diese in Zukunft im tiefen Weltall autonom von Robotern
durchgeführt werden." Beispielsweise zur Wartung von Satelliten, um die Lebensdauer durch das Einschenken
in eine neue Umlaufbahn erheblich anzuheben. Oder zum Aufbau einer Raumstation, die als Ausgangspunkt für
Deep Space Missionen dient, um Metalle auf Asteroiden zu schürfen, Space-Müll einzufangen oder zum Mars
zu fliegen. Space Logistics wird die Durchführung von Weltraummissionen in den nächsten Jahrzehnten durch
Einsatz von Robotern und additive Fertigungsmethoden grundlegend verändern.
3D und 4D Printing
Parallel zur Space Tech Expo fand in Long Beach mit über 200 Unternehmen die größte Konferenz und
Ausstellung für additive Fertigungstechnologien statt. "RAPID 2015 zeigte die Einsatzvielfalt und das
disruptive Potential additiver Fertigungsmethoden auf. Mit 3D Druck wird der Materialeinsatz optimiert sowie Lager-
und Transportkosten entfallen durch Produktion des Ersatzteils bei Bedarf, was Auswirkungen auf die Transportwirtschaft
und die gesamte Lieferkette haben wird. Kunden können sich ihre Kleider und Schuhe mit einem Materialaufwand
von 100 USD selbst ausdrucken, den Printer für zu Hause gibt es um etwa 2.000 USD", so Thaler. Immer
komplexere Teile werden mit unterschiedlichsten Materialien geprintet und kommen in verschiedensten Sektoren wie
Medizin, Aerospace und Automotive zum Einsatz. Eine neue Dimension eröffnet sich mit 4D Printing, wenn sich
Gebilde selbst entfalten oder ändern, wie z.B. geprintete Rohre, die sich der durchströmenden Flüssigkeitsmenge
anpassen. Zunehmend kommen additive Fertigungsmethoden in der Weltraumindustrie zum Einsatz. Lockheed Martin druckt
bereits Raketentanks aus, deren Kosten um die Hälfte und die Produktionszeit um zwei Drittel niedriger sind
im Vergleich zu herkömmlichen Fertigungsmethoden. Thaler: "Mit einem 3D Printer können Ersatzteile
auf der Internationalen Raumstation ausgedruckt werden oder in Zukunft Raumstationen gebaut werden. Additive Fertigungsmethoden
sind ein Game Changer, nicht nur in der Weltraumindustrie. Jedes Unternehmen muss sich heute unabhängig von
der Branchenzugehörigkeit die Frage stellen, inwieweit der Fortbestand des Unternehmens mit dem gegenwärtigen
Produkt- und Dienstleistungsmix durch additive Fertigungsmethoden beeinträchtigt ist."
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